Gesinnungstest für Muslime

Von Alexandra Mangel · 06.01.2006
In Baden-Württemberg müssen muslimische Einbürgerungsbewerber seit Anfang des Jahres einen Gesinnungstest absolvieren. Damit prüfen Behörden, ob Bewerber um die deutsche Staatsangehörigkeit das Grundgesetz ernst nehmen. Muslimische Dachverbände in Deutschland kritisierten den Gesinnungstest.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble verlangt von Ausländern in Deutschland mehr Integrationsbereitschaft: Zuwanderer müssten bereit sein, die deutsche Lebensart zu akzeptieren. Wer sich mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht abfinden könne, der solle sich einen anderen Platz auf der Welt suchen.

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann, CDU, geht noch weiter: Er verlangt, dass Ausländer, die die Einbürgerung beantragen, einen Eid auf die deutsche Verfassung leisten müssen: Der Eid solle bundesweit bei der Einbürgerungsbehörde, bei einem Stadt- oder Gemeinderat abgelegt werden. Die Eidesformel könne dann ähnlich wie in den USA klingen:

"Ich erkläre hiermit feierlich unter Eid, dass ich die Verfassung und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland gegen alle äußeren und inneren Feinde unterstütze und ihnen die Treue halten werde."

Auch CSU-Chef Edmund Stoiber will den Eid auf die Verfassung. Eine Forderung, die der bayerische Innenminister Günther Beckstein im Deutschlandradio Kultur bekräftigte:

Günther Beckstein: "Ich halte es für sehr vernünftig, wenn wir wie in Amerika und in England einen Eid auf die Verfassung verlangen, um dem Einzubürgernden klar zu machen, dass er ab sofort die deutsche Verfassung zu achten hat."

Statt eines Eides sieht der Koalitionsvertrag von Union und SPD bei der Einbürgerung bislang lediglich ein "Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung" vor. Einzig im Bundesland Baden-Württemberg geht man seit dem 1.1. wesentlich weiter: Hier müssen Muslime, die deutsche Staatsbürger werden wollen, jetzt einen Gewissenstest absolvieren, in dem sie sich zu deutschen Grundwerten bekennen. 30 Fragen müssen sie beantworten. Darunter diese:

"Was halten Sie von folgenden Aussagen?"

"Demokratie ist die schlechteste Regierungsform, die wir haben, aber die beste, die es gibt."
"Die Menschheit hat noch nie eine so dunkle Phase wie unter der Demokratie erlebt. Damit der Mensch sich von der Demokratie befreien kann, muss er zuerst begreifen, dass die Demokratie den Menschen nichts Gutes geben kann."

"Wie stehen Sie zu der Aussage, dass die Frau ihrem Ehemann gehorchen soll und dass dieser sie schlagen darf, wenn sie ihm nicht gehorsam ist?"

"Was würden Sie tun, wenn Ihre Tochter einen Mann anderen Glaubens heiraten oder eine Ausbildung machen möchte, die Ihnen nicht gefällt?"

"Sie erfahren, dass Leute aus Ihrer Nachbarschaft oder aus Ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis einen terroristischen Anschlag begangen haben oder planen. Wie verhalten Sie sich?"

Die drei großen muslimischen Dachverbände der Bundesrepublik Deutschland kritisieren den Fragenkatalog scharf: Die Türkisch-Islamische Union hält ihn für unvereinbar mit den Grundrechten, der Zentralrat der Muslime spricht von einer "grundgesetzwidrigen Gewissensprüfung", der Islamrat sogar von "einem Schlag ins Gesicht der hier lebenden Muslime".
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