Goldene 60er Jahre

24.04.2012
Musik vom Breslauer Festival Musica Polonica Nova und eine Entdeckung aus Warschau. In der polnischen Musikszene ist die Welt noch oder wieder in Ordnung. Nachwuchskomponisten und alte Hasen treffen beim Breslauer Festival Musica Polonica Nova in großem Respekt aufeinandern. Die gastgebende Stadt ist landesweit bekannt für ihre tolerante Atmosphäre - beste Voraussetzungen für eine lebendige junge Musikszene und ein spannendes Festival mit Neuer Musik.
Seit 1962 gibt es Musica Polonica Nova, das inzwischen zu den wichtigsten Musikfestivals in Polen gehört. Es findet an mehreren Orten Breslaus statt, in der Philharmonie, in der Oper und in den beiden berühmten Sälen der Universität Leopoldina, aber auch in Galerien und kleinen anderen alternativen Orten. Die bedeutendsten Musiker und Ensembles Polens gastieren in der Oderstadt. Anders als beim legendären Warschauer Herbst gab es in Breslau bisher ausschließlich polnische neue und ganz neue Musik. Bei der 28. Festivalausgabe ist der Horizont etwas weiter - schließlich studieren und arbeiten polnische Komponistinnen und Komponisten in aller Welt.
Dieses Jahr hat Kurator Andrzej Chłopecki wieder einen generationenübergreifenden Schwerpunkt gesetzt. Er ist der polnische "Mister New Music", Wissenschaftler in Kattowitz, Radiomoderator in Warschau und als Juror in diversen polnischen und europäischen Gremien zuständig für die Karrieren jüngster und jüngerer Komponistinnen und Komponisten. Für das diesjährige Festival hat er eine bunte Mischung neuester und älterer Avantgarde-Musik zusammengestellt. Das renommierte Aukso-Kammerorchester aus dem oberschlesischen Tychy widmet sich in seinem Beitrag zwei frühen Werkzyklen des vor eineinhalb Jahren verstorbenen Komponisten Henryk Mikołaj Górecki. Hier zeigt sich Górecki, der es mit seiner eingängigen "Sinfonie der Klagelieder" bis in die Popcharts geschafft hat, noch als provokanter Neutöner, der ein gutes Gespür für Klangfarben hat und die unterschiedlichen Instrumentalregister souverän einzusetzen weiß.

Ergänzt wird dieser Konzertabend, dessen Programm leider kurzfristig geändert werden musste, mit einer wunderbaren Rarität der polnischen Musik, die wir nun in einer Wiederholung senden: Szymon Laks gehört zur ansehnlichen Gruppe der polnischen Künstler, die ihr Glück in Paris gesucht haben. Unvorstellbares Glück hat der aus Warschau stammende Komponist insofern gehabt, als dass er das KZ Auschwitz überlebt hat. An seine Erfolge als Musiker konnte er nach 1945 nicht mehr anknüpfen. Dass lag weniger daran, dass ihm das Gefühl, Überlebender zu sein, die musikalische Sprache verschlagen hätte. Eher der allgemeine Avantgarde-Trend, der mit großer Intoleranz über Europa herrschte, lies ihn am Ende kompositorisch verstummen. Eines der großen späten Zeugnisse seines Könnens ist die Kurzoper "Die unerwartete Schwalbe" von 1965 auf ein französisches Chanson. Ein scheinbar leichtes unterhaltsames Werk, das nichts weniger als das Gute im Menschen und das Schöne in der Musik besingt. Eine französisch-polnisch-deutsche Koproduktion hat dieses Stück vor zwei Jahren zu neuem Leben erweckt.

Festival Musica Polonica Nova
Philharmonie Wrocław
Aufzeichnung vom 22.4.12

Henryk Mikołaj Górecki
Zyklus "Muzyczki" (1967-70)
Zyklus "Genesis" (1962-63)

Iwona Kania, Sopran
Aukso-Kammerorchester
Leitung: Marek Moś

gegen 21.10 Nachrichten

Witold-Lutosławski-Konzertstudio Warschau
Aufzeichnung vom 13.06.10

Szymon Laks
"L'Hirondelle inattendue"

Kévin Amiel, Le Journaliste
Patrick Agard, Le Pilote
Eduarda Melo, La Colombe de l’arche de Noé
Eugénie Danglade, La Tortue d’Eschyle
Grzegorz Pazik, Le Serpent de l’Eden
Daniel Borowski, L’Ours de Berne
Ute Gfrerer, L’Hirondelle
Sandrine Eyglier, Procné
Cyril Rovery, La Voix du Ciel
Agnieszka Makówka, L’Hirondelle 2
Anna Karasiñska, Les Oies du Capitole
Agnieszka Makówka, Les Oies du Capitole
Katarzyna Trylnik, Les Oies du Capitole

Polnischer Radiochor
Polnisches Radiosinfonieorchester Warschau
Leitung: Lukasz Borowicz