Flüssiggas spaltet Schleswig-Holstein

Brunsbüttel wird zum Spielball der Weltpolitik

15:22 Minuten
Der Landwirt Henning Kleinwort auf dem Deich.
Landwirt Henning Kleinwort befürchtet, das ganze Ökosystem der Marsch könnte Schaden nehmen. © Deutschlandradio / Johannes Kulms
Von Johannes Kulms · 19.03.2021
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Die USA drängen auf ein Flüssiggas-Terminal an der deutschen Küste. Um Washington wegen Nordstream 2 zu besänftigen, spielt die deutsche Politik mit. Die schleswig-holsteinische Kleinstadt Brunsbüttel gerät zum Spielball geostrategischer Interessen.
Oliver Kumbartzky steht am Elbufer von Brunsbüttel. Wenige Kilometer von hier mündet der mächtige Fluss in die Nordsee. Dort, im alten Teil von Brunsbüttel, organisiert Kumbartzky einmal im Jahr die "Wattolümpiade".
"Hier an der Elbmündung im Elbschlick, wo sich Hunderte von "Watthleten" schmutzig machen für einen guten Zweck, für die Krebsgesellschaft, werden da Gelder gesammelt."
Wagemutige spielen Fußball und Volleyball in Zeitlupe und versinken mit den Beinen im Schlick. Es braucht viel Kraft, Ausdauer aber auch Spaß an der Sache, um die "Wattolümpiade" zu überstehen. Und natürlich Toleranz gegen Schmutz. "Also, im Watt sein ist alles und da wird man schmutzig!"

Unsauberer Deal mit USA

Schmutzig könnte auch ein anderes Projekt werden, das seit Jahren in Brunsbüttel im Gespräch ist: ein Flüssigerdgas-Terminal.
Riesige Schiffe sollen eines Tages hier am Ufer der 13.000 Einwohner-Stadt festmachen und verflüssigtes Erdgas aus fernen Ländern liefern, das dann ins deutsche Netz eingespeist wird. Eine schmutzige Sache, meinen Kritiker. Nicht nur wegen der Bauarbeiten, sondern auch, weil die LNG-Technologie (Abkürzung für Liquefied Natural Gas) klimaschädlich sei. Und weil das Projekt letztendlich auch auf einen unsauberen Deal zwischen Deutschland und den USA aufbaue.
Der Wind weht Oliver Kubartzky durch die Haare. Er steht vor der Wand eines blauen Containers.
Oliver Kumbartzky, Landtagsabgeordneter der FDP und energiepolitischer Sprecher seiner Fraktion sagt, das Gasterminal trage zur Enegiewende bei.© Deutschlandradio / Johannes Kulms
Oliver Kumbartzky ist seit 2009 FDP-Landtagsabgeordneter in Kiel und dort energiepolitischer Sprecher der Fraktion. Er kennt die Kritikpunkte und hält dagegen. "Das ist überhaupt nicht schmutzig. Das hat etwas damit zu tun, dass wir die Energiewende mitgestalten."

Gas als Übergangstechnologie

Der 39-Jährige zeigt auf den dunklen Koloss am Elbufer, etwa einen Kilometer stromaufwärts. Es ist das Kernkraftwerk Brunsbüttel, das seit mehreren Jahren mühselig und kostspielig zurückgebaut wird. Die Bundesrepublik brauche nicht nur wegen des Atomausstiegs dringend neue Energiequellen.
"Natürlich ist Gas eine Übergangstechnologie, aber die wird benötigt. Wenn wir Kernkraft abschalten, wenn wir von der Kohle wegwollen, dann ist Gas eben die Übergangstechnologie, die wir brauchen, bis wir dann nachher die Transformation geschafft haben zu einhundert Prozent erneuerbarer Energie."

Jamaika-Koalition will Terminal vorantreiben

Nur wenige Schritte entfernt von Kumbartzky liegt eine grüne Wiese. Dort soll das LNG-Terminal als Zwischenstation für das Erdgas hingebaut werden. Der Energieträger soll auch als Antriebsstoff für Schiffe oder den Schwerlastverkehr auf der Straße genutzt werden.
"Also, erstmal würde natürlich an der Elbkante die Pier entstehen, die sogenannte Jetty. Und hier im Landesinneren, auf der jetzigen noch grünen Wiese, wo rundherum natürlich schon viel Industrie ist, da entsteht dann eben auch das Lager für das Flüssiggas."
In Kiel regiert Kumbartzkys FDP gemeinsam mit der CDU und den Grünen in einem Jamaika-Bündnis. In ihrem Koalitionsvertrag 2017 hielten die drei Parteien fest, dass sie die Errichtung eines Terminals in Brunsbüttel vorantreiben wollen.

