Gedenkkultur

München diskutiert geltendes Verbot von Stolpersteinen

Ein Passant läuft in der Regensburger Innenstadt an Stolpersteinen vorbei.
Ein Passant läuft in der Regensburger Innenstadt an Stolpersteinen vorbei. © dpa / picture alliance / Armin Weigel
Von Susanne Lettenbauer · 05.12.2014
Die kleinen goldenen Pflastersteine sind in fast jeder deutschen Stadt zu finden - nur in München sind sie seit zehn Jahren verboten. Die Israelitische Kultusgemeinde wollte es so. Eine Anhörung im Stadtrat könnte das Verbot nun kippen.
Im Mai 2004 war es, als der 81-jährige Peter Jordan gemeinsam mit dem Künstler Gunter Demnig die ersten zwei Stolpersteine in München verlegte, direkt vor seinem früheren Wohnhaus für seine ermordeten Eltern. Kurze Zeit später entfernte die Stadt München die kleinen Pflastersteine mit der Begründung, der öffentliche Gehweg sei kein geeigneter Ort für das Gedenken an jüdische Opfer der Nazizeit.
Die Opfer würden ein zweites Mal verhöhnt und mit Füßen getreten, wenn ihre Namen im Schmutz der Gehsteige eingelassen werden, so lautet auch heute noch die massive Kritik von Charlotte Knobloch, der Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde. Es gäbe bereits weitaus bessere Formen des Gedenkens als die mittlerweile inflationär an unzähligen Orten verlegten Opfersteine. Ihr Stellvertreter Abi Pitum schließt sich der Meinung an:
"Viele von uns sind der Meinung, zu viel ist zu viel. Wir haben die große Angst, dass mit einem zu viel an Gedenksteinen kontraproduktiv gearbeitet wird."
Münchner sind geteilter Meinung
Der Streit geht nicht nur quer durch die Stadtbevölkerung, sondern auch quer durch die jüdischen Gemeinden Münchens. Die Stolpersteine seien sehr wohl ein angemessene Art des Gedenkens, argumentieren die Befürworter von der Münchner Initiative für Stolpersteine. Mit dabei Jan Mühlstein Vorsitzender der Liberalen Jüdischen Gemeinde München Beth Shalom:
"Die Stolpersteine haben den Vorteil, dass sie dort die Menschen ansprechen, wo das Verbrechen den Ausgang genommen hat, mitten in der Bevölkerung, es ist ja kein Verbrechen, das irgendwo am Rande geschehen ist, sondern mitten in der Bevölkerung. Das ist für mich das wichtigste Argument."
Stadt will keinen Konflikt mit Charlotte Knobloch
Münchens Altoberbürgermeister Christian Ude unterstützte bis zu seinem Ausscheiden 2013 die ablehnende Haltung der Israelitischen Kultusgemeinde und setzte das Verbot auf städtischem Boden durch. Der neue Oberbürgermeister Dieter Reiter hält sich noch zurück. Doch die Zahl der Befürworter wächst. Nicht zuletzt weil München nicht hinter anderen Kommunen zurückstehen will.
Aber München möchte auch eine Konfrontation mit der angesehenen Holocaustüberlebenden Charlotte Knobloch vermeiden. Stimmen werden laut, ein eigenes Stolperstein-Konzept für München zu entwickeln. Das heutige Stadtrats-Hearing soll die festgefahrene Diskussion neu beleben.
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