Geisel-Befreiung in Nigeria

Lage nach wie vor schwierig

Von links: Ein kleiner Junge, seine etwas ältere Schwester und die Mutter mit Kopftuch liegen in einem Raum quer in der unteren Etage eines Stockbettes. Dahinter sind ein weiteres Bett und ein weiterer Junge zu erkennen.
Eine Mutter und ihre zwei Kinder am 16.3.2015 in einem Flüchtlingscamp in der nigerianischen Stadt Yola. Sie wurden von der Terrororganisation Boko Haram vertrieben. © Andrew Esiebo / Unicef / dpa
Von Jens Borchers · 25.03.2016
Die nigerianische Armee hat nach eigenen Angaben mehr als 800 Geiseln aus der Gewalt der Terrormiliz Boko Haram befreit. Gleichzeitig wurde gemeldet, dass Boko Haram 16 Frauen verschleppt hat. Doch die Lage im Nordosten Nigerias bleibt insgesamt unübersichtlich.
Das nigerianische Militär meldet immer wieder Erfolge im Kampf gegen Boko Haram. Diese Sieges-Nachrichten sind allerdings nur schwer zu überprüfen. Denn nach wie vor gilt im Nordosten Nigerias der Ausnahmezustand. Nichtregierungsorganisationen oder Journalisten, die das Vorgehen der Militärs recherchieren wollen sind hier nicht gerne gesehen. Zudem ist die Sicherheitslage weiterhin extrem instabil. Hilfsorganisationen haben außerhalb größerer Städte nur eingeschränkt Zugang, um überhaupt Hilfe zu leisten.
Volker Turk vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen hatte Anfang des Monats die Krisenregion in Nigeria besucht. Turk berichtete von Lebensmittelknappheit für Flüchtlinge und Sicherheitsproblemen:
"Die Versorgung mit Lebensmitteln ist ein wichtiger Punkt, kein Zweifel. Und ein anderes wichtiges Thema ist Zugang für humanitäre Hilfe. Außerhalb der Stadt Maiduguri sind immer noch Bewaffnete unterwegs. Wir müssen sicherstellen, dass die Sicherheitslage verbessert wird, damit den Menschen geholfen werden kann."
Seit Monaten versucht die nigerianische Armee Boko Haram zu vertreiben
Tatsache ist, das Nigerias Militärs seit Monaten versuchen, Boko Haram aus den Gebieten zu vertreiben, die die Terroristen-Miliz noch kontrolliert. Das sind mittlerweile nach übereinstimmenden Berichten nur noch kleinere Landstriche, manchmal nur einige Dörfer. In solchen Orten machen sich Boko Haram-Kämpfer die Bevölkerung untertan. Die Regierungstruppen vertreiben nach eigenen Angaben die Terroristen und "befreien" damit die Menschen in diesen Dörfern. Damit erzielt das Militär offenbar tatsächlich Erfolge.
Dennoch gelingen Boko Haram immer wieder Attacken. Vor knapp zwei Wochen starben im Nordosten Nigerias 22 Menschen, als sich zwei Frauen an einer Moschee in die Luft sprengten. Am Freitag sollen Boko Haram-Kämpfer 14 Frauen und 2 Mädchen entführt haben. Sie benutzen sie nach übereinstimmenden Angaben von befreiten oder geflohenen Frauen als Sex-Sklavinnen und Attentäterinnen.
Kinder, Jugendliche und Frauen werden von Boko Haram häufig als Attentäter genutzt. Unter welchen Umständen sie diese Menschen dazu bringen, sich in die Luft zu sprengen ist weitgehend unklar. Aber diese Taktik führt zu einem weitreichenden Misstrauen im Nordosten Nigerias. Das Unsicherheitsgefühl ist groß, weil niemand mehr weiß, wem noch zu trauen ist, berichten Menschen, die vor Boko Haram geflohen sind.
Trotz der anhaltenden Attacken der Miliz ist Nigerias Präsident Buhari der Meinung, Boko Haram sei erheblich geschwächt:
"Boko Haram hat sich darauf zurückgezogen Märkte, Moscheen oder Kirchen anzugreifen. Sie mißbrauchen unschuldige Kinder dazu, dort Sprengsätze zu zünden."
Unterdessen hat sich der mutmaßliche Führer von Boko Haram, Abubakar Shekau, angeblich mit einem neuen Internet-Video gemeldet. Sicherheitskreise berichten, Shekau sehe in dem Filmchen geschwächt und abgemagert ausgesehen, er sei wegen der schlechten Film-Qualität auch kaum zu erkennen. Shekau spricht diesen Angaben zufolge darüber, dass für ihn "das Ende gekommen sei". Abubakar Shekau war in der Vergangenheit bereits mehrfach vom nigerianischen Militär für tot erklärt worden. Ob das Video tatsächlich echt ist, wird noch überprüft.
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