Griechenland und der Balkan nach 1945

Von Gerd Höhler · 02.08.2005
Vor 60 Jahren, am 2. August 1945, endete die Potsdamer Konferenz der Siegermächte mit dem Potsdamer Abkommen. Auch wenn dieses Abkommen kein Friedensvertrag war, so war es doch Ausgangspunkt für eine Jahrzehnte lang relativ stabile Ordnung in Europa. Selbst der Unruheherd Europas, der Balkan, kam zur Ruhe. In Griechenland dauerte es allerdings noch Jahre, bis nach einem blutigen Bürgerkrieg Frieden einkehrte.
Am 3. November 1944 ziehen die letzten deutschen Besatzungssoldaten aus Griechenland ab. Aber damit findet das Land noch keinen Frieden. Der Kampf der Widerstandsorganisationen gegen die Besatzer geht über in den Kampf um die Macht im befreiten Griechenland. Auf der einen Seite die nationale Befreiungsfront EAM, kontrolliert von der griechischen Kommunistischen Partei, die ihrerseits aus Moskau ferngesteuert ist, auf der anderen die Zentralregierung, die von den Briten unterstützt wird. Es ist das blutige Vorspiel des Kalten Krieges, ausgetragen in Griechenland.

Doch das Jahr 1945 beginnt zunächst mit einem Hoffnungsschimmer: am 5. Januar gelingt es den griechischen und britischen Truppen, nach schweren Kämpfen die Kommunisten aus Athen zu vertreiben. Wenig später setzten sich beide Seiten im Athener Küstenvortort Varkiza zusammen, um einen Frieden auszuhandeln. Nach zehn Tagen, am 12. Februar, einigt man sich. Das war, so meint der griechische Politologe Thanos Veremis, das für Griechenland wichtigste Ereignis des Jahres 1945:

"Der Vertrag von Varkiza war der Versuch eines Tauschgeschäfts: die Kommunisten erklärten sich bereit, die Waffen zu strecken, und im Gegenzug gewährte die Regierung der Führung der Kommunisten eine Amnestie für alle strafbaren Handlungen, die sie begangen hatten. Nach langen Jahren des Krieges, der Besatzung und des Bürgerkrieges weckte diese Vereinbarung Hoffnungen auf Frieden. Und die leidgeprüften Menschen atmeten auf."

Aber die Hoffnung zerschlägt sich. Keine der beiden Seiten hält sich an den Vertrag. Im März 1945 kehrt der KP-Führer Nikos Zachariadis, der von den Nazis nach Dachau verschleppt worden war, in seine Heimat zurück. Zachariadis ist ein Hardliner, und der Konflikt eskaliert wieder. Vergeblich warten die Griechen auf Stabilität. Die versprochenen Wahlen gibt es nicht.
In Athen löst alle paar Monate eine schwache Regierung die nächste ab.

"1945 ist Griechenland ein vom Krieg verwüstetes Land. Es gibt keine funktionierende Infrastruktur, das bisschen Industrie, was es gegeben hatte, ist zerstört. Der Staat ist nur in den großen Städten präsent. Zwei Drittel des Landes sind unter Kontrolle der Kommunisten. Es ist das Bild eines zerrissenen, wirtschaftlich erschöpften Landes. Die Menschen hungern, sie haben keine Arbeit. Es gibt zwar erste, bescheidene Versuche, mit staatlichen Mitteln Beschäftigung zu schaffen, beim Abräumen der Ruinen, beim Bau von Straßen und anderen Infrastrukturprojekten, aber die meisten dieser Projekte liegen 1945 noch in weiter Ferne."

Denn der Bürgerkrieg geht weiter. Erst im Oktober 1949 werden sich die Kommunisten geschlagen geben. Über 100.000 Menschen müssen bis dahin sterben - im Krieg der Griechen gegen die Griechen.