Gerichtsprozess

    Anklage nach Loveparade-Katastrophe

    12.02.2014
    Die Loveparade-Katastrophe von Duisburg erschütterte im Sommer 2010 nicht nur die Angehörigen der 21 getöteten Jugendlichen, sondern das ganze Land. Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Es wird ein Mammutverfahren.
    Die Hinterbliebenen der Loveparade-Opfer wollen endlich eine Antwort darauf, warum ihre Töchter und Söhne am 24. Juli 2010 sterben mussten und wer dafür die Verantwortung trägt. Zehn Angeklagte stehen deswegen in Duisburg vor Gericht. Sie sollen für die Katastophe, ausgelöst durch eine Massenpanik, verantwortlich sein. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den Angeklagten um den früheren Duisburger Stadtentwicklungsdezernenten Jürgen Dressler, fünf Mitarbeiter des städtischen Bauamts sowie vier Verantwortliche der Firma Lopavent, die die Techno-Veranstaltung organisiert hatte.
    Weder Schaller noch Sauerland unter den Angeklagten
    Interessanter ist vermutlich, wer nicht vor Gericht steht: der frühere Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU), der Fitness-Unternehmer Rainer Schaller, Duisburgs Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe und der Leiter des Ordnungsamts, Hans-Peter Bölling, gegen den ermittelt worden war. Auch der sogenannte Crowd-Manager des Veranstalters, der am Katastrophentag die Eingangsschleusen zum Party-Gelände kontrollierte, sowie der damalige Polizei-Einsatzleiter Kuno S. werden sich nicht vor dem Duisburger Landgericht verantworten müssen. Teilweise wurden die Ermittlungen gegen Genannten eingestellt, weil der Tatverdacht sich nicht erhärtete. Sauerland und Schaller standen nie unter Verdacht.
    149 Zeugen und 14 Sachverständige werden benannt. Die Staatsanwaltschaft wirft den Organisatoren und Genehmigungsbehörden schwere Fehler bei Planung, Genehmigung und Überwachung von Sicherheitsauflagen des Techno-Festivals vor. Die Veranstaltung hätte so, wie sie durchgeführt wurde, niemals stattfinden dürfen, hieß es. Die Chronologie der dramatischen Ereignisse.
    Schon ein Jahr nach Beginn der Ermittlungsarbeit ging der damalige Sprecher der Duisburger Staatsanwaltschaft Rolf Haferkamp davon aus, dass dieses Verfahren viele Wendungen nehmen würde: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Ermittlungen Anhaltspunkte gegen weitere Beschuldigte ergeben", sagt er im Bericht der Ortszeit.
    Hauptakte über 35.000 Seiten
    Die Anklage lautet auf fahrlässige Tötung von 21 Menschen sowie auf fahrlässige Körperverletzung. 652 Loveparade-Besucher wurden verletzt. Die Staatsanwaltschaft hatte in den vergangenen dreieinhalb Jahren mehr als 3000 Zeugen befragt und eine rund 35.000 Seiten umfassende Hauptakte erarbeitet, aus der nun die Anklage entstanden ist. Die Ermittler sichteten 900 Stunden Videomaterial von Überwachungskameras und Besucherhandys. Zudem werteten sie Hunderte Terabyte Daten aus.

    Programmhinweis: Mehr über die Anklage erfahren Sie von 17.07 Uhr bis 18 Uhr und von 22.30 Uhr bis 23 Uhr auf Deutschlandradio Kultur.

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