Gegen die Dürre in Indien

Pfllanzenmix statt Sojafelder

21:17 Minuten
Die Landwirte Devshala Rankhamb und Tanaji Rankhamb stehen auf einem Acker auf dem kleine grüne Pflanzen sprießen.
"Früher haben wir nur mit den Sojabohnen etwas verdient": die 35-jährige indische Bäuerin Devshala Rankhamb und ihr Mann Tanaji. © Emre Çaylak
Von Nicole Graaf und Emre Çaylak · 22.01.2020
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Indiens Landwirtschaft steht vor Herausforderungen: Mit nachhaltigen Anbaumethoden die Ernährung sichern, wegkommen von Zuckerrohr, Soja und Baumwolle, die viel Geld bringen, aber auch viel Wasser brauchen, das Indien fehlt. Eine NGO hilft dabei.
Zuckerrohr und Sojafelder erstrecken sich bis zum Horizont der flachen Landschaft. Die Erde ist beigefarben. Staub liegt in der Luft und flirrt im gleissenden Sonnenlicht. Hier und da stechen rote, orangefarbene oder blaue Farbflecken aus dem endlosen Grün und Braun. Frauen in bunten Saris bücken sich auf den Feldern mit Harken über Kartoffeln, Hülsenfrüchte und Auberginen.

Selbstmord wegen der Schulden

In einem der Dörfer in dieser bäuerlichen Gegend im indischen Bundesstaat Maharashtra hockt die 37-jährige Savita Merchant auf dem Boden eines kleinen Hauses auf einer dünnen Matte. In einer Ecke auf einer fußbetriebenen Nähmaschine stapeln sich Stoffe und halb fertige Blusen. Daneben steht ein Zehn-Kilo-Sack mit Reis und ein paar andere Vorräte. Die kleine schmächtige Frau hat es nicht leicht gehabt. Seit neun Jahren muss sie allein klarkommen. Ihr Mann beging 2011 Selbstmord."Die Schulden waren zu hoch geworden. Wir haben für verschiedene Ausgaben Geld geliehen. Die Felder waren nicht produktiv. Er hatte sich für unsere Hochzeit schon Geld geliehen und dann noch die Hochzeit seiner drei Schwestern finanziert. Am Ende hatten wir um die neun bis zehn Lakh Schulden. Weil er das nicht zurückzahlen konnte, beging er Selbstmord."
Eine junge Frau im Sari mit traurigem Gesicht sitzt im Schneidersitz in ihrem Wohnhaus auf einem Teppich.
Von der Familie verstoßen: Savita Merchant musste sich nach dem Selbstmord ihres Mannes allein durchschlagen.© Emre Çaylak
Neun bis zehn Lakh Rupien sind umgerechnet etwa 12.000 Euro. Das Jahreseinkommen eines indischen Bauern liegt laut staatlicher Statistik bei unter 300 Euro im Jahr.

