Graphic Novel "Big Data"

Was Datenkraken mit uns machen

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In der Graphic Novel "Big Data" werden Jugendliche für die Gefahren der Datenpreisgabe im Netz sensibilisiert. © Foto: AFP/Jonathan Nackstrand, Cover: Verlag Jacoby Stuart
Von Vera Linß · 25.08.2017
Was passiert im Netz mit meinen Daten? Seit Jahren recherchieren Michael Keller und Josh Neufeld über die Auswirkungen der Datensammelwut von Facebook, Payback & Co. Die Ergebnisse präsentieren sie in einer Graphic Novel: klug, witzig und lehrreich.
Airbnb, Fitnessapps, Rabattkarten – digitale Dienste, die das Leben angenehmer machen, werden millionenfach genutzt. Auch wenn man dabei viel über sich preisgibt, zum Ende der Privatsphäre muss das nicht zwangsläufig führen, meinen der Journalist Michael Keller und der Zeichner Josh Neufeld. Dennoch lägen im massenhaften Datensammeln jede Menge Risiken, über die beide in ihrer Graphic Novel klug und witzig aufklären.
Einige der populärsten Dienste nehmen sie sich dafür vor. Etwa die App "Swarm", über die man online seinen aktuellen Standort mitteilen kann und dafür mit Punkten belohnt wird. Oder das Programm "Snapchot" der amerikanischen Autoversicherung "Progressive". Diese verspricht Rabatte, wenn man sein Fahrverhalten sechs Monate lang mit einer kleinen Box aufzeichnen lässt. Das Schöne: Keller und Neufeld haben diese Angebote selbst getestet und können so immer ganz konkret zeigen, was passiert, wenn man seine Daten Digital-Unternehmen zur Verfügung stellt. Beispiel "Swarm". Über die App erhalten sie einerseits – wo immer sie sind – Tipps, wo es die besten Burger gibt. Gleichzeitig zeigt die App aber auch an, welchen Arzt man regelmäßig besucht – eine Information, aus der sich unerwartete Schlüsse über die Gewohnheiten des Nutzers ziehen lassen, wie sie verblüfft am eigenen Beispiel feststellen.

Stigma, seine Daten nicht preiszugeben?

Unerwünschte Folgen wie diese sind längst Gegenstand der Forschung, zeigen Keller und Neufeld anschaulich. Seit Jahren recherchieren die beiden zu den gesellschaftlichen Auswirkungen des Datensammelns und präsentieren wichtige Erkenntnisse in ihrem Buch. In Colorado erklärt ihnen ein Rechtswissenschaftler die so genannte "Selbstentschleierungstheorie". Danach könnte es irgendwann zum Stigma werden, wenn man seine Daten nicht preisgibt, weil es inzwischen die meisten Menschen tun.
Oder sie räumen mit dem Mythos auf, der Nutzer bekäme immer einen fairen Gegenwert für die Preisgabe privater Informationen. Die Rabatt-Verheißungen von "Progressive" etwa seien reine Theorie, rechnet ihnen ein anderer Wissenschaftler vor. Auch philosophische Fragen kommen – mit Blick auf die Zukunft – zur Sprache. "Sind wir lebendige Menschen oder nur Datenmengen, die ausgetauscht werden", fragt die New Yorkerin Amanda Caswell, die früher für ein Gesundheitsunternehmen Daten aus Fitnessarmbändern ausgewertet hat.

Leichter Zugang für Jugendliche

Vieles von dem ist nicht neu. Die unkonventionelle Machart des Buches bietet aber – schließlich ist es ein Comic – gerade jungen Leuten einen leichten Zugang zum Thema: Kurze Dialoge, anschauliche Erklärbilder, kompakte Hintergrundinformationen. Immer wieder zeigen Studien, dass es Jugendlichen, anders als oft behauptet, nicht egal ist, was mit ihren Daten im Netz passiert. Daran knüpfen Keller und Neufeld an, ohne zu moralisieren. Ihr Buch enthält auch ein Augenzwinkern: Sie wissen selbst, wie schwer es ist, sich dem Reiz der Apps zu entziehen. Wie gut oder schlecht digitale Medien sind, sollen die Leser am Ende dieses lehrreichen Buches für sich selbst beantworten.

Keller, Michael; Neufeld Josh: "Big Data. Das Ende der Privatheit?"
Aus dem amerikanischen Englisch von Edmund Jacoby.
Jacoby&Stuart, Berlin 2017, 64 Seiten, 15 Euro

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