Gastfreundschaft mal anders

Von Hannelore Heider · 04.01.2012
Er ist mürrisch, verbohrt, ein Einzelgänger: der Argentinier Roberto. Bis eines Tages der Chinese Jun in sein Leben tritt - und Roberto ihn einfach nicht mehr los wird. "Chinese zum Mitnehmen" ist die erfolgreichste Latino-Produktion des vergangenen Kinojahres.
Nach dem großartigen Erfolg des argentinischen Filmdramas "In ihren Augen", das 2010 den Auslandsoscar bekam, spielt Argentiniens Superstar Ricardo Darin diesmal die Hauptrolle in einer Komödie, die leise und sensibel die multikulturelle Gesellschaft Argentiniens spiegelt. Der Film ist die erfolgreichste Latino-Produktion des vergangenen Kinojahres und das mit zwei introvertierten Helden, von denen der eine, der Chinese Jun, im ganzen Film nicht ein Wort Spanisch spricht.

Wir lernen ihn in der verblüffenden, quietschbunten Eingangssequenz kennen, in der er auf einem Boot in malerischer chinesischer Flusslandschaft seiner Liebsten einen Heiratsantrag machen will. Doch vor der Ausführung, fällt eine Kuh vom Himmel und versenkt Boot und Frau.

Das ist genau eine der skurrilen Nachrichten aus aller Welt, die der eigenbrötlerische Eisenwarenhändler Roberto (Ricardo Darín) Tag für Tag aus der Zeitung ausschneidet wie zum Beweis für die Sinnlosigkeit des Lebens, an dem er schon lange nicht mehr teilnimmt, auch wenn er sich in wirklich komischen Sequenzen selbst in die Rolle dieser Unglücksraben imaginiert. Akribisch zählt er Tag für Tag die Schrauben in seinem Laden, lässt sich von seinem Ladennachbarn die alten Zeitungen bringen und fühlt sich von allem belästigt, was diese Routine unterbrechen könnte.

Deshalb ist es für den verschlossenen Mann der Supergau, als er einen hilflosen Ausländer am Straßenrand aufgabelt. Die Polizei fühlt sich für den Mann so wenig zuständig wie die chinesische Botschaft, er wird Jun, der nach dem Unglück in China seinen Onkel in Argentinien sucht, einfach nicht mehr los.

Schritt für Schritt vollzieht der Film mit uns die Annäherung der beiden sich so fremden Männer. Roberto gewährt Jun Obdach, er zieht mit ihm ins Chinesenviertel der Stadt, um Übersetzungshilfe zu bekommen und so wird ausgerechnet ein China-Imbiss zum ersten Ausflug in die Welt, für Roberto fast eine Weltreise. Auch Mari (Muriel Santa Ana), deren Liebe Roberto immer ignoriert hat, findet als willkommene Hilfe nun Eingang in sein Leben.

Die Geschichte ist sicher so originell nicht, aber die so liebenswerte wie auch absurd komische Art, in der sie uns erzählt wird, und vor allem die wunderbaren Darsteller machen sie zum Erlebnis.

Argentinien / Spanien 2011. Originaltitel: Un cuento chino. Regie: Sebastián Borensztein. Darsteller: Ricardo Darín, Ignacio Huang, Muriel Santa Ana, Pablo Seijo, Iván Romanelli, Vivian El Jaber, Enric Rodríguez. 93 Minuten, ab 12 Jahren.

Filmhomepage "Chinese zum Mitnehmen"
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