Extreme Trockenphasen und Ernteausfälle

Savita lebt im Südosten von Maharashtra. Der Bundesstaat liegt im Zentrum Indiens und reicht von der Westküste rund um die Metropole Mumbai bis weit ins Landesinnere. Die Großstadt wirkt weit weg hier in den Dörfern, im so genannten Trockengürtel Maharashtras. Seit Jahren leidet die Gegend unter Wassermangel. Immer wieder sorgen extreme Trockenphasen, manchmal mehrere Jahre hintereinander, für dramatische Ernteausfälle. 2016 war der Grundwasserspiegel hier so stark gesunken, dass die Menschen mithilfe von Tankcontainern über die Eisenbahn mit Trinkwasser versorgt werden. Felder vertrockneten, Tiere verdursteten.
In solchen Phasen müssen Bauern sich hoch verschulden, um ihr Leben zu bestreiten. Savita und ihr Mann lebten bei dessen Eltern. Die Familie besaß nur ein kleines Feld ohne Bewässerungsmöglichkeit. Die Ernte reichte nicht zum Leben für alle, daher ging ihr Mann zusätzlich auf dem Bau arbeiten.
"Wir hatten nur wenig Land, nicht mal 4000 Quadratmeter. Wir haben nur zum Eigenbedarf angebaut, weil die Felder sehr trocken sind und nicht viel darauf wächst. Es gab kein Wasser dort. Mein Mann hat neben der Feldarbeit noch als Maurer auf Baustellen gearbeitet oder hier und da ein paar Jobs in Privathäusern erledigt, um Geld zu verdienen."
Farmer women walks in the field. Osmanabad, India
Ein ständiger Kampf mit dem Wassermangel: eine Bäuerin in ihrem Feld in Osmanabad.© Emre Çaylak
Nach dem Selbstmord ihres Mannes verstieß seine Familie Savita und ihren damals sechsjährigen Sohn. In der patriarchalisch geprägten Gesellschaft des ländlichen Maharashtra ist das keine Seltenheit. Frauen gelten hier nicht viel. Und Schwiegertöchter erst recht nicht. Und wenn das Geld sowieso knapp ist, dann ist jeder, der kein Einkommen generiert, eine Last.
"Bevor mein Mann starb, sind wir gut miteinander ausgekommen. Aber nach seinem Tod wollten sie mich nicht bei sich behalten. Sie sagten, unser Sohn ist nicht mehr da, was sollen wir dann mit dir anfangen. Jetzt mache ich Gelegenheitsjobs. Ich gehe jeden Tag und arbeite als Haushaltshilfe und nähe Blusen zum Verkaufen. Damit verdiene ich ungefähr 1000 Rupien im Monat. Es ist sehr schwer damit zu überleben. 500 Rupien muss ich für die Miete zahlen."
Das sind ungefähr zwölf Euro monatliches Einkommen. Nach der Miete bleiben ihr nur etwa sechs Euro zum Leben. Das Schicksal der frühen Witwe ist kein Einzelfall. Zwischen 2015 und 2018 begingen laut der Nachrichtenagentur "Press Trust of India" 12.000 indische Bauern Selbstmord.

Indien ist der größte Zuckerproduzent der Welt

In den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten sind viele Bauern in Indien von reiner Selbstversorgung auf so genannte "Cash Crops" umgestiegen, also Pflanzen, die hauptsächlich zum Verkauf angebaut werden. In der Gegend in der Savita lebt, sind das vor allem Zuckerrohr und Baumwolle. Die Regierung hatte die Bauern einst ermutigt, solche Cash Crops in Kooperativen anzubauen, um bessere Einkünfte zu erzielen.
Heute sind viele Raffinerien jedoch in der Hand von Politikern, und die sind es, die von der inzwischen millionenschweren Zuckerindustrie profitieren, nicht die Bauern. Indien ist der größte Zuckerproduzent der Welt, noch vor Brasilien. Die Bauern, vor allem die Kleinbauern, kämpfen Jahr für Jahr mit dem Wassermangel, diese Gegend ist wegen der geringen Niederschläge nicht besonders geeignet für den Anbau von Pflanzen die viel Wasser brauchen, wie Rohrzucker und Baumwolle.
Ein Kind springt über einen Graben am Rande eines weiten Feldes.
Nur scheinbares Idyll: Die Kinder von Osmanabad spielen gerne im Feld.© Emre Çaylak
Zentrum der Region, in der Savita lebt, ist Osmanabad, eine kleine staubige Stadt, die aus nur wenigen Straßen besteht. Ringsherum Felder, soweit das Auge reicht und kleine versprengte Dörfer.

