Georg-Herold-Bild "Ziegelneger"

Kunsthistorikerin kritisiert Position des Städel Museums

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Außenansicht des Städel in Frankfurt. Im Vordergrund blitzen weiß die Oberlichter des unterirdischen Erweiterungsbaus des Frankfurter Kunstmuseums im Rasen.
Frankfurter Städel Museum: Judith Eilers sagt, das Team des Städels sei "schneeweiß" – und das habe womöglich Folgen. © picture alliance / akg-images
Judith Eilers im Gespräch mit Nicole Dittmer · 02.07.2020
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Darf man Kunst mit dem N-Wort im Titel ausstellen? Diese Debatte kocht hoch wegen eines Bildes im Frankfurter Städel. Kunsthistorikern Judith Eilers sagt, solange nur weiße Positionen zu Rassismus zu sehen seien, solle man das Werk besser abhängen.
Ein schwarzer Mann kriegt einen Ziegelstein ins Gesicht geworfen. Ein wütender Mob steht daneben. Und eine umgedrehte Ampel, ganz oben, leuchtet grün. Das Bild des deutschen Künstlers Georg Herold von 1981 hat zudem einen rassistischen Titel: "Ziegelneger". Das Bild hängt im Frankfurter Städel Museum. Heißt das also grünes Licht für Gewalt an schwarzen Menschen?

Rassismus in der Gesellschaft

Nachdem sich eine Besucherin darüber beschwert hatte, steht Herolds Werk im Mittelpunkt einer Debatte über die Frage, ob Bilder wie dieses in Museen gehören.
Der Schriftsteller Zafer Şenocak findet "Ja", das Bild gehöre ins Museum. "Es gibt einen populistischen Antirassismus in Deutschland. Man reagiert auf Dinge, ohne die Historie und den Hintergrund zu sehen", sagt er. "So kann man damit nicht umgehen, weil Rassismus Teil unserer Identität ist."

"Schneeweißes Team" im Städel

Judith Eilers hingegen plädiert dafür, das Bild abzuhängen – mindestens solange, wie die einzige Position im Museum, die anregen könne, über Rassismus zu sprechen, eine weiße Position sei. Die freie Kunsthistorikerin, die für verschiedene Museen arbeitet, sagt, man solle sich lieber bemühen, antirassistische Positionen von schwarzen Künstlerinnen und Künstlern zu erwerben.
Die Voraussetzung dafür, dass Werke ausgestellt und kontextualisiert werden, wäre ihrer Ansicht nach, dass Institutionen ausreichend antiassistisch gebildet und in der Lage seien, solche Werke ausreichend inhaltlich in Beziehung zu setzen.
Das bezweifelt sie aber beim Städel, auch weil dessen Team "schneeweiß" sei. "Ich halte das nicht für glaubwürdig, dass wir das schon können in Deutschland", so Eilers.

Diskurs über Rassismus?

"Wenn sich jemand verletzt fühlt, dann tut uns das leid", sagte dazu Martin Engler. Er leitet im Städel Museum die Sammlung für Gegenwartskunst. "Uns war klar, dass es eine Provokation ist. Aber genau das ist der Zweck des Titels und ein Anliegen der Malerei, in einen Diskurs über das Bild einzutreten", sagt Engler. Das Bild selbst sei aus Sicht des Museums ein "explizit antirassistisches Kunstwerk".
Eventuell wolle man den Infotext zu dem Bild überarbeiten, fügt Engler an. "Titel und Werk bleiben eine Zumutung, auch wenn wir dem Künstler keinen Rassismus unterstellen", heiß es in diesem zurzeit. Zudem steht da: "Der Titel ist offenkundig rassistisch."
Judith Eilers findet diese Passagen an sich in Ordnung, sagt aber zugleich, diese Erklärtexte würden kaum rezipiert, wenn sich ein Besucher im Durchschnitt drei Sekunden vor einem Werk aufhalte. Vor allem aber hält sie es für Unsinn, einen Diskurs über Rassismus starten zu wollen.
"Ich glaube nicht, dass das Thema Rassismus überhaupt noch ein Diskurs sein sollte. Da gibt es nichts zu verhandeln. Eine Verhandlung würde bedeuten, es wäre ergebnisoffen und man könnte sich auch noch entscheiden, dass Rassismus in Ordnung sei", sagt die Kunsthistorikern. Das sei natürlich nicht der Fall. "Deshalb braucht es überhaupt keine Debatte."

"Betroffenen zuhören, Betroffene sammeln"

Wer das Thema Rassismus im Museum verhandeln wolle, habe andere Möglichkeiten, als Bilder wie das von Herold in der bisherigen Form aufzuhängen. "Es wäre schon ein guter Anfang, die Betroffenen zu fragen, die Betroffenen zu sammeln und auszustellen, und ihnen zuzuhören. Das gelingt den meisten Museen in Deutschland und weltweit nicht", sagt Judith Eilers. Die weitaus meisten Positionen in Museen seien weiß, europäisch und männlich.
(Axel Rahmlow / mfu)
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