Ghana

Vom Bauerninstrument zum Hipster-Ding

Der ghanaische Musiker Guy One und seine zweisaitige Kologo
Der ghanaische Musiker Guy One und seine zweisaitige Kologo © Deutschlandradio - Thorsten Bednarz
Von Thorsten Bednarz · 25.11.2014
Die Kologo, eine zweisaitige Laute mit enger Verwandtschaft zum Banjo, ist ein typisches Instrument der Bauern im Norden Ghanas. Doch inzwischen sind Kologo-Spieler zu Popstars aufgestiegen – und der Trend schwappt nach Europa über.
Auf dem Markt in Kumasi hat der Verkäufer die besten Chancen, der sich am besten und lautesten präsentiert. Doch in den kleinen Musikläden verweilen die Menschen. Noch um Mitternacht stehen manchmal 30 Männer dort, sehen sich auf einem kleinen Fernseher die neuesten Videos der beliebtesten Kologo-Spieler an. Was einst verächtlich als Bauernmusik aus dem Norden des Landes abgetan wurde, ist jetzt die erfolgreichste Musik Ghanas überhaupt.
Angefangen hat es vor etwa vier Jahren damit, dass King Ayisoba seine Songs mit Hiplife-Beats unterlegte. Heute ist er der große Star der Szene, tourt sogar regelmäßig durch Europa.
Diese Musik wird heute oft kopiert – schnell und billig produziert mit meist billigen Texten und viel Autotune. Die Ghanaer mögen offensichtlich diesen quäkenden Effekt, den sie auch aus dem amerikanischen R&B kennen. Doch ausgerechnet Guy One, der vielleicht schärfste Konkurrent Ayisobas, verweigert sich dem, schließt sich dieser Mode nicht an.
"Ich habe gesungen, seit ich acht Jahre alt war. Aber ich wollte richtige Songs schreiben und so kam ich zur Kologo. Die Leute hier mögen sie und sie ist leicht zu lernen. Das hat mich dann dazu angetrieben, mich selbst zu begleiten. Plötzlich hörten mir alle viel besser zu, sie hörten auf das, was ich ihnen sagen wollte mit meinen Songs."
So hat es Guy One am liebsten – er sitzt mit seinen Zuhörern im kleinen Rahmen so wie hier mit mir in seinem Hotelzimmer und dann kann er scheinbar stundenlang seine Lieder singen. Er ist ein Star zum Anfassen, immer wieder höre ich, wie ihn die Menschen den "schwarzen Jesus" nennen.
Ihm selbst gefällt das nicht. Er sieht sich eher als musikalischen Straßenarbeiter, als Musiker im Dienste seiner Zuhörer. Vielleicht ein wenig wie die Griots, die traditionellen Storyteller Westafrikas.
Musik mit Botschaft
"Ja, natürlich kann man das schon vergleichen. Ich höre ja auch viel verschiedene Musik, aber ich muss sagen – die alte Musik war besser. Heute geht es ja nur noch um Unterhaltung für die Jugend. Aber gute Musik kann noch viel mehr. Man kann doch auch Botschaften mit ihr vermitteln. Im besten Falle kann man vielleicht sogar mit einem Song das Leben eines Menschen verändern.
Ich spiele zum Beispiel ein Lied über Bildung. In dieser Gegend hier gehen viele Kinder nicht zur Schule, aber nachdem sie oder ihre Eltern das Lied gehört haben, gehen sie doch wieder zum Unterricht. Ich singe da über meine eigenen schlechten Erfahrungen, denn auch ich habe viel zu früh die Schule verlassen und jetzt leide ich sehr darunter, nicht Lesen und Schreiben zu können. Ich gebe den Menschen also Ratschläge für ihr Leben, singe davon, was in der Gesellschaft passiert.
Wenn ich meine Lieder spiele, freue ich mich natürlich auch, wenn die Leute dazu tanzen. Aber mehr noch geht es bei mir um die Inhalte der Songs. Meine Hörer wissen das und genau deshalb kommen sie immer wieder zu mir. Es geht nur darum, Wahrheiten zu vermitteln, den Menschen mit einem guten Song zu helfen."
Das klingt sehr ambitioniert und in unseren Ohren vielleicht sogar unglaubhaft, aber Guy One stammt selbst aus ärmsten Verhältnissen und er hat das nie vergessen, ist einer von denen geblieben, die heute in seinem Publikum sitzen und gebannt auf jedes Wort aus dem Munde des Sängers warten.
Kein Vertrauen in die Politik
Der einzige kleine Luxus, den er sich leistet, ist sein neues knallrotes Motorrad. Aber oft genug tritt er auch umsonst in kleinen und kleinsten Dörfern auf, bringt seine Botschaft direkt zu seinen Fans. Und genau wie diese, so hat auch er keinerlei Vertrauen in die Politik und will auch nicht als politischer Sänger gesehen werden.
"Nein, ich spiele keine politischen Songs. Ich vertraue der Politik nicht. Mir geht es nur um die Menschen selbst. Ich beobachte sie und dann merke ich, was nicht stimmt oder wo sich ein Konflikt anbahnt. Dann schreibe ich einen Song darüber und sage darin, was so ein Konflikt für Auswirkungen hat. Gerade erst ist es mir gelungen, mit einem solchen Lied einen Konflikt zu entschärfen, noch bevor er ausbrach."
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