Goethe-Institut Damaskus in Berlin

70 Quadratmeter kulturelle Heimat

Durch eine Fensterscheibe des Veranstaltungsortes des Projekts "Goethe-Institut Damaskus im Exil" sind am 19.10.2016 in Berlin zu einer Pressekonferenz geladene Gäste zu sehen. Bei dem Projekt präsentieren etwa 100 Künstler vom 20. Oktober bis 5. November ein Programm zu den Themen Heimat, Flucht und Identität.
Das Projekt "Goethe-Institut Damaskus im Exil" startete in Berlin mit einer Pressekonferenz am Veranstaltungsort. © picture alliance / dpa / Sophia Kembowski
Von Christiane Habermalz · 19.10.2016
Ein Treffpunkt für syrische Künstler und Kulturschaffende: Das Goethe-Institut Damaskus eröffnet für zweieinhalb Wochen eine Exilfiliale in einem Berliner Ladenlokal. 2012 hatte es in Syriens Hauptstadt wegen des Krieges geschlossen.
Räumliche Enge gehört zu den Erfahrungen, die viele Flüchtlinge in ihren ersten Unterkünften im Gastland machen müssen. Und so ergeht es auch dem Goethe-Institut Damaskus im Exil. 2012 musste es aufgrund der Kriegssituation in Syrien schließen. Jetzt wird es in einem kleinen, leerstehenden Berliner Ladenlokal symbolisch wieder eröffnet – wenn auch nur für zweieinhalb Wochen. Auf 70 Quadratmetern bietet es rund 100 syrischen Künstlern und Kulturschaffenden einen Treffpunkt und einen Projektraum. Und auch ein klein wenig vom Goethe-Spirit der Vorkriegszeit soll wieder entstehen, hofft der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes Ebert:
"Sprachkurse werden wir hier nicht anbieten, das findet auf der anderen Straßenseite im Goethe-Institut statt, aber der Raum ist sehr flexibel, also wir haben 60 bis 70 Plätze, und im Notfall können wir auch noch, wenn es zu voll wird, per Video übertragen, also bei zwei bis drei Veranstaltungen, wo wir denken, da wird uns die Bude zu voll. Aber ich habe es gestern hier gesehen und bin sehr begeistert, was das für ein schönes Goethe-Institut Damaskus im Exil geworden ist."

Ausstellungen, Lesungen, Konzerte und Filmvorführungen

Der Musiker Nabil Arbaain gab heute eine erste musikalische Einstimmung auf dem Oud, der orientalischen Kurzhalslaute. Ab morgen wird es hier auf 70 Quadratmetern Ausstellungen, Lesungen, Konzerte, Filmvorführungen von und mit syrischen Künstlern geben, die jetzt in Deutschland oder anderen europäischen Ländern gestrandet sind. Aber auch Diskussionsveranstaltungen sind geplant, die einen zweiten, kritischen Blick auf die neudeutsch-syrische Kunstszene wagen.
Kann ein syrischer Künstler in Deutschland nur reüssieren, wenn er über seine Fluchterfahrungen arbeitet? Darüber diskutiert etwa der Theaterautor und -regisseur Anis Hamdoun mit dem Kunstkritiker Hanno Rauterberg und der Intendantin des Maxim Gorki-Theaters, Shirmin Langhoff. An einem anderen Abend wird es mit zwei syrischen Verlegern um den kriegsbedingten Niedergang der Verlagslandschaft im arabischen Raum gehen, und um die Frage, was das für Schriftsteller und Leser bedeutet.
Pelican Mourad, Projektmitarbeiterin, und Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, nehmen am 19.10.2016 in Berlin an einer Pressekonferenz zum Projekt "Goethe-Institut Damaskus im Exil" teil. Bei dem Projekt präsentieren etwa 100 Künstler vom 20. Oktober bis 5. November ein Programm zu den Themen Heimat, Flucht und Identität. Pelican Mourad, Projektmitarbeiterin, und Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Institus, bei der Pressekonferenz zum Projekt "Goethe-Institut Damaskus im Exil" in Berlin
Pelican Mourad, Projektmitarbeiterin, und Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, bei der Pressekonferenz© picture alliance / dpa / Sophia Kembowski

Wichtige Anlaufstelle für die Künstler des Landes

Viele der beteiligten Künstler haben schon in Damaskus enge Beziehungen zum Goethe-Institut gehabt, erzählt die langjährige Mitarbeiterin des Instituts, Pelican Mourad. Das Haus sei über viele Jahre eine wichtige Anlaufstelle für syrische Kulturschaffende gewesen, - und ein Ort für freien Gedankenaustausch in einem Regime, in dem Kultur staatlich streng kontrolliert wurde. Jede einzelne Veranstaltung habe beim Kulturministerium angemeldet und genehmigt werden müssen, erzählt Mourad:
"Falls denen etwas nicht gepasst, dann sollte durchgestrichen werden. Wir konnten aber trotzdem unsere Veranstaltungen durchführen, vielleicht in dem man den Titel manchmal anders formuliert hat. Und so ging es."
Es war ein schöner und grüner Ort, wo man einfach sein konnte, ergänzt die Filmemacherin und Aktivistin Diana El-Jeroudi. Und es war ein sicherer, geschützter Ort:
"Mein zweiter Kurzfilm ist in Damaskus einmal auf einem Festival gezeigt worden. Doch im Goethe-Institut wurde darüber mit dem Publikum diskutiert! In einer DDR-ähnlichen Umgebung wie in Syrien machte das einen Riesenunterschied aus. Weil man als junger oder aus als etablierter Künstler erstmals darüber reden konnte, was man selber wollte und etwas darüber erfuhr, wie die Zuschauer deinen Film sahen."
Im Goethe-Institut Damaskus im Exil wird nun etwas davon wiedererstehen – zusammen mit einer beeindruckenden Bandbreite syrischer Kunst und Kultur – zumindest für zweieinhalb Wochen.
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