Geschichtsforschung

Wie uns der Konsum zu besseren Menschen gemacht hat

Menschen stehen in Berlin auf Rolltreppen in einem Kaufhaus.
Der Konsum hat auch zivilisierende Kräfte, sagt der Historiker Frank Trentmann. © picture alliance / dpa / Ole Spata
Frank Trentmann im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 01.06.2017
In den westlichen Gesellschaften sei das Denken nur noch vom Konsum beherrscht, lautet eine gängige Kritik. Historisch betrachtet war das allerdings gar nicht so schlecht, sagt der Historiker Frank Trentmann - denn der Konsum hat uns auch positiv verändert.
Historisch betrachtet sei der Konsum gar nicht so schlecht wie sein Ruf, meint Frank Trentmann, Professor für Geschichte am Birkbeck College der Universität London. Zwar habe er inzwischen gravierende Umweltfolgen "und da müssen wir wirklich was tun und nachdenken". Wenn man die vergangenen 500 bis 600 Jahre betrachte, zeige sich jedoch, dass der Konsum in vielen Gesellschaften auch "einen Zivilisationsschub" produziert habe.
So habe er etwa dazu beigetragen, gesellschaftliche und politische Kräfte zu bündeln, die für Veränderungen eintreten, sagt der Historiker im Deutschlandfunk Kultur. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert begannen sich Bürger in Konsumentenvereinen zusammenzuschließen, auf die Straße zu gehen und auf Reformen zu dringen, "indem sie eben sagen, das Geld in unserer Tasche, in unserem Portemonnaie gibt uns die Kraft, auch wirklich kollektive Interessen durchzusetzen und Missstände wie Kinderarbeit und so weiter anzuprangern".
Das Konsumverhalten der Deutschen gibt Ansichts Trentmanns ein ambivalentes Bild ab. Einerseits seien sie sehr reflektiert und "sparen extrem viel". Gleichzeitig sei es "schon etwas angsterregend", wieviel Dinge sich die Deutschen mittlerweile anschafften. Besonders deutlich ablesbar sei dies an der immensen Müllflut, die hierzulande produziert werde: "Die Deutschen sind auch große Konsumenten."
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