"Gezielte Indiskretionen und Clique innerparteilicher Gegner"

08.09.2008
Nach Einschätzung des Soziologen Oliver Nachtwey hatte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" einen großen Anteil am Rücktritt Kurt Becks vom Amt des SPD-Vorsitzenden. Ein Teil der Redaktion verstehe sich in der Frage des Wirtschaftsliberalismus "ganz hervorragend mit einem Teil der SPD-Führung", der Beck nicht gemocht habe, sagte Nachtwey.
"Dieser Teil des Spiegels hat Kurt Beck von der ersten Minute an nicht gemocht (…) und hat alles in Bewegung gesetzt, um Kurt Beck tatsächlich möglichst schlecht zu machen", sagte der Wissenschaftler an der Universität Jena im Deutschlandradio Kultur.

Während der gesamten Amtszeit des SPD-Vorsitzenden habe es immer wieder gezielte Indiskretionen "aus einem bestimmten Milieu der SPD" gegeben. Der jüngste Artikel über die Klärung der Kanzlerkandidatenfrage sei wahrscheinlich für Beck der berühmte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Dieser habe sich wohl "völlig ohnmächtig" gefühlt angesichts "dieser Clique von seinen innerparteilichen Gegnern und dem 'Spiegel', der immer schon einen Schritt ihm selbst voraus war".

Nachtwey führte die häufigen Wechsel an der SPD-Spitze in den vergangenen Jahren auch darauf zurück, dass die Partei den Respekt vor sich selbst und vor ihren Vorsitzenden verloren habe. So sei der frühere SPD-Chef Erich Ollenhauer zwar "keine charismatische Figur" gewesen, aber von der Partei unterstützt worden. "Macht jetzt jemand in dieser Mediengesellschaft wie Beck einen Fehler - und er hat viele gemacht - wird ihm das nachgetragen und wird er immer als schwacher Politiker wahrgenommen."

Das vollständige Interview mit Oliver Nachtwey können Sie mindestens bis zum 8. Februar 2009 in unserem Audio-on-demand-Angebot nachhören. ( MP3-Audio )