Norddeutsche Städte als Spielbälle der Geopolitik

Auch Stade und Wilhelmshaven – beide Städte liegen in Niedersachsen – sind als Standorte im Gespräch. Doch die entscheidenden Weichen werden dazu weder in Kiel noch in Hannover gestellt, sondern in Berlin, beziehungsweise in Washington. Die drei norddeutschen Städte sind zu Spielbällen der Geopolitik geworden.
Die Idee, in Deutschland die Infrastruktur für den Gasimport via Schiff zu stärken, gibt es schon seit vielen Jahren. Doch erst unter dem inzwischen abgewählten US-Präsidenten Donald Trump nahm die Planung für die LNG-Terminals in Stade, Brunsbüttel und Wilhelmshaven so richtig Fahrt auf.
Trump ging es dabei vor allem um die Kaufkraft der Deutschen: "The European Union wants to import more Liquefied Natural Gas, LNG from the United States. And they are going to be a very big, big buyers."

Washington besänftigen

Die Bundesregierung in Berlin erhoffte sich, durch den Kauf von US-amerikanischem Gas, nicht nur Strafzölle auf deutsche Autos zu verhindern, sondern auch Washington mit Blick auf das umstrittene Ostseepipeline-Projekt Nord Stream 2 zu besänftigen.
Der Deal scheint einfach: Deutschland kauft Gas aus den USA, das auf der anderen Seite des Atlantiks auf minus 160 Grad runtergekühlt und verflüssigt wird. Dann wird das Flüssigerdgas in riesige Tankschiffe gepumpt und über den Ozean Richtung Norddeutschland geschippert.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz – bekanntlich auch Kanzlerkandidat der SPD – soll Washington angeboten haben, die noch zu bauenden Flüssigerdgas-Terminals mit einer Milliarde Euro zu bezuschussen, wie im vergangenen Herbst bekannt wurde.

Es gibt genug Stimmen dagegen

"Also, so oder so durchgedrückt wird das Projekt auf jeden Fall nicht. Denn es gibt genug Stimmen, die dagegensprechen und auch genug Rechtliches, was dagegenspricht, dieses Projekt überhaupt zu realisieren", sagt James Leon Meyer. Der 26-Jährige engagiert sich in der Brunsbütteler Ortsgruppe von "Fridays For Future" seit langer Zeit auch gegen die Pläne für das LNG-Terminal hinterm Deich.
Natürlich sei das ganze Projekt ein Kuhhandel sagt Meyer: "Man möchte der USA ja gefallen und sich unabhängiger von Russland gestalten und von Nord Stream 2. Was ja eigentlich auch wieder nur ein Kuhhandel ist. Denn die ganze Energie, die hier rüber nach Deutschland kommen soll, das ganze Gas, wird im Enddefekt in der Zukunft gar nicht mehr benötigt, wenn wir richtig Energie sparen."

Klimaschädliches Methan im Erdgas

Tatsächlich gibt es schon heute 36 LNG-Terminals in Europa - zum Beispiel in Rotterdam, Bilbao oder im französischen Dünkirchen. Doch die Auslastung der Terminals war zuletzt niedrig. Und in den nächsten Jahrzehnten muss die EU die Nutzung von fossilen Energiequellen stark reduzieren, wenn sie die selbst gesteckten Klimaschutzziele erreichen will.
Meyer verweist auf den hohen Anteil des klimaschädlichen Methans, das im Erdgas enthalten ist. "Ich meine, es spricht ja dem entgegen, was wir erreichen müssen: das Pariser Klimaschutzabkommen von 1,5 Grad beispielsweise."
Noch vor wenigen Jahren war die Unterstützung für die Flüssigerdgas-Technologie größer. LNG wurde vielfach gepriesen als alternativer Antriebsstoff für die Schifffahrt, die noch immer größtenteils mit schmutzigem Diesel unterwegs ist. Dass sich der Blick geändert hat, könnte auch an neuen Forschungsergebnissen liegen.