"Ab Januar fängt es an, schwierig zu werden"

Naseem Shaikh leitet hier das Büro der Nichtregierungsorganisation Swayam Shikhshan Prayog, kurz "SSP". Die 48-Jährige sitzt in einem kleinen Nebenzimmer des großen Büroraums hinter einem Schreibtisch. Sie trägt eine schwarz-weiß gemusterte Tunika mit einer lilafarbenen Stola. In den Regalen stapeln sich Ordner und Abrechnungsblöcke. Die Fenster sind abgedunkelt als Schutz vor der Hitze draußen. Die Klimaanlage läuft. Sheikh stammt aus der Region und kennt die Probleme der Bauern sehr gut:
"Verglichen mit dem Westen von Maharashtra, hängt Osmanabad in der Entwicklung sehr zurück, denn diese Region ist bekannt für ihre Trockenheit. Hier fällt nur wenig Regen und wir haben keine gute Infrastruktur zur Bewässerung. Die größte Herausforderung besteht darin, dass die Menschen trotz Wassermangel auf den Anbau von Zuckerrohr umgestellt haben. Zuckerrohr braucht viel Wasser und jedes Jahr kämpfen wir mit Dürre. Ab 2014 wurde die Lage ernst und ernster. Jetzt liegt der Grundwasserspiegel bis zu 600 Meter tief. Die Menschen wissen nicht viel darüber, wie sie mit Wasser haushalten können. Sie pumpen einfach Wasser, um ihr Zuckerrohr oder Cash Crops wie Baumwolle oder Soja anzubauen. Traditionelle Landwirtschaft erforderte nicht so viel Wasser, daher reichte ihnen der Regen aus. Aber jetzt betreiben sie fortgeschrittene Landwirtschaft und brauchen dafür sehr viel Wasser. Ab Januar fängt es an, schwierig zu werden für die Menschen. 50 Prozent sind nur von der Ernte nach dem Monsun abhängig, sie haben keine zweite Ernte in der kühleren Jahreszeit. Und 70 bis 80 Prozent können nicht die dritte Ernte in der Trockenzeit im Sommer nutzen, weil sie kein Wasser zum Bewässern haben."
Eine fröhlich lächelnde Frau - das schwarze Haar zum langen Zopf gebunden -  sitzt in einem lila Sari in ihrem vollgepackten Büro am Schreibtisch.
Tipps für alternative Anbaumethoden: Naseem Shaikh leitet das Büro der Nichtregierungsorganisation Swayam Shikhshan Prayog "SSP".© Emre Çaylak
"SSP" ermutigt Kleinbauern nachhaltigere Anbaumethoden auszuprobieren. Damit können sie ihre Ernährung sichern, auch wenn es bei den Cash Crops zu Ernteausfällen kommt, und mancherorts auch noch ein zweites oder sogar drittes Mal im Jahr ernten, weil sie lernen, Wasser sparsam einzusetzen. Der Name der Organisation bedeutet grob übersetzt soviel wie: "Learning by doing" und das ist Programm.

