Fußballprojekt "Fair Friends"

Respekt gibt Extra-Punkte

Grundschüler warten am Rande des Spielfelds auf Spielbeginn. Ein maskiertes Maskottchen steht ihnen bei.
Gleich geht's los - die "russische" Mannschaft wartet auf den Anpfiff © Wolf-Sören Treusch / Deutschlandradio
Von Wolf-Sören Treusch  · 10.06.2018
Kurz vor Anpfiff der Fußball-WM 2018 treffen in Stettin auch deutsche und polnische Grundschüler auf dem Bolzplatz aufeinander: Die Initiative "Fair Friends" macht es möglich. Beim freundschaftlichen Kicken werden auch Vorurteile abgebaut.
Ein Sportplatz am nördlichen Stadtrand von Stettin, dort, wo graue Industriegebäude entlang der Oder in saftiges Grün übergehen. 16 Grundschul-Mannschaften aus Stettin und Berlin spielen die ersten vier Vorrundengruppen der Fußball-WM nach. Mit dabei: eine Klasse der Pettenkofer-Grundschule aus dem Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Die Aufregung vor dem ersten Spiel ist groß, letzte Anweisungen werden gegeben:
"… und wenn der Torwart gewechselt wird, muss der auch das Leibchen schnell wechseln. Eher in der Halbzeit wahrscheinlich."

Lernziel Fairness

Die Kinder der Pettenkofer-Grundschule vertreten Russland. Und bestreiten ihr erstes Spiel gegen Saudi-Arabien, eine Grundschulmannschaft aus Stettin. Wie das Eröffnungsspiel bei der echten WM.
Schnell geht Russland in Führung. Doch eigentlich ist das Ergebnis Nebensache. Was zählt, sind Fairplay, Respekt, Ehrlichkeit. Dafür gibt es Extrapunkte. Wer flucht oder grätscht, fliegt vom Platz. Jede Mannschaft spielt zu viert: zwei Jungen, zwei Mädchen. Ein halbes Jahr lang hätten sie sich im Sportunterricht nur auf dieses Turnier vorbereitet, erzählt Lehrerin Constanze Rohmann.
"Es ist eine große Chance für die Gruppe, Jungens und Mädchen, auch untereinander fair zu spielen. Das heißt: abzugeben, sich auszuwechseln, so dass jeder mal zum Zuge kommt, abzuspielen im Spiel. Das ist auch ganz wichtig, das zu lernen, weil: Es gibt ja immer so Alphatiere, die gern den Ball annehmen, dann durchziehen, aufs Tor schießen, und der Rest der Mannschaft guckt in die Röhre. Und es wurde richtig trainiert, und es hat auch sehr großen Effekt gehabt."

Basteln beim Bildungsprojekt

Fairfriends ist nicht nur ein Fußball-, es ist auch ein Bildungsprojekt. Deshalb stand im Vorfeld des Turniers mehr als nur der Ball im Mittelpunkt des Unterrichts.
"Wir haben uns mit dem Land Russland sehr lange beschäftigt", sagt Julius. Und Jonas ergänzt: "Und auch im Unterricht gebastelt, geklebt, recherchiert, wie es aussieht und alles."
‚Discover the world’ – entdecke die Welt, lautete der Auftrag. 16 Länderpavillons sind dabei herausgekommen. Neben dem Sportplatz sind sie aufgebaut. Julius beschreibt den eigenen, den russischen:
"Wir haben eine große Flagge gemalt, ein Hintergrundbild, ein Wurfspiel aus einer Matrjuschka. Und wir haben die Transsibirische Eisenbahn versucht nachzubauen."
Und der Kreml aus Pappmaché ist selbstverständlich auch noch dabei.

Deutsch-polnische Begegnung mit Händen, Füßen und Lächeