Google, Facebook und Co.

Die Macht der Techgiganten brechen

03:56 Minuten
Ein Frau schaut auf einen Laptop und hält zugleich ein eingeschaltetes Smartphone in der Hand.
Ein Datentreuhänder könnte Daten im Interesse der Datengeberinnen und -geber verwalten, schlägt der Medienrechtler Tobias Gostomzyk vor. © imago / Cavan Images
Überlegungen von Tobias Gostomzyk · 30.03.2021
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Bisher gehören unsere Daten den Plattformen und sie tun damit, was sie im Rahmen recht laxer Gesetze für richtig halten. Als Nutzer und Nutzerin steht man dem machtlos gegenüber. Der Medienrechtler Tobias Gostomzyk fordert deshalb ein anderes Modell.
Wer ins Netz geht, zahlt mit seinen Daten. Bei Google ist das so, bei Facebook auch. Und je mehr Daten ein Techunternehmen besitzt, desto erfolgreicher ist es. Schließlich sind Daten das Öl des 21. Jahrhunderts – und damit Grundlage digitaler Wirtschaftskraft.
Jetzt gibt es allerdings die Idee, dem wilden Datensammeln ein Ende zu bereiten: Dazu sollen Datentreuhänder zwischen Internetnutzer und Plattformen treten. Sie sammeln Daten, nutzen sie aber nicht selbst. Vielmehr sind sie verpflichtet, ihre Daten eben treuhänderisch – also im Interesse der Datengeberinnen und -geber zu verwalten.


Wo liegt der Vorteil? Datenschutz und Datennutz ließen sich zu versöhnen: Einerseits stünden über Datentreuhänder attraktive Datenbestände vieler Unternehmen zur Verfügung. Bestehende Datenmonopole der großen Techunternehmen ließen sich zugunsten von Wettbewerb und Innovation aufbrechen.
Andererseits kämen vor allem die Interessen der Internetnutzerinnen und -nutzer nicht zu kurz: Sie erhielten einen besseren Überblick über ihre Daten und würden allein einzelne, ausgewählte Daten zur Nutzung bereitstellen. Mit Datentreuhändern entstünden verlässliche Ansprechpartner, die vorrangig zu Datenschutz, IT-Sicherheit und Interessenneutralität verpflichtet wären.

Die uneigennützige Lösung EU-Kommission

So viel zum Grundprinzip, denn im Einzelnen ist derzeit vieles offen. So werden verschiedene Datentreuhandmodelle diskutiert. Die EU-Kommission setzt allein auf eine uneigennützige Lösung, die sie im Entwurf des Data Governance Acts präsentiert. Basis hierfür ist die freiwillige Datenweitergabe, vergleichbar einer Datenspende. So ließe sich etwa der wissenschaftliche Fortschritt in der Gesundheitsvorsorge fördern.
Beispiel: Wären viele bereit, täglich über ihren Lebenswandel Auskunft zu geben, ließe sich der Zusammenhang zu bestimmten Krankheiten genauer erforschen. Wären Mobilitätsdaten anonym verwendbar, ließe sich der Straßenverkehr flüssiger gestalten.
Die Bundesregierung sieht dagegen den wirtschaftlichen Nutzen, ohne dass der Datenschutz abhandenkommen soll. In ihrer Datenstrategie, die sie Ende Januar 2021 verabschiedet hat, heißt es: "Eine Datentreuhandstelle ist mit der Aufgabe betraut, einen standardisierten Zugang zu Daten für zugelassene Stellen zu entwickeln und umzusetzen." Hierbei bleibt bewusst offen, ob Datentreuhänder staatlich oder privat organisiert werden sollen.

Das genossenschaftliche Modell

Auch eine Genossenschaft wäre denkbar: Jeder, der Daten gibt, erhält Anteil am Datentreuhänder. So könnten Internetnutzende sogar selbst finanziell profitieren. Denn kostenlos wird diese Datennutzung nicht mehr sein. Nicht zuletzt entstünde durch Datentreuhänder Verhandlungsmacht, um Datenschutzstandards gegenüber Unternehmen sicherzustellen, die Daten nutzen wollen. Gerade für Einzelne ist es angesichts der Transaktionskosten nicht rational, seine Datenschutzrechte gegenüber großen Techunternehmen durchzusetzen.
Datentreuhänder könnten also einerseits mehr Spielraum zur Datennutzung gewähren und andererseits auch den Datenschutz für Einzelne verbessern. Dabei kommt es auf die genaue Ausgestaltung an. Sie ist vor allem auf nationaler Ebene offen – und es ist zweifelhaft, ob aus der Datenstrategie der Bundesregierung im Superwahljahr 2021 eine rechtliche Grundlage wird.
Das allerdings wäre zu wünschen. Denn ohne Daten funktionieren viele digitale Dienste und Angebote einfach nicht. Wenn das aber so ist, sollte die informationelle Selbstbestimmung nicht kapitulieren. Das Sammeln und das Nutzen von Daten zu trennen, kann dafür – wie gezeigt – die passende Lösung sein.

Tobias Gostomzyk ist seit 2012 Hochschullehrer an der TU Dortmund. Zugleich ist Gostomzyk an der juristischen Fakultät der Ruhruniversität Bochum tätig. Seine Forschungsschwerpunkte bilden digitale Herausforderungen an Kommunikationsgrundrechte. Hinzu kommen die Herausbildung normativer Standards der Netzkommunikation sowie Rechtsfragen der IT-Sicherheit.

Tobias Gostomzyk. Ein junger Mann mit kurzen Haaren und Brille steht auf einer Wiese und schaut in die Kamera.
© Judith Wiesrecker/TU Dortmund
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