Großer Druck innerhalb der Familien

Die Zentrale der Organisation liegt in der Großstadt Pune, rund sechs bis sieben Autostunden von Osmanabad entfernt. Dort arbeitet Upmanyu Patil als Programmdirektor für die landwirtschaftlichen Projekte. Sein Büro ist geschmückt mit farbenfrohen Bildern, die abstrakte Porträts, Tiere oder Szenen aus dem Landleben zeigen. Der Mittfünfziger trägt ein schlichtes graues Hemd und eine Brille. Sein graumeliertes Haar ist zu einem akkuraten Scheitel gezogen. Zu den Problemen mit der Dürre kommen weitere Faktoren hinzu, die den Bauern das Überleben schwer machen, sagt Patil.
"Neben den Investitionen für die Landwirtschaft gibt es noch vier, fünf weitere Hauptgründe für Investitionen. Da besteht ein großer Druck innerhalb der Familien und der Dorfgemeinschaften. Sie stecken viel Geld in die Verheiratung von Töchtern. Und wenn jemand in der Familie krank wird, dann müssen sie dafür viel Geld ausgeben, weil sie keine Krankenversicherung haben. Dazu kommt, dass sie für die Cash Crops Chemikalien einsetzen, das sorgt für zusätzliche Gesundheitsprobleme. Aber die Hauptfaktoren sind landwirtschaftliche Investitionen und dass sie keine ordentlichen Preise für ihre Produkte bekommen."
Die Preise, die die Bauern erhalten, reichen kaum zum Leben. Der Staat hat zwar für einige Mindestpreise festgelegt, zu denen er den Bauern die Ernte abkauft. Aber diese Preise werden häufig nicht durchgesetzt. Nach Zahlen, die Bauernorganisationen gesammelt haben, verkaufen 94 Prozent der Bauern ihre Ernte unter diesen Mindestpreisen. 2018 organisierten Bauernverbände mehrere Großdemonstrationen in ganz Indien, an denen insgesamt über eine halbe Million Bauern teilnahmen. Über 40.000 marschierten teils zu Fuß in die Hauptstadt Delhi. Sie verlangten bessere Preise und einen Schuldenerlass.

Pflanzenmix statt Monokultur

Die Grassroot-Arbeit der sozialen Organisationen dagegen ist weniger laut, dafür aber umso nachhaltiger. Die Nichtregierungsorganisation "SSP" animiert die Bauern dazu, auf einen Mix an Pflanzen zu setzen, erklärt Upmanyu Patil.
"Es ist ganz einfach: Wenn du deine Cash Crops verloren hast, dann hast du so immer noch etwas zu essen. Aber wenn du 100 Prozent nur Cash Crops anbaust und die Ernte fällt aus, dann weißt du nicht, was du machen sollst. Man kann das Risiko verringern, indem man Unterschiedliches anbaut. Wenn bei dreien die Ernte nichts wird, dann hast du immer noch sieben andere Pflanzen. Manche unserer Frauen kultivieren mindestens 18 bis 20 unterschiedliche Pflanzen auf einem Acre, rund 4000 Quadratmetern. Unter den Farmern, mit denen wir in den letzten fünf Jahren gearbeitet haben, gab es keine Selbstmorde. Da gab es einmal einen Artikel in einer Zeitung. Da wurden Frauen zitiert, die sagten, wir hätten eine selbstmordfreie Zone geschaffen."

Herausforderungen durch den Klimawandel

Neben der Methode, viele unterschiedliche Nahrungsmittel anzubauen, muss man auch noch gesellschaftliche Aspekte bei den Bauernfamilien mitbedenken, sagt Naseem Shaikh, die "SSP"-Mitarbeiterin in Osmanabad. Bevor sich die Organisation den Problemen in der Landwirtschaft zuwandte, hatte sie nach einem großen Erdbeben 1993 Aufbauarbeit geleistet und sich dabei auch um die Bedürfnisse von Frauen gekümmert. Dabei hat sie erkannt, dass Frauen eine zentrale Rolle in der Landwirtschaft spielen, weil sie es sind, die die Feldarbeit erledigen. Häufig verbringen sie mehr Zeit auf den Feldern als die Männer.
"Die größte Herausforderung besteht darin, dass die Landwirtschaft von Männern dominiert wird. Hier bedeutet Landwirtschaft, dass die Bauern Männer sind und die Frauen sind als Arbeitskräfte beteiligt. Die Entscheidungen werden aber von Männern kontrolliert und sie sind manchmal nicht hilfreich für die Bauern oder passen nicht zum Klima. Weil nur Männer als Landwirte gelten, bleibt das ganze Wissen bei ihnen. Wegen des Klimawandels muss man jetzt aber Vieles anders machen. Das traditionelle Wissen, das Frauen haben, reicht nicht aus. Sie brauchen Zusatzinformationen, um mit den Klimaveränderungen klar zu kommen. Doch sie können nicht teilhaben an staatlichen Trainingsprogrammen und anderen Unterstützungen, weil sie nicht als Landwirte gelten."

