Galerie Futura

Feministisches Kuratieren − was heißt das?

Plakatmotiv der Ausstellung "Futuristan" in der Berliner Galerie Futura
Plakatmotiv der Ausstellung "Futuristan" in der Berliner Galerie Futura © Foto: Galerie Futura
Von Azadê Peşmen  · 08.08.2016
Frauen sind häufig auf Bildern, selten aber als Urheberinnen eines Kunstwerkes sichtbar. Damit sich das ändert, schafft die Galerie Futura in Berlin Platz und Raum für Künstlerinnen. Seit 30 Jahren wird dort feministisch kuratiert.
Pinke Silhouetten auf einem weißen Hintergrund und schwarze Knüppel, die über den Bildschirm wandern. Die Künstlerin Anna von Holleben bildet in ihrem Video die "Gulabi Gang" ab, eine Gruppe indischer Frauen, die gegen sexualisierte Gewalt, Korruption und soziale Ungleichheit kämpfen. Die Selbstermächtigung von Frauen ist ein wiederkehrendes Motiv der Ausstellung "Futuristan" in Berlin, mit der die Galeria Futura ihr 30-jähriges Jubiläum feiert. Gemeinsam mit Dorothea Nold leitet Katharina Koch diesen Kunstraum, der feministisch kuratiert. Und was heißt das konkret?
"Auf der einen Seite das Wie des Zusammenarbeitens. Also was heißt es eigentlich, auf einer nicht-hierarchischen Ebene zusammenzuarbeiten, was heißt Kollektivität. Wir sind schon die beiden, die den Kunstraum leiten, wir laden Künstlerinnen ein, Künstlerinnen kommen zu uns und wir entwickeln dann gemeinsam Projekte. Zum feministischen Kuratieren gehört für mich auch immer eine Reflektion darüber, dass man auch immer Ausschlüsse produziert, mit dem was man macht, damit reflektierend umzugehen ist 'ne Form, die man als feministisch betrachten kann."

Gegen die Logik der Profitmaximierung

Diese Art der Reflektion kann auch humorvoll ablaufen. Die Künstlerin Anette Hollywood hat sich in einem Film mit dem Machtgefälle und den Rollenverteilungen im Kunstbetrieb beschäftigt. Damit sie es sich leisten kann, kritische Kunst zu machen, finanziert sie sich diese dadurch, auch banalere, kommerziellere Werke zu produzieren. Unter diesen massentauglicheren Bildern steht allerdings nicht ihr Name, sondern der eines männlichen Künstlers. Die Logik der Profitmaximierung steht bei Anette Hollywood aber nicht an oberster Stelle:
"Also ich mache das nicht, in erster Linie um eine Gewinnerzielung herzustellen, auch wenn das so gefordert wird im Berufsleben. Für mich ist das eine sehr ideelle Sache, Künstlerin zu sein und Kunst zu machen, und ich gucke dann natürlich immer, dass ich mir Freiräume schaffe, damit ich das finanzieren und ausleben kann."
Diejenigen, die sich auf dem Kunstmarkt behaupten können, sind nach wie vor größtenteils Männer. Ihre Werke sind nicht nur teurer, sondern hängen auch häufiger in größeren Institutionen. Laut einer Studie des Instituts für Strategieentwicklung stammen ein Viertel der ausgestellten Werke von Frauen. Auch wenn es immer mehr weibliche Absolventinnen an Kunsthochschulen gibt, sichtbar sind sie kaum. Das ist mit ein Grund, warum Orte wie die Galerie Futura notwendig sind, findet Projektleiterin Katharina Koch:
"Und das ist natürlich auch eine Form von Anliegen, dass wir mit unserem Raum verfolgen, hier eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen und Frauen als Künstlerinnen Präsentationsfläche zu bieten und eine Sichtbarkeit zu schaffen mit ihren Themen."

Verborgenes Wissen und Randthemen

Diese Themen drehen sich nicht nur um die Gleichberechtigung aller Geschlechter, sondern auch um Lücken in der Geschichtsschreibung. Um verborgenes Wissen, dass die Künstlerin Nathalie Anguezomo Mba Bikoro hervorholt. In der Ausstellung Futura spürt sie in der Audio-Installation Halfmoon Camp den 8000 Kriegsgefangenen aus französischen und britischen Kolonien nach, die zwischen 1914 und 1918 festgehalten wurden. Von dem ehemaligen Kolonialgefängnis ist heute nichts mehr zu sehen.
Ausstellungen, die diesen Randthemen einen Raum geben, sind im regulären Kunstbetrieb eher in der Unterzahl. Die Frage, wie man diese Verhältnisse nachhaltig ändern kann, stellt sich die Projektleiterin Dorothea Nold und hat im Sinne des Ausstellungstitel "Futuristan" auch eine Antwort für die Zukunft:
"Ist es nicht vielleicht einfacher, ein Gegenangebot zu machen, sich die eigenen Räume zu schaffen, wir haben ja jetzt einen eigenen Raum und haben da eine Veränderung in den eignen vier Wänden gebracht, wie sich das langfristig ändern kann, durch Beharrlichkeit denke ich, also das immer wieder thematisieren."
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