Grenzgänger der Musik

Von Jonathan Scheiner · 15.02.2013
Der Hamburger Pianist Leon Gurvitch stellt in Hamburg ein Festival mit jüdischen Musikern in der Talmud-Tora-Schule am Grindelhof auf die Beine. Dabei geht es hauptsächlich um Klezmer und Jazz.
Der Hamburger Pianist Leon Gurvitch, der sich stilistisch irgendwo zwischen Klezmer und Jazz verorten lässt, stellt in Hamburg ein Festival mit jüdischen Musikern in der Talmud-Tora-Schule am Grindelhof auf die Beine.

Hamburg gilt nicht gerade als Hotspot des Klezmer. Und auch jüdische Musik im Allgemeinen ist dort rar. Und dennoch tut sich was. Im letzten Jahr hat das "Sounds of Israel"-Festival ein paar der feinsten Musiker aus Israel an die Elbe gelockt. Noa, Avishai Cohen oder Idan Raichel sind auf ein begeistertes Publikum gestoßen. Und jetzt startet eine neue Konzertserie mit jüdischen Musikern in der Talmud-Tora-Schule am Grindelhof. Organisiert hat die Konzerte ein Mann, der sich in der jüdischen Musik bestens auskennt: der Pianist Leon Gurvitch.

Leon Gurvitch entstammt einer jüdischen Familie aus Weißrussland. Seit 2001 lebt der klassisch ausgebildete Musiker in Hamburg. Er hat bereits auf den jüdischen Festivals in Berlin und Wien gespielt. Doch spätestens seit seinem Debütalbum "Eldorado" ist der Musiker für seine Grenzgänge zwischen Klezmer und Jazz bekannt. Neben jiddischen Klassikern wie "Belz" tauchen auf seinem Album auch ein paar seiner eigenen 300 Stücke auf.

Gespielt werden die Songs von einer Band, deren Musiker unterschiedlicher nicht sein könnten: darunter ein Bassist aus Kuba, ein Saxofonist aus Bulgarien und der amerikanische Trompeter Frank London, bestens bekannt von den "Klezmatics". Ebenso bunt wie seine eigene Musik stellt sich Leon Gurvitch seine Konzertreihe vor:

"Auch internationale Musiker aus der ganzen Welt, die ungefähr einmal im Monat nach Hamburg kommen und bei dieser Konzertreihe in verschiedenen Besetzungen, mit eigenen Gruppen, als Special Guest und so weiter spielen - sogar ganz interessant, nicht nur Jazz, sondern auch Klassik. Ein Konzert ist auch geplant mit Kolja Blacher, sehr berühmter deutscher Geiger, ehemaliger Konzertmeister der Berliner Philharmoniker. Diese Reihe, die findet in der Talmud-Tora-Schule statt, aber es muss jetzt nicht Klezmer oder jüdische Musik sein. Es ist dann ganz spannend, wenn dann Leute kommen und hören einfach gute Musik. Man muss jetzt nicht Old-School-Klezmer machen, sondern man kann eine Plattform, ein Podium für Musiker geben, die sich inspirieren und die mit dieser Musik etwas anderes machen."

Bis sich die neue Konzertreihe in einer Großstadt wie Hamburg etabliert, steht noch viel Arbeit an. Das weiß auch Leon Gurvitch. Im Moment gibt es schon ein paar feste Termine und Namen für die nahe Zukunft, wie die Band Minsarah oder die Pianistin Julie Sassoon. Und ab Herbst geht es dann weiter mit ein paar der ganz Großen der jüdischen Musik, mit Uri Caine und mit David Krakauers Klezmer Madness.

"Eine neue Reihe zu etablieren ist nicht schwierig, sondern vor allem mühsam. In Hamburg natürlich auch. Es passiert vielleicht nicht so viel wie in Berlin, aber es passiert trotzdem viel. Es gibt so viele Konzerte und Veranstaltungen. Das ist alles noch im Entstehen. Aber es steht fest, dass wir im Hauptprogramm Klezmer mit Jazz spielen. Ich finde, das ist ein ganz interessanter Austausch, ich würde das sogar so bezeichnen: Es könnte eine neue Welle nach Hamburg kommen."

Den Auftakt der Konzertreihe bestreitet Leon Gurvitch selbst. Als Special Guest seines Quartetts tritt der Trompeter Paul Brody auf. Auch der Amerikaner ist ein Grenzgänger zwischen Klezmer und Jazz. Und wie Gurvitch - ein musikalischer Hansdampf in allen Gassen.


Mehr zum Thema:

Filme der Woche: "Balkan Melodie"
Klezmer-Dokumentarfilm von Stefan Schwietert (DKultur)