Gesellschaftliche Polarisierung in den USA

"Es gibt sehr wenig, was Biden machen kann"

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Joe Biden, der neue US-Präsident
Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Daniel Ziblatt sieht den designierten US-Präsidenten Joe Biden vor einer Aufgabe, die kaum zu stemmen ist. © laif / Redux / New York Times / Tom Brenner
Daniel Ziblatt im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 10.11.2020
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Joe Biden steht vor einer Herkulesaufgabe. Er muss ein tief gespaltenes Land wieder zusammenführen. Der Politologe Daniel Ziblatt ist skeptisch über Bidens Möglichkeiten, dies zu schaffen. Er sieht hier nun die Republikaner in der Pflicht.
Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Daniel Ziblatt sieht den designierten US-Präsidenten Joe Biden vor einer Aufgabe, die kaum zu stemmen ist. Donald Trump sei nicht die Ursache, sondern nur ein Symptom der Polarisierung in den USA. Und diese Polarisierung sei asymmetrisch und gehe von den Republikanern aus, sagt Ziblatt.

Die gefährliche Angst vor der Zukunft

Viele Republikaner hätten Angst vor der Zukunft, und das sei sehr gefährlich, warnt Ziblatt. "Es scheint im Moment, dass es sehr wenig gibt, was Joe Biden machen kann." Dieser sei ein talentierter Politiker und werde oft unterschätzt. Ohne Mehrheit im Senat werde das Regieren aber schwierig werden.
Die gute Nachricht sei, dass Biden die Wahl gewonnen habe - die schlechte, dass 70 Millionen Amerikaner Trump gewählt hätten, so Ziblatt. Die Republikaner müssten mehrere Male Wahlen verlieren, um sich zu verändern. Parteien reformierten sich nur nach Niederlagen, sagt der neue Direktor am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

Demokratien sind nicht automatisch stabil

Ziblatt setzt seine Hoffnungen hier vorerst auf Georgia: Wenn die Demokraten dort in der Stichwahl die zwei offenen Sitze im Senat für sich entschieden, gäbe es für die Republikaner auch mehr Anreize zu Reformen.
Demokratien seien nicht automatisch stabil, betont Ziblatt. Sie könnten wachsen und gedeihen, aber auch vergehen. "Das ist, was wir jetzt erleben." Es gebe in Krisen allerdings auch Chancen für neue demokratische Impulse, betont der Politologe mit Verweis auf "Black Lives Matter" - das sei eine "große demokratische Bewegung".
(ahe)
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