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Das Leid der Kragenbären in Asien
Tumore in Nase, Hals und Lunge

In China werden Tausende Kragenbären auf illegalen Farmen gefangen gehalten. Dort wird den Tieren für die traditionelle Medizin regelmäßig die Galle angezapft. Zudem halten sich viele Privatleute in Asien Bären unter schlimmsten Verhältnissen als Statussymbol. Einige zeigen sogar bislang unbekannte Erkrankungen.

Von Michael Stang | 22.06.2015
    Ein Kragenbär hockt in einem engen Käfig in einer Farm in Hanoi (Vietnam). Bärengalle als Heilmittel ist in Asien nach wie vor so populär, dass der illegale internationale Handel damit blüht.
    Ein Kragenbär hockt in einem engen Käfig in einer Farm in Hanoi (Vietnam). Bärengalle als Heilmittel ist in Asien nach wie vor so populär, dass der illegale internationale Handel damit blüht. (picture alliance / dpa - Silverberg/TRAFFIC)
    Über 12.000 Bären sind in sogenannten Gallenfarmen in China eingekerkert, sagt Tierärztin Heather Bacon von der Universität von Edinburgh.
    "Die Tiere vegetieren in engen Käfigen. Wenn Gallenflüssigkeit gewonnen wird – was eine schwierige Operation ist – wird dies meist von unqualifizierten Personen vorgenommen. Überlebt das Tier den Eingriff, dann kommt es oft zu Folgeerkrankungen wie chronischen Infektionen, Gallensteinen, Leberkrebs."
    Hinzu kommen Krankheiten, die durch die Käfighaltung entstehen, wie Osteoarthritis, zudem werden aggressiven Tieren oftmals die Zähne abgebrochen und die Tatzen beschnitten. Der Export von Bärengallenflüssigkeit sei zwar verboten, aber der illegale Handel blüht nach wie vor, denn die Gallenflüssigkeit eines Kragenbären bringt rund 2.000 US-Dollar auf dem Schwarzmarkt. Der Gallensaft wird in der traditionellen chinesischen Medizin zur Behandlung von Augen- und Leberbeschwerden verwendet. Heather Bacon arbeitet für die Nicht-Regierungsorganisation Animalsasia. Diese verfolgt das Ziel, die traditionelle Bärenhaltung für medizinische oder private Zwecke in China und Vietnam zu beenden. Befreite Tiere seien oftmals in schlechtem Zustand.
    "Es gibt eine Vielzahl an Problemen. In letzter Zeit haben wir bei mehreren Bären Nasentumoren entdeckt, die mit einer aggressiven Krebserkrankung einhergehen und extreme Schmerzen verursachen. Ursache sind die Haltungsbedingungen in den Farmen, vor allem die extreme Luftverschmutzung, zudem Gifte und Viruserkrankungen, die sich rasch ausbreiten, weil die Käfige dicht an dicht stehen."
    Animalsasia hat mittlerweile mehr als 500 Bären befreit
    Bei Menschen war bereits bekannt, dass es in Gegenden mit hoher Luftverschmutzung wie in Südostasien häufiger zu Krebserkrankungen im Hals-, Nasen und Atembereich kommt.
    "Diese Erkrankungen sind neu und wir haben das erst bei sechs Bären festgestellt. Das ist nicht viel, aber die Erkrankungen treten vielerorts auf."
    Andererseits gebe es kaum belastbare Zahlen, wie häufig eine solche Erkrankung wirklich ist. Animalsasia hat mittlerweile mehr als 500 Bären befreit. An diesen Patienten werden nun erstmals wichtige Daten für die Grundlagenforschung gewonnen. Das hilft den erkrankten Bären aber noch nicht. Denn auch Erfahrungswerte bei der Therapie von sogenannten nasalen Neoplasien gebe es kaum.
    "Die Behandlung von Nasentumoren ist immer schwierig, bei Bären jedoch eine besondere Herausforderung, weil eine Therapie die Bären extrem einschränkt, auch zeigen es die Tiere nicht, wenn sie Schmerzen leiden. Daher entdecken wir die Krankheiten meist erst in fortgeschrittenem Stadium."
    Und das sei das größte Problem, so Heather Bacon. Tumoren in einem frühen Stadium zu diagnostizieren sei das Ziel, aber bislang kaum zu leisten. In einer ersten Testreihe hat sie mithilfe von CT-Bildaufnahmen erste Protokolle erstellt, wie man diese Erkrankungen früh erkennen kann. Denn, werden sie erst spät entdeckt, gibt es meist keine Möglichkeit mehr, die Tiere zu behandeln. Dann bleibt mitunter nur das Einschläfern – da dieser Krankheitsverlauf in der Regel tödlich endet.