Gipfelstürmer in Berchtesgaden

Erster Weltcup der Skibergsteiger in Deutschland

04:38 Minuten
Die Spanierin Ana Alonso Rodriguez bei ihrem Ski-Aufstieg.
Als Leistungssport ist das sogenannte Ski Mountaineering (oder Skimo) noch relativ unbekannt, aber das scheint sich jetzt zu ändern. © Imago / GEPA Pictures / Mathias Mandl
Von Caroline Kuban · 16.02.2020
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In Berchtesgaden fand der erste "Skimo"-Weltcup auf deutschem Boden statt. "Skimo" steht für Skimountaineering – auf deutsch: Skibergsteigen. Als perfekte Symbiose aus Bergsteigen, Langlauf und Skifahren verlangt die Sportart Tempo und sehr viel Kraft.
Jede Sekunde zählt, wenn die Athleten auf Skiern den Berg hochstürmen. Beim sogenannten "Vertical", einer Disziplin des Skibergsteigens, geht es darum, so schnell wie möglich mehrere Hundert Höhenmeter zu überwinden.
"Vertical mag ich ganz gern. Es ist wahnsinnig schnell und das tut extrem weh, weil es eine ziemlich kurze Laufzeit ist. Am Jenner in den Berchtesgadener Alpen sind es 600 Höhenmeter, die werden wahrscheinlich in 20 Minuten gelaufen. Da ist man wirklich von der ersten Minute der Rennzeit an auf 110 Prozent."
Anton Palzer, 26 Jahre alt, mehrfacher Deutscher Meister und Lokalmatador aus Berchtesgaden, gehört zu den großen Talenten der Szene und zu den Favoriten des ersten "Skimo"-Weltcups in Deutschland. Seine Spezialität ist zugleich die Königsdiziplin, das "Individual Race", das Einzelrennen: sieben Aufstiege, fünf Abfahrten, das Ganze über 1600 Höhenmeter.
Es geht um die perfekte Symbiose zwischen Bergsteigen, Langlauf und dem Skifahren in unpräpariertem Gelände. "Bergauf" und "bergab" sind dabei durchaus gleichwertig, erklärt Toni Palzer:
"Wenn man zehn Sekunden rausläuft bergauf, dann ist man aber nicht sicher, dass man bis ins Ziel oder bis zum nächsten Anstieg auch weiterhin vorn ist. Man muss wirklich alles gut können, man muss aber auch bisschen mit Kopf da rangehen, man kann jetzt nicht alles riskieren in den Abfahrten. Wenn man stürzt oder sich wehtut, dann verliert man noch viel mehr Zeit. Das muss passen, und der Ausgeglichenste, der steht meistens ganz oben dann zum Schluss."

Anstiege, Abfahrten, Tragepassagen

Einmal im Jahr ist der rund 1800 Meter hohe Berg Jenner Austragungsort, wenn es gilt, den "Jennerstier" zu ermitteln. Bereits seit 15 Jahren findet dieses Rennen in Berchtesgaden statt. In diesem Jahr erstmalig im Rahmen eines Weltcups. Die Idee hatte Richard Lenz:
"Gestartet wird immer in einem Massenstart, dann sind das mehrere Anstiege und mehrere Abfahrten hintereinander. Da sind dann auch Tragepassagen dabei, bergauf, wo man die Ski am Rucksack befestigt. Das hört sich jetzt ein bisschen altmodisch an, aber das geht extrem schnell, das dauert keine zehn Sekunden, dann sind die am Rucksack montiert. Dann läuft man zu Fuß weiter, schnallt die Ski wieder an, die Schuhe, läufst wieder mit den Fellen weiter."

Felle, das sind spezielle rutschfeste Auflagen, die passgerecht auf der Lauffläche der Ski angebracht werden, um den Aufstieg zu erleichtern.:
"Dann kommen so Wechselzonen, wo man dann die Felle herunterreißt, dann geht es in die Abfahrt, dann werden unten wieder die Felle montiert, dann gehts wieder hoch."
Das Ganze über gut sieben Kilometer. So lang ist die Wettkampfstrecke am Jenner. Sie musste dreimal aus Sicherheitsgründen verändert werden.
Teilnehmer des Skimo-Weltcups auf der Rennstrecke.
Beim "Vertical", einer Disziplin des Skibergsteigens, geht es darum, in kurzer Zeit so viele Höhenmeter zu bewältigen wie möglich.© Caroline Kuban

"Hat ziemlich weh getan, aber es war gut"

Zur Sicherheit gehört auch der Rucksack, den die Athleten während des Wettbewerbs auf dem Rücken tragen müssen. Darin: Lawinensuchgerät, Schaufel, Lawinensonde und Rettungsdecke. Das gehört zum Reglement und ist wichtig für das Fahren abseits präparierter Pisten.
Wer im Anstieg Zeit verloren hat, muss bei der Abfahrt auf volles Risiko gehen. Keine einfache Übung. Denn die Ski sind besonders leicht und die Bindungen flexibel, sagt Jakob Herrmann, erfolgreicher Skibergsteiger aus Österreich:
"Die Abfahrten sind natürlich oft sehr kritisch. Du fährst da mit 80, 90 Kilometer im Gelände herunter. Und die Schneeverhältnisse, die können von einer Sekunde auf die andere wechseln. Das heißt, es kann zuerst superschöner Pulver sein, und du fährst voll in einen Bruch-Harsch rein. Und dann gehören Stürze natürlich einfach dazu."
Am Ende des Weltcup-Rennens machen die Italiener die ersten Plätze unter sich aus. Der Deutsche Anton Palzer schafft es auf Rang 5 und ist damit angesichts eines Bewerberfeldes von 120 Athleten aus 19 Nationen vollauf zufrieden:
"Das ist der Weltcup, das sind die weltbesten Athleten. Es ist mittlerweile extrem schwierig geworden, dass man da in die Top 5 läuft. Von daher: Ich bin superhappy. Man muss immer das Ganze sehen, und das habe ich, glaube ich, ganz gut gemacht. Ja Spaß hat es nicht gemacht, hat ziemlich weh getan, aber es war gut, es war gut!"
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