Die Rolle der Frauen in der Landwirtschaft ist groß

Bei der Vermittlung von nachhaltigen Anbaumethoden setzt SSP deshalb vor allem auf eine Zusammenarbeit mit Bäuerinnen. Letzteres geschieht nicht nur zum Zweck der Aufwertung von Frauen, es bringt auch ganz konkreten Nutzen, was die Landwirtschaft angeht.
"Wenn sowohl Männer als auch Frauen über landwirtschaftliche Methoden Bescheid wissen und Frauen gleichermaßen in Entscheidungen einbezogen werden, dann können sie handeln, wenn die Situation es erfordert."
Eine ernst blickende Frau steht in türkis-lilanem Sari bei Nacht auf einem fast kahlen Feld.
Frau mit guten Kontakten: Sangeeta Raut lehrt Bäuerinnen nachhaltige Landwirtschaft.© Emre Çaylak
Um die Bäuerinnen in nachhaltigen Anbaumethoden zu schulen, hat die NGO einige Frauen zu Multiplikatorinnen ausgebildet. Sangeeta Raut ist eine von ihnen. Die 39-jährige ist eine sehr ernste, ruhige Person. Sie hat gute Kontakte in die Dörfer, denn sie stammt aus der Gegend und hat für die Organisation dort bereits andere Projekte durchgeführt, vor allem zu Gesundheitsversorgung. Deshalb kennen die Menschen sie und vertrauen ihr. Das hilft ihr, sie zu überzeugen, neue landwirtschaftliche Methoden auszuprobieren.
"Unsere Hauptaufgabe besteht darin, Frauen in kosteneffizienten Anbaumethoden zu schulen. Das heißt wir bringen ihnen bei, wie sie ihre Ernte steigern können und die Kosten durch bestimmte Techniken reduzieren können. Der Einsatz von Chemie erfordert hohe Investitionen, während biologischer Anbau viel Geld spart."