Weltklimarat warnt

Isabell Braunger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Berlin. Sie beschäftigt sich dort vor allem mit den Themen Erdgasinfrastruktur und dem Kohleausstieg. "Es gab zunehmend beispielsweise in den USA Messungen, bei denen man geschaut hat, wie viel Methan gelangt eigentlich bei der Erdgasförderung in die Atmosphäre. Erdgas besteht zu einem Großteil aus Methan. Und Methan ist eben ein extrem klimaschädliches Gas, das auch noch dazu sehr kurzfristig wirkt."
Braunger verweist auf den Weltklimarat IPCC, der vor dem starken Treibhauspotenzial von Methan warnt. In den ersten 20 Jahren sei dieses Treibhauspotenzial bis zu 87-fach stärker als das von CO2, in den ersten 100 Jahren immer noch bis zu 36 Mal stärker, so der IPCC.

Keine Alternative zur Kohleenergie

"Methan entweicht nicht nur bei der Förderung in die Atmosphäre, sondern im gesamten Förderungsprozess und bei der Verteilung und beim Transport und so weiter. Erdgas ist und bleibt ein fossiler Energieträger. Das heißt also, bei der Verbrennung entsteht auch CO2. Das gelangt natürlich zusätzlich noch in die Atmosphäre."
Erdgasimporte seien daher keine echte Alternative zur Kohleenergie, von der sich die Bundesrepublik verabschieden will. Trotzdem trommeln die Landesregierungen in Kiel und Hannover seit Jahren für die Errichtung von Flüssigerdgas-Terminals an Elbe und Nordsee: mit starkem Rückenwind aus Berlin und mittendrin in der deutschen Energieaußenpolitik.
So habe das von Peter Altmaier (CDU) geführte Wirtschaftsministerium zu einer LNG-Konferenz ausschließlich US-amerikanische Firmen und Akteure eingeladen, obwohl es doch auch noch andere Staaten gibt, die ihr Flüssigerdgas gerne nach Deutschland verkaufen würden.

Kosten werden auf Gaskunden abgewälzt

"Und ein Ergebnis dieser Konferenz war eben, dass Peter Altmaier die Initiative ergriffen hat, um die Gasnetzzugangsregulierung zu ändern. Die Bundesnetzagentur hatte eigentlich auf Grundlage dieser Regulierung abgelehnt, dass die Anschlussleitungen für die Terminals auf die Gaskunden abgewälzt werden können – also die Kosten abgewälzt werden können. Durch die Änderung ist das jetzt möglich. Und das sind doch auch schon ordentliche Summen. Für alle Terminals würden da 800 Millionen Euro zusammenkommen, das ist nicht wenig."
Brunsbüttel liegt am südlichen Ende des Nord-Ostsee-Kanals, der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt.
Im Vordergrund ist die Bordwand der Kanalfähre auf dem Nord-Ostsee-Kanal zu sehen. Im Hintergrund die Schleusen von Brunsbüttel.
Blick von der Kanalfähre auf dem Nord-Ostsee-Kanal auf die Schleusen von Brunsbüttel.© Deutschlandradio / Johannes Kulms
Wer sich für Verkehrsinfrastruktur und Industriegeschichte interessiert, für den ist das Städtchen an der Elbmündung eine kleine Attraktion. Von der Kanalfähre aus lassen sich die riesigen Schleusenkammern erahnen, die die großen Pötte seit mehr als 100 Jahren in Richtung Nordsee und Ostsee passieren. Die Schleusenkammern in Brunsbüttel sind allerdings entsprechend marode, die Sanierung ist überfällig und verläuft schleppend. Die Kosten sind inzwischen auf mehr als eine Milliarde Euro aus dem Ruder gelaufen.

Bürgermeister denkt an Arbeitsplätze

Ein Ärgernis auch für Brunsbüttels Bürgermeister Martin Schmedtje (parteilos). Ganz anders blickt er dagegen auf das geplante Flüssigerdgasterminal in seiner Stadt: "Wir wollen dieses Terminal haben, weil es Arbeitsplätze sichert und neue schafft. Und es hilft perspektivisch auch, uns als Kommune die bestehende Infrastruktur dauerhaft weiter zu finanzieren. Und das LNG-Terminal ist eben vom Bund gewollt, vom Land gewollt und da sagen wir als Kommune 'Ja' und wir haben hier eben den passenden Standort."
Martin Schmedtje steht neben seinem Schreibtisch in seinem Büro.
Martin Schmedtje, Brunsbüttels parteiloser Bürgermeister setzt sich für das Terminal ein.© Deutschlandradio / Johannes Kulms
Der parteilose Bürgermeister weiß, dass die Stadt wirtschaftlich aber auch industriell ein Leuchtturm ist im strukturschwachen Landkreis Dithmarschen. In Brunsbüttel konzentrieren sich seit Jahrzehnten tausende gut bezahlte Industriejobs. Hier gibt es nicht nur das inzwischen stillgelegte Kernkraftwerk, sondern auch den Chemiepark, die Raffinerie oder eine Sondermüllverbrennungsanlage. Das Industriegebiet der Stadt sei das größte in Schleswig-Holstein, sagt Schmedtje.
"Dieses Industriegebiet ist hier in den 70er Jahren aus dem Boden gestampft worden: 2000 Hektar und wir haben eben noch Fläche im Angebot, so um und bei 450 bis 500 Hektar. Wir leben gut mit dem Industriegebiet, aber wir leben auch sehr gut von dem Industriegebiet. Unser Haushalt und den Lebensstandard, die Infrastruktur, die wir uns als Kommune hier leisten, die können wir uns eben nur leisten, weil wir beständig gute Gewerbesteuerzahlungen verzeichnen können."

Umwelthilfe kritisiert Standort

Kritiker lehnen aber gerade auch wegen der zahlreichen Industrieanlagen Brunsbüttel als Standort für ein LNG-Terminal ab. Die Deutsche Umwelthilfe wirft der Stadtpolitik vor, bei der Änderung des Bebauungsplans für den geplanten Terminal-Standort die Gefahren des Kernkraftwerks nicht ausreichend zu berücksichtigen.
Das AKW ist zwar schon lange außer Betrieb, doch für viele Jahre oder sogar Jahrzehnte werden auf dem Gelände noch die ausrangierten Brennelemente und weitere radioaktive Materialien gelagert, eh ein Endlager gefunden ist beziehungsweise Schacht Konrad für die Aufnahme bereitsteht. Brunsbüttels Bürgermeister Schmedtje bleibt gelassen und verweist auf das Planfeststellungsverfahren, das die Terminal-Projektgesellschaft German LNG womöglich in wenigen Wochen beantragen könnte.
"Wer die Genehmigungsverfahren in Deutschland kennt und die Möglichkeiten, dort seine Bedenken und Anregungen geltend zu machen, der weiß auch, dass dort alle Bedenken berücksichtigt werden. Und selbst, wenn man irgendwann einen Planfeststellungsbeschluss hat, kann man dagegen auch noch Rechtsmittel einlegen und den Klageweg beschreiten. Also, ich vertraue da voll und ganz unserer Genehmigungspraxis."

Noch viel Überzeugungsarbeit nötig

Noch ein Argument wird von den Befürwortern des Projektes immer wieder genannt: Das geplante Terminal in Brunsbüttel soll nicht nur die Möglichkeit haben, Flüssigerdgaslieferungen anzunehmen, sondern eines Tages auch Eingangstor für Wasserstoffimporte werden, mit denen der Abschied von den fossilen Energien flankiert werden soll.
Der Landwirt Henning Kleinwort steht vor einem Backsteingebäude mit einem grünen Scheunentor.
Henning Kleinwort ist Landwirt und sorgt sich, dass die Gaspipeline die fruchtbaren Böden ruiniert.© Deutschlandradio / Johannes Kulms
Doch damit das gelingt, muss nicht nur in Brunsbüttel für das Terminal die Planung klappen. Sondern auch knappe 50 Kilometer elbaufwärts noch einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden - zum Beispiel bei Henning Kleinwort. Er führt in Moorrege vor den Toren Hamburgs einen Hof in achter Generation und vermietet die Boxen in seinen Ställen an Pferdebesitzer.
"Wir haben eigentlich nur die Pferdehaltung. Dazu gehört natürlich noch die ganze Futterproduktion - also Heuwerbung, Strohwerbung, das machen wir alles noch selbst. Aber so ackerbaumäßig machen wir sonst eigentlich nichts mehr."

