Glosse

"Gutmensch" - doch kein Unwort!

"Gutmensch" steht nach der Bekanntgabe als "Unwort des Jahres 2015" auf einem Computerbildschirm.
"Gutmensch" ist Unwort des Jahres 2015 © dpa / picture alliance / Frank Rumpenhorst
Von Klaus Pokatzky · 16.01.2016
Das "Unwort des Jahres 2015" lautet "Gutmensch". Der Gutmensch soll ein Unwort sein? So ein Quatsch, meint Klaus Pokatzky. Für ihn ist der Gutmensch das Wort des Jahres 2016. Und da hat er schon einige vor Augen - einen Landrat oder auch eine Staatsministerin.
Der Gutmensch soll ein Unwort sein? Quatsch! Für mich ist der Gutmensch das Wort des Jahres 2016. Gute Menschen sehen wir doch jetzt überall, ganz global. Also: Zumindest wollen sie was Gutes – aus ihrer Sicht.
Endlich neue Polizeistellen
Die AfD- und Pegida-Wahlkampfhelfer vom Kölner Hauptbahnhof nehme ich hier allerdings ausdrücklich aus – auch, wenn sie dafür gesorgt haben, dass bei uns endlich wieder neue Polizeistellen geschaffen und nicht nur dauernd welche abgebaut werden.
Fotomontage: Joaquin 'El Chapo' Guzman, Sean Penn, Kate del Castillo (l-r)
Kate de Castillo (r.) soll das Treffen zwischen "El Chapo" (l.) und Sean Penn arrangiert haben.© dpa/epa/Jose Mendez/Facundo Arrizabalaga
Aber der US-Schauspieler Sean Penn ist garantiert ein Gutmensch. Der Ex-Mann von Madonna ist in den mexikanischen Dschungel gestapft und hat da für das Magazin "Rolling Stone" einen der meistgesuchten Verbrecher der Welt interviewt: Den Drogenboss Joaquín Guzmán – genannt "El Chapo", der Kleine, weil er nicht so schrecklich groß gewachsen ist, um das jetzt mal sehr gutmenschlich-freundlich zu sagen. "Ich liefere mehr Heroin, Methamphetamin, Kokain und Marihuana als irgendjemand sonst in der Welt", durfte sich der globalisierte Drogenunternehmer in dem Interview ganz groß machen.
Mittlerweile ist der kleine Guzmán wieder eingefangen worden; wie lange er diesmal im Knast bleibt, ist abzuwarten – er ist da schon ein paar Mal ausgebrochen; bei der Körpergröße kein Problem. Der Guzmán ist aber kein Gutmensch, sondern ein ziemlich undankbarer Patron. Jetzt hat nämlich eine mexikanischen Zeitung Auszüge aus Guzmáns SMS-Verkehr mit seinem Anwalt veröffentlicht und daraus geht hervor, dass die kleine Drogengröße von dem zweifachen Oscar-Preisträger Sean Penn noch nie gehört hatte – und sich auf das Interview nur eingelassen hat, weil er so schrecklich auf die mexikanische Schauspielerin Kate del Castillo abfährt, die das Dschungeltreffen organisierte. Sean Penn sollte sich seine Interviewpartner mal besser aussuchen. Ich empfehle den Kölner Hauptbahnhof in der nächsten Silvesternacht.
Der Landshuter Landrat Peter Dreier (Freie Wähler) nach seiner Busfahrt nach Berlin
Der Landshuter Landrat Peter Dreier (Freie Wähler) nach seiner Busfahrt nach Berlin© dpa / picture-alliance / Kay Nietfeld
Bustour für Flüchtlinge nach Berlin
Eine viel bessere Figur macht da schon der bayerische Landrat, der jetzt Bustouren für seine Flüchtlinge nach Berlin organisiert, damit sie sich da das Kanzleramt von außen ansehen können: Das ist politische Bildung für unsere Zuwanderer. Nur: Wer bezahlt das? Der Landrat aus seiner eigenen Tasche?
Aber vielleicht nimmt er sich ja ein Beispiel an Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Die "Taskforce Schwabinger Kunstfund" hat nun ihren Abschlussbericht zum Bildererbe von Cornelius Gurlitt vorgelegt. Gurlitt kennen Sie noch: Das war dieser Münchner Polizeieinsatz, von dem man in Köln nur träumen kann – und wo einem verwirrten alten Mann 499 Kunstwerke aus der Wohnung geholt wurden, weil sie Naziraubkunst gewesen sein sollen. Nach zweijähriger Kleinstarbeit konnte die Taskforce immerhin herausfinden, dass fünf der 499 Werke tatsächlich Raubkunst sind. Und damit sie weiter ermitteln kann, hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters die weitere Finanzierung dafür zugesichert mit den Worten:

"Ich geb' jetzt noch einmal eine Million."
Kulturstaatsministerin Monika Grütters, CDU.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters, CDU.© picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Das finde ich toll. Das beruhigt mich, dass die Ministerin das Geld gibt; ich wusste gar nicht, wie vermögend sie ist – und dass das nicht aus meinen Steuergeldern gemacht wird. Eine wahre Gutmenschin, unsere Ministerin. Weiter so.
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