Wasser sparen, unterschiedliches Gemüse anbauen

Die 35-jährige Bäuerin Devshala Rankhamb war eine der ersten, die an dem Programm teilgenommen hat. Die schlanke, etwas schüchtern wirkende Frau, sitzt in ihrer Küche. Sie ist seit drei Jahren dabei. Seitdem hat sich auch ihr Einkommen massiv verbessert.
"Früher haben wir nur mit den Sojabohnen etwas verdient. Wir haben kein anderes Gemüse angebaut. Es waren etwa acht- bis neuntausend Rupien von einer Ernte, rund 100 bis 110 Euro. Jetzt sind es elf bis zwölftausend, rund 130 bis 140 Euro. Manchmal sind es sogar 15.000 Rupien, rund 190 Euro. Wir hatten auch nicht genug Wasser für die Tiere und Felder. Wir haben Löcher gegraben, um das Wasser aufzufangen, aber es reichte nicht. Wir hatten zwar schon einen Brunnen, aber 'SSP' hat ihn noch tiefer gebohrt und die Erde für die Felder genutzt. Dadurch fliesst mehr Wasser zurück in den Brunnen."
Devshala Rankhamb zeigt, wie das funktioniert. Das Gemüsefeld ist durchzogen von kleinen Gräben. Sobald die Pumpe läuft, bekommen die Pflanzen gezielt Wasser. So verbraucht sie viel weniger Wasser als wenn sie nach dem Gießkannenprinzip mit einem Sprinkler bewässern würde. Und über die Gräben wird das überschüssige Wasser zurück in den Brunnen geleitet.
"Das Wasser kommt durch die Rohre dahinten und wir haben diese Gräben angelegt, damit das Wasser da entlangfließen kann. Das hat sehr viel gebracht. Wir pflanzen hier Auberginen, Guarbohnen, Tomaten, Spinat, Zwiebeln, Mais, Gras, Bockshornklee, Weizen und Sorghum an. Ich habe sehr davon profitiert und habe keine finanziellen Schwierigkeiten mehr."
Ein Mann mittleren Altes mit kariertem Hemd und Schnauzer beugt sich mit einer kleinen gelben mit Erde gefüllten Plastikschale über eine große Wanne mit Erde und sortiert dort etwas mit den Fingern.
Regenwürmer wieder schätzen lernen: Tanaji Rankhamb kümmert sich um den Dünger.© Emre Caylak
Außerdem hat die junge Frau gelernt, einen Wurmkompost anzulegen. Mit dem selbst erzeugten Kompost kann sie die Fruchtbarkeit ihrer Felder verbessern und spart außerdem das Geld, das die Familie früher für Kunstdünger ausgeben musste. Devshala Rankhamb weist auf Sangeeta Raut, die vor dem Haus wartet.
"Beim ersten Treffen hat die Madam da drüben uns gezeigt, wie man auf biologische Weise anbaut und wie man diese Düngebeete anlegt und darin Regenwürmer hält."
Mit dem Kompost ist ihr Ehemann, Tanaji Rankhamb, gerade beschäftigt. In einen großen horizontal in die Länge gezogenen Sack aus Zeltplanen haben sie Erde gefüllt. Dazu kommen Pflanzenabfälle aus der Küche und von den Feldern und Dung von den Kühen. Behutsam streut Tanaji Rankhamb Getreidespreu darauf. Er zerbröselt ein paar größere Erdklumpen und mischt die obere Schicht mit den Händen unter. Dabei kommen ein paar Regenwürmer zum Vorschein, die sich schnell zurück in die Erde winden. Sie verarbeiten die Pflanzenabfälle zu Humus, der dann auf die Felder aufgebracht werden kann. Er ist begeistert von der Methode.
"Es ist sehr gut, dass sie bei dieser Organisation mitmacht, denn jetzt kann ich das, was um mich herum ist nutzen, um das Feld zu düngen. Ich muss nicht mehr so oft zum Markt fahren."

"Anfangs war ich ärgerlich auf meine Frau"

Tanaji gibt aber auch zu, dass er anfangs sehr skeptisch war, als seine Frau zu den Meetings der Organisation gehen wollte. In dieser sehr konservativ geprägten Region ist es nicht üblich, dass Frauen ihren eigenen Kopf haben und allein aus dem Haus gehen. Nach althergebrachter Ordnung ist ihr Platz daheim, und die Männer kümmern sich um alles, was außerhalb von Haus und Feld zu erledigen ist.
Wenn Frauen in wirtschaftlichen Dingen mitreden wollen, fühlen sich viele Männer persönlich angegriffen. Deshalb raten die NGO-Mitarbeiterinnen Sangeeta Raut und ihre Kolleginnen den Frauen, ihre Ehemänner erst einmal um ein kleines Stück Land zu bitten, wo sie die neuen Methoden ausprobieren können. Auch Tanaji Rankhamb tat sich zunächst schwer, die neuen Aktivitäten seiner Frau zu akzeptieren:
"Ich hielt anfangs nichts von den Ideen und Themen dieser Frauenorganisation. Ich war verärgert, wenn sie aus dem Haus ging, weil sich dann niemand um das Haus kümmerte oder kochte. Das war sehr schwierig für mich. Wenn ich mich mit den anderen Männern im Dorf auf einen Schnaps traf, dann waren sie wütend nicht nur auf mich sondern auch auf ihre Frauen. Sie haben gesagt: 'Was sind das für Treffen? Was passiert da?' Ich habe meine Frau zwar nie ausgeschimpft, aber ich war doch sehr verärgert, dass sie das Haus verließ, um zu diesen Treffen zu gehen. Aber inzwischen ist mir klar geworden, wie sehr uns das genützt hat, und jetzt sage ich nichts mehr."
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