Landwirt befürchtet Schäden

Die Pläne für ein LNG-Terminal sehen auch die Errichtung einer 55 Kilometer langen Gaspipeline von Brunsbüttel in den Kreis Pinneberg vor. Die Rohre könnten direkt unter Kleinworts Landflächen entlangführen.
"Diese Leitung ist ja nun kein kleines Rohr. Das ist eine 80 Zentimeter dicke Leitung, die mit einem Meter Erdbedeckung verbuddelt wird. Das heißt, da werden Löcher gemacht, drei Meter tief. Die wird in offener Baugrube zusammengeschweißt und dort eingegraben. Die ganze Bodenstruktur wird komplett einmal umgekrempelt, die ganze Drainage. Ob das dann noch hinterher funktioniert, bezweifele ich auch stark.
Und ob das überhaupt erforderlich ist. Warum muss man die quer durch irgendwelche landwirtschaftlichen Nutzflächen machen? Wo die Bauern letztendlich von leben wollen? Die hinterher wahrscheinlich nicht wieder so sind wie vorher?"

Rohre durch Naturschutzflächen

Henning Kleinwort ist kein Träumer. Er scheint pragmatisch, auch was das Thema Energieerzeugung angeht. Es sei doch einfacher, russisches Erdgas nach Deutschland zu importieren. Anstatt es in den USA auch durch Fracking zu fördern und dann nach Europa zu schippern, meint Kleinwort.
Sollte das LNG-Terminal und damit auch die Pipeline am Ende gebaut werden, wäre es für den 57-Jährigen auch denkbar, die Rohre durch Naturschutzflächen zu verlegen. Die seien doch oftmals in staatlicher Hand. Und würden anders als die landwirtschaftlichen Flächen nicht zur Nahrungsmittelproduktion genutzt.
"Und wir zerstören letztendlich Produktionsflächen, die hinterher nicht wieder so sein werden wie sie waren. Dann kann man auch durch ein Naturschutzgebiet gehen. Da ist es ja nicht so entscheidend, dass da hinterher wieder Getreide drauf wächst oder dass man da was produzieren kann."

Drohung mit der Polizei

In den letzten Monaten haben die Pipeline-Planer an viele Hoftüren geklopft. Nicht immer wurde ihnen aufgemacht. Auch Henning Kleinwort hat sich gegen die Erkundungsbohrungen auf seinem Land gewehrt. Am Ende gab es eine Anordnung durch das Umweltministerium in Kiel und die Drohung mit der Polizei. Kleinwort gab nach und ließ die Bohrtrupps machen.
Von deren Arbeit kündet heute noch eine zwei mal drei Meter große Fläche aus hellem Sand. 30 Meter tief sei hier gebohrt worden, sagt der Landwirt und lässt den Blick über den platten Marschboden schweifen.
"Ja, das ist eigentlich ein sehr guter Boden, da wächst auch ziemlich viel drauf. Die Feuchtigkeit wird gut gehalten in dem Boden. Und wir liegen unter dem Meeresspiegel hier, das ist relativ tief."

Rendezvous mit der Globalisierung

Mit einem aufwendigen Netz aus Kanälen, Gräben und Drainagen haben die Menschen hier im Marschland gelernt, mit der unmittelbaren Nähe zur Elbe zu leben und die Böden zu nutzen. Nicht nur Henning Kleinwort fürchtet, dass eine hierdurch verlaufene Gaspipeline alles durcheinanderbringen könnte.
Wenn sie käme, wäre das ein Rendezvous mit der Globalisierung auf norddeutschem Boden. Hat er sich jemals als Teil von etwas Größerem gefühlt, vielleicht sogar von Geschichte, die hier womöglich gerade geschrieben wird? Kleinwort schüttelt mit dem Kopf. "Nee, so habe ich das eigentlich noch nie gesehen. Das wird ja auch alles verbuddelt, da sieht man nichts mehr von der Geschichte. Das könnten dann nachher nur Altlasten werden, wenn das dann keiner mehr braucht. Das ist für mich nicht so das geschichtsträchtige Ding."

Die Hoffnungen der Grünen

Für die Grünen in Schleswig-Holstein scheint das Projekt inzwischen peinlich. Beim jüngsten Landesparteitag im November sprachen die in Kiel mitregierenden Grünen sich gegen das LNG-Terminal in Brunsbüttel aus, dass sie 2017 noch im Koalitionsvertrag mit CDU und FDP mitgetragen hatten.
Bis zur nächsten Landtagswahl in Schleswig-Holstein ist es noch ein knappes Jahr, solange zumindest dürfte die Fraktion stillhalten. Und versuchen, die Terminalpläne 2022 dann prominenter zu bekämpfen. Vielleicht hoffen die Grünen von der Waterkant auch, dass sich das Thema von selbst erledigt - und am Ende gar keine LNG-Terminals in Norddeutschland gebaut werden.
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