Geschichten um Liebe und Verrat

Von Christian Berndt · 24.05.2013
Zum TV-Start von "Verbotene Liebe" gab es 1995 wenig begeisterte Kritiken. Trotzdem entwickelte sie sich zu einer der beliebtesten Daily Soaps, über die schon Examens- und Doktorarbeiten verfasst wurden. Das Milieu der Serie ist ihr Alleinstellungsmerkmal: eine ziemlich anachronistisch wirkende Adelswelt.
"Oh, Entschuldigung, ich hab sie nicht ... gesehen!"

Jan stößt am Flughafen mit einer Fremden zusammen - und sofort ist es um ihn geschehen. Mit dieser Szene fängt 1995 alles an. Jan findet heraus, wer das Mädchen ist - Gräfin Julia von Anstetten. Die beiden treffen sich wieder und verlieben sich über beide Ohren. Aber seltsamerweise stellen sich die Familien quer. Dann kommt die Wahrheit ans Licht:

"Ich liebe Julia, und ich werde sie um nichts in der Welt aufgeben. Ich versteh nur nicht wieso. Wieso will uns alle Welt auseinanderbringen?" – "Jan. Julia ist Deine Schwester!"

Die beiden sind Zwillinge, seit Geburt getrennt. Das Inzestdrama, das der Vorabendserie "Verbotene Liebe" ihren Namen gibt, beruht auf der australischen Daily Soap "Sons and Daughters". RTL hatte den heiklen Stoff abgelehnt und stattdessen 1992 eine andere australische Vorlage für die erste deutsche Daily Soap gewählt: "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Die ARD startete im gleichen Jahr mit "Marienhof", 1995 folgte "Verbotene Liebe". Von Beginn an war schon das drin, was die Serie prägen sollte: Eine zum Scheitern verurteilte Liebe - und der Gegensatz der Klassen. Jan, der Junge aus der Mittelschicht, liebt ein Mädchen aus dem Hochadel:

Champagner und Gemeinheiten
"Verbotene Liebe" ist der Gegenentwurf zu den anderen Daily Soaps, die Anfang der 90er-Jahre das deutsche Fernsehen erobern. "Marienhof" etwa spielt im kleinbürgerlichen Milieu, gibt sich sogar mitunter sozialkritisch und lässt es ordentlich menscheln. In "Verbotene Liebe" dagegen pflegt der Adel mit Maskenbällen, Champagnerfrühstück und einem Heer von Dienstboten einen standesgemäßen Lebensstil und darf - ganz in der Tradition des höfischen Adels - munter intrigieren. Besonders gewandt in der Kunst der formvollendeten Gemeinheit sind Clarissa von Anstetten – eine Art Lady Macbeth der Serie - und Ansgar von Lahnstein: Der hat genug Feinde für seine wohlgesetzten Attacken – unter anderem seine Exfrau Tanja:

"Tanja, heißt das, Du verlässt uns, kleiner Urlaub nach getaner Arbeit?" – "Nein, kein Urlaub, ich verlasse Königsbrunn." – "Das ist ja doch noch ein Grund zum Tanzen." – "Ich finde sogar, das wurde allmählich Zeit. Wenn alle abgelegten Mätressen auf Königsbrunn wohnen bleiben würden, müssten wir irgendwann anbauen."

In "Verbotene Liebe" werden die Geschichten um Liebe und Verrat immer wieder neu durchgespielt. Aber in den letzten Jahren haben sich auch Handlungsstränge mit längerem Atem entwickelt. Die schwule Liebesgeschichte zwischen Oliver und dem boxenden Christian etwa ist so sensibel und unklischeehaft erzählt, dass sie weltweit zum Youtube-Renner geworden ist.

"Ich habe die ganze Zeit dagegen angekämpft. Aber ich habe mich in dich verliebt."

Nachdem 2011 "Marienhof" wegen mieser Quoten eingestellt wurde, läuft "Verbotene Liebe" jetzt in verlängerter Form. Die Folgen sind sichtlich aufwändiger inszeniert, aber ob die Serie überlebt, ist fraglich. Auch hier sind die Quoten im Keller, die jüngeren Zuschauer sind schon länger zu Reality- und Castingshows gewechselt.
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