Gabriel zum Ende des SPD-Parteitags

Gemeinsam kämpfen, nicht gegeneinander

Sigmar Gabriel geht am 12.12.2015 beim Bundesparteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) in Berlin nach seinen Abschlussworten vom Rednerpult.
Sigmar Gabriel, SPD-Bundesvorsitzender und Wirtschaftsminister, geht am 12.12.2015 beim Bundesparteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) in Berlin nach seinen Abschlussworten vom Rednerpult. © picture alliance / dpa / Kay Nietfeld
Von Dirk-Oliver Heckmann · 12.12.2015
Der Dämpfer bei der Wiederwahl Sigmar Gabriels zum SPD-Parteichef war deutlich. Eine weitere Niederlage ist Gabriel bei der TTIP-Abstimmung zwar erspart geblieben. Doch die Parteilinke sieht ihn nach dem Ende des Parteitags vor einer großen Herausforderung.
Lied-Ausschnitt: "Wann wir schreiten Seit' an Seit'..."
Traditionell stimmen die Sozialdemokraten das alte Bergmannslied zum Abschluss ihrer Parteitage an – selten aber dürfte Sigmar Gabriel den Text des Liedes mit gemischteren Gefühlen gesungen haben. "Wann wir schreiten Seit' an Seit'" – diese Zeile trifft spätestens seit gestern nur eingeschränkt zu: Immerhin ein Viertel der Delegierten hatte ihm bei seiner Wiederwahl gestern die Gefolgschaft verweigert.
Ein Grund, neben anderen: Der verbreitete Unmut der Basis in Sachen Freihandelsabkommen. Gabriel will dieses Abkommen – und seine Kritiker argwöhnen, er wolle die in Europa geltenden Schutznormen preisgeben. In mehreren Anträgen war deshalb gefordert worden, die Verhandlungen mit den USA umgehend auszusetzen. Eine weitere Abstimmungsniederlage ist Gabriel aber erspart geblieben – womöglich aber auch nur, weil der Antrag des Parteivorstands auf Druck der Parteilinken noch einmal umgeschrieben wurde.
Vorwurf der Jusos zurückgewiesen
Die auf dem Parteikonvent beschlossenen "roten Linien" wurden noch einmal ausdrücklich bekräftig. Europäische Schutzstandards dürfen also nicht abgesenkt werden. Am Ende müssen die Parlamente entscheiden. Und: Es darf keine privaten Schiedsgerichte geben.
Der Partei-Linke Ralf Stegner, der den Antrag zu TTIP einbrachte, wies den auch gestern erhobenen Vorwurf etwa der Jungsozialisten zurück, wonach die Parteiführung in Sachen TTIP so spreche und anders handle. Auch Sigmar Gabriel schaltete sich in die Debatte ein, rief dazu auf, sich klar zur Regierungsfähigkeit zu bekennen, und zitierte aus der eigenen Beschlussvorlage:
"Wenn die Ergebnisse der Gespräche und Verhandlungen vorliegen werden wir diese im Austausch mit unseren europäischen Schwesterparteien bewerten und auf einem erneuen SPD-Konvent oder Bundesparteitag entscheiden, ob sie in ihrer Gesamtschau unseren Anforderungen entsprechen, und also die Zustimmung der SDP erlauben. - Sag mal, was sollen wir denn nun noch beschließen? Was sollen wir denn nun noch beschließen."
Sigmar Gabriel antwortet auf seine Weise
Was bleibt vom SPD-Parteitag in Berlin? Ist sie zufrieden, dass Gabriel ein ordentlicher Denkzettel mitgegeben wurde? Eine gewisse Genugtuung kann die Parteilinke Hilde Mattheis kaum verbergen:
"Ich weiß nicht, ob man das mit Zufrieden kommentieren kann. Das halte ich für ein ehrliches Ergebnis. Sigmar Gabriel, glaube ich, steht jetzt vor der Herausforderung, eben auch zu sagen: Ja, ich will diese 25 Prozent wieder gewinnen, dass die da mitmachen. Und das kann man ausschließlich über Inhalte."
Und wie genau? Da hat Hilde Mattheis eine längere Agenda:
"Wir haben viele Themen vor uns. Das ist in meinen Augen auch das Thema Steuergerechtigkeit, wie immer man das auslegt. Da gibt es viele Themen."
Sigmar Gabriel antwortete auf seine Weise:
"Lasst uns dafür sorgen, dass wir nicht auf der einen oder anderen Seite in Rigorosität und Selbstzufriedenheit stehen bleiben. Sondern dass es eine gemeinsame Sozialdemokratie gibt, die einander achtet, die auch mal unterschiedliche Positionen austrägt, die auch mal Wahlen so entscheiden kann, wie Sie sie entschieden haben. Aber die am Ende des Tages für die gemeinsame Sache kämpft, und nicht gegeneinander. Glück auf, frohe Weihnachten und guten Rutsch ins Neue Jahr!"
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