Grimmepreise 2016

Eine Auszeichnung für einen falschen Stinkefinger

Moderator Jan Böhmermann beim Corsogespräch im Deutschlandfunk
Hat Grund zur Freude: Moderator Jan Böhmermann erhält einen Preis für sein "Varoufake"-Video. © Adalbert Siniawski
Von Matthias Dell · 09.03.2016
Die wichtigste Auszeichnung im deutschen Fernsehen, der Grimme-Preis, geht in diesem Jahr überwiegend an Privatsender. Immerhin beweist das Grimme-Institut Humor: So erhält Jan Böhmermann einen Preis für sein "Varoufake"-Video.
Die Preise senden in diesem Jahr mindestens zwei Botschaften aus. Die erste steht in der Pressemitteilung des Instituts. Sie lautet: ein "starkes Jahr für die Privaten", weil vier der fünfzehn Auszeichnungen an Privatsender gehen, die mit Qualität zu assoziieren im Öffentlich-Rechtlichen deutschen Fernsehen traditionell schwer fällt.
Die zweite Botschaft lautet: Die Grimme-Preis-Jury hat Humor. Und zwar nicht nur, weil im Wettbewerb Unterhaltung die beiden überragenden Beiträge des vergangenen Jahres gekürt wurden – Olli Dittrichs weitsichtige Franz-Beckenbauer-Parodie "Schorsch Aigner" und Jan Böhmermanns Wirklichkeitskonjunktiv "Varoufake", der mit dem scheinbar gephotoshoppten Mittelfinger eines griechischen Finanzministers den medialen Irrsinn der Politikberichterstattung zumindest für ein paar Stunden in die Nähe des Selbstzweifels brachte.

Zweifelhafte Wahl

Humor beweisen die Grimme-Preise 2016 aber vor allem mit den prämierten Serien "Deutschland 83" und "Weissensee". Lustig ist diese Entscheidung, weil die Grimme-Jury damit der diffusen Sehnsucht quasi amtlich nachgibt, dass nicht alles schlecht ist im deutschen Fernsehen, wenn nun endlich die Serie, das strahlendste und avancierteste Medium filmischen Erzählens der letzten Dekade, auch hierzulande produziert werden kann. Einerseits.
Andererseits aber dann gerade zwei Serien auszeichnet, die wie "Deutschland 83" entweder den Eindruck machen, dummerweise schon im Stadium der Entwicklung verfilmt worden zu sein, oder ihre auch nicht ruhmreichen besseren Zeiten schon hinter sich haben wie die dritte Staffel von "Weissensee".
"Deutschland 83" sind im Laufe der Ausstrahlung im letzten die Zuschauer verloren gegangen, was viele Gründe haben kann, aber sicher nicht den, dass diese Zuschauer sich nägelkauend verzehrt hätten, wie es mit der 80er-Jahre-Show ohne Oliver Geissen, dafür mit Ost-West-Spion weitergehen sollte.
Bei der DDR-Kolportage "Weissensee" ist die von vielen gelobte Erfinderin schon in der zweiten Staffel durch einen Standardautor ersetzt worden, weshalb das Lob für dessen Arbeit wenig überzeugend wirkt.
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