Galuppi & Goldoni

Die Geburt der modernen Opera buffa

28:43 Minuten
Figuren der Commedia dell arte haben sich in ihren typischen Kostümen und mit ihren Masken zu einem Tanz zusammen gefunden.
Der Stoff, aus dem Goldoni seine Erfolge schöpfte: die Commedia dell arte. Hier in einem Gemälde von Giovanni Tiepolo (1756). © imago images / Photo12 / Ann Ronan Picture Library / ARP17A06360
Von Matthias Kaether · 07.10.2020
Anfang 1749 trafen sich in Venedig zwei Legenden zu einer Arbeitsbesprechung – der erfolgreiche Opernkomponist Baldassare Galuppi und der beliebte Komödiendichter Carlo Goldoni. Gemeinsam stellen sie die komische Oper neu auf - mit durchschlagendem Erfolg.
Carlo Goldoni und Baldassare Galuppi - sie sind eigentlich alte Freunde, die in jungen Jahren für ein einmaliges Projekt zusammengekommen waren. Schon 1740 haben die beiden bei einem, allerdings ganz ernsten, Opernprojekt gemeinsam gearbeitet, bei "Gustavo Primo" ("Gustav der Erste").
Beiden hatten Spaß an der gemeinsamen Arbeit und konnte den berühmten Dramatiker Goldoni zum Galuppi-Fan bekehren, der völlig verblüfft darüber war, wie schön seine Verse in Galuppis Vertonung klangen.

Wiener Enge

Als sich Galuppi und Goldoni dann 1749 in Venedig treffen, sind sie schon weltberühmte Männer. Doch Galuppis Karriere ist nach einem Skandal bei einem Gastauftrag in Wien leicht ins Stocken geraten. Er war für den steifen Wiener Hof zu forsch. Seine ernsten Opern erscheinen zu radikal. Das führt beinahe zum Bruch mit dem weltberühmten Opernlibrettisten Pietro Metastasio, mit dem er ausgezeichnet ausgekommen war.
Die Statue von Baldassare Galuppi, die vor den bunten Häusern von Burano steht, hält einen Stift und ein Buch in den Händen.
Das Denkmal von Baldassare Galuppi auf der Insel Buranello auf der Piazza Galuppi in Burano, unweit von Venedig.© imago images / imagebroker / Bahnmüller
Doch Galuppis Wunsch, der Musik mehr Autonomie in der Oper verleihen zu können, erbost den wortgewandten Metastasio. Gewichtigere Orchestrierung, neue sinfonische Ansätze und stärkere musikalische Charakterisierung der dramatischen Situation lenken nach Meinung von Metastasio von seinen herrlichen Versen und dem Ziergesang der Kastraten und Primadonnen ab.

Treffen sich zwei Freunde

Das Korsett der Opera seria wird Galuppi also zu eng. Zu diesem Zeitpunkt ist er 43 Jahre alt und auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Er möchte sich austoben, ohne ständig an Formeln und Konventionen zu denken. Als er 1749 nach der Rückkehr aus Wien in Venedig auf Goldoni trifft, begegnet er keinem eitlen Hofpoeten, sondern eben einem alten Freund.
Lächelnde Statue mit Hut und Spazierstock vor den typisch venezianischen Häusern.
Ein lachender Carlo Goldoni steht auf dem Campo San Bartolomeo in Venedig.© imago images / Arnulf Hettrich
Goldoni und Galuppi lassen nun einen komischen Versuchsballon starten: "L'arcardia in Brenta". Sie landen einen Coup: als im Mai 1749 die Uraufführung stattfindet, ist das Publikum begeistert - was wohl eher dem VIP-Charakter des Events geschuldet ist, wie man heute sagen würde. Schließlich hat sich Venedigs beliebtester Opernkomponist mit dem Stardramatiker Italiens zusammengefunden, um eine komische Opern zu kreieren. Was für ein Aufsehen!

Gelungener Start bringt guten Flow

Textdichter Goldoni holt die komische Oper als erfahrener realistischer Dramatiker endgültig aus der Mottenkiste, entstaubt sie und setzt reale, plastische Figuren aus dem Bürgertum auf die Bühne. Und Galuppi schafft eine Musiksprache, die in vielen Details Mozart schon um 40 Jahre vorwegnimmt.
Unter anderem entstehen die beiden ersten Science-Fiction-Opern der Welt: "Il Mondo della Luna" ("Die Welt auf dem Monde") und "Il mondo alla roversa, ossia Le Donne che comandano" ("Die verkehrte Welt, oder Die Frauen an der Macht").
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