Roxane Gay: "Schwierige Frauen"

Ausweg in gewalttätigem Sex

04:59 Minuten
Cover zu "Schwierige Frauen" von Roxane Gay
© Penguin Random House

Roxana Gay

Übersetzt von Anne Spielmann

Schwierige Frauenbtb, München 2021

320 Seiten

20,00 Euro

Von Sonja Hartl · 27.11.2021
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Die US-amerikanische Feministin Roxane Gay versammelt in „Schwierige Frauen“ 21 Geschichten über traumatisierte Frauen, die Gewalt, Missbrauch und Rassismus ausgesetzt sind und einen Weg suchen, damit zu leben.
„Schwierige Frauen“ – so ist nicht nur in der Titelgeschichte von Roxane Gays Kurzgeschichtensammlung zu erfahren – sind Frauen, die Sex mögen oder nicht mögen. Die kein Kind wollen oder eines verloren haben. Die in einer Bar Alkohol trinken, die nachts ein Taxi rufen und nicht zu Fuß gehen wollen. Es sind einsame und verletzte Frauen, es sind Frauen, die Verlust, Schmerz und Gewalt erfahren haben; es sind Frauen, die schlichtweg ein Leben haben.

Biographische Parallelen

Die US-amerikanische Autorin und Feministin Roxane Gay ist insbesondere durch ihr Memoir „Hunger“ und die Essaysammlung „Bad Feminist“ bekannt geworden und in ihren zuvor bereits in verschiedenen Magazinen veröffentlichten Kurzgeschichten trifft man auf bekannte Themen und biographische Parallelen. Vor allem in der Abschlussgeschichte „Fremde Götter“ erinnert die Schilderung der Vergewaltigung der jungen Hauptfigur schmerzhaft genau an Gays Memoir.

Trauma der Gruppenvergewaltigung

Auch ohne die Grundierung in der Biografie wäre diese Geschichte überzeugend und gut; durch sie erhält sie eine weitere Dimension. Hier gelingt Gay eine überzeugende Psychologie der Hauptfigur, die durch harten Sex mit dem Trauma der Gruppenvergewaltigung umzugehen versucht. Das ist ein wiederkehrendes Verhaltensmuster der schwierigen und durchweg traumatisierten Frauen in diesem Buch: Fast alle suchen einen Ausweg in gewalttätigem Sex und noch mehr Schmerzen.
Doch die häufige Wiederkehr dieses Motivs tritt fast eine Gewöhnung an diese Art der Traumabewältigung ein, insbesondere in den schwächeren Geschichten. So gut Gay in ihren ersten Sätzen ist, so schwach ist bisweilen das Ende. Manchmal neigen die Dialoge dazu, allzu deutlich die inneren Beweggründe der Figuren auszuformulieren. Manche Sätze klingen aufgrund ihrer Derbheit insbesondere in den Sex-Szenen eher nach einem mäßigen erotischen Roman.

Sprachbilder für Einsamkeit und Schmerz

Jedoch ist genau diese knallharte und ungeschönte Direktheit, die den guten Geschichten – insbesondere „Im Norden“, „Ganz und gar zerbrechen“ und „Fremde Götter“ – eine brutal schöne Virtuosität verleiht. Gay findet erstaunliche Sprachbilder für Einsamkeit und Schmerz, insbesondere den Schmerz über den Verlust eines (ungeborenen) Kindes. Es sind diese Geschichten, die sehr deutlich machen, dass es für eine Frau schon ausreicht, einfach nur eine Frau zu sein, um als schwierig zu gelten. Und dass es nur eine Gruppe gibt, die niemals als schwierig gelten wird: die der toten Mädchen.

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