George R.R. Martin

"Game of Thrones"-Fans müssen weiter warten

George R. R. Martin vor einem Kino in Santa Fe
George R. R. Martin vor einem Kino in Santa Fe © imago/Zuma Press
Von Stefan Mesch · 13.07.2017
Seit Jahren warten die "Game of "Thrones"-Fans auf den Abschluss der Roman-Serie. Aber der Autor George R.R. Martin ist einfach zu beschäftigt. Wer seinen Aktivitäten auf seinem Blog folgt, kann ihm noch nicht einmal böse sein, meint Stefan Mesch.
1996 begann George R.R. Martin seine Roman-Serie "Game of Thrones", zu Deutsch "Das Lied von Eis und Feuer": eine Fantasy-Version der britischen Rosenkriege (15. Jahrhundert), im englischsprachigen Original angelegt auf drei Bände. Seit 2011 erzählt die TV-Verfilmung "Game of Thrones" dieselbe Geschichte - mittlerweile sind sieben Romane geplant, verfilmt in sieben von acht geplanten Staffeln. Buch sechs und sieben aber sind immer noch nicht erschienen: Vergangenes Jahr überholte die Serie ihre Buchvorlage. Ab 17. Juli, in der siebten Staffel, werden nur noch Szenen erzählt, an deren Textversion Martin selbst noch arbeitet.

Mehr als 1000 Blogeinträge seit dem Jahr 2005

"Ich finde es beleidigend, dass Leute über meinen möglichen Tod spekulieren", sagte er 2014 - und zeigte der Kamera den Finger. Kollege Neil Gaiman mahnte schon 2009: "George R.R. Martin is not your bitch." Der Druck, der auf Martin lastet, ist Woche für Woche spürbar: Jedes Mal, wenn der 68-Jährige in Santa Fe, New Mexico, neue Einträge in seinem Autorenblog postet.
Seit 2005 bloggt Martin über seine Leidenschaften: American Football, Ritter-Miniaturfiguren, der Science-Fiction-Literaturpreis Hugo Award und die lebendige Fan- und Autorenszene, der er selbst seit den 60er Jahren angehört. 2013 kaufte er ein kleines Kino in Santa Fe, lädt zu Filmpremieren, Autorenlesungen und Performances ein. Seit 2015 finanziert er einen Art Space. Für "Game of Thrones" schrieb er eigene Drehbücher; aktuell sind Pilotfilme für fünf weitere TV-Serien über Martins Königreiche in Planung.
Wer die über 1000 Blogeinträge seit 2005 heute liest, findet darin drei Geschichten, die unrettbar eskalieren: Zum einen wird Martins Autorenleben plötzlich immer schneller, interessanter. Reisen um die ganze Welt, interessante Dialoge, Interviews und Projekte, ein ehrgeiziger Fan, dessen lebenslange Arbeit sich auf tausend Arten bezahlt macht. Man freut sich, wenn er mit Sibel Kekili durch Hamburg streift. Teilt seine Begeisterung für die Besetzung der Serie, und seine Freude, dass nun auch Fantasy Emmy Awards gewinnt.

Blogeinträge zeigen die vielen Baustellen von George R. R. Martin

Zum anderen aber vervielfachen sich die Baustellen: erst einer, dann drei feste Assistenten, ein undichtes Dach im Haus, stressige Flüge, Signierstunden mit 2000 Fans, viel Lobbyarbeit für befreundete Autoren (seltener: Autorinnen), Streit mit fremdenfeindlichen und reaktionären Hugo-Award-Fans. Alle paar Monate entschuldigt sich Martin, dass der Roman noch viel mehr Zeit und Arbeit braucht. Auch Patrick Rothfuss, dessen "Name des Windes"-Trilogie seit 2011 auf den letzten Band wartet, bloggt und hadert online, im ähnlichen Tonfall, oft vor den selben Fans.
Nach 1000 Einträgen aber wird eine dritte Lesart immer klarer: Amerikanische Fantasy- und Science-Fiction-Autorinnen kommen aus einer sehr lebendigen Szene. Sie begannen oft als Fans ihrer Vorbilder - und bleiben einen Leben lang interessiert, vernetzt, offen: George Martin scheint weit über 40, 50 Romane im Jahr zu lesen und verfolgt mindestens 10 aktuelle Serien. Er gibt Workshops für Newcomer und ist Herausgeber einer Reihe von Superhelden-Anthologien, den "Wild Cards"-Büchern.

Martin nimmt sich Zeit für alles, was ihn interessiert

George R.R. Martin nimmt sich Zeit für die Vorbilder und Nachfolger, Konkurrenten und Underdogs und fürs Kino. Er gibt Feedback zu "Eis und Feuer"-Zinnfiguren und -Sachbüchern, liest mehr als viele Kritiker, weiß mehr als viele Buchagenten, und klingt dabei freundlicher und informierter als viele seiner eigenen Fans.
In einem Comic aus den 90er-Jahren hilft Superman einer Schwangeren, ein Baby zu entbinden. Als er Mutter und Kind am Krankenhaus absetzt, loben ihn die Ärzte und sagen, er wäre auf der Station ein großer Gewinn. Superman erwidert, ihm sei wichtiger, die Aufgaben zu übernehmen, die außer ihm leider niemand meistern kann.
Martin sieht das anders. Er macht dauernd Dinge, für die es keinen George R. R. Martin bräuchte. Das bremst die Buchreihe. Doch welchem 68-Jährigen will man verbieten, seine Lieblingsfilme im eigenen Kino zu zeigen? Und leidenschaftlich, klug, luzid darüber zu bloggen?
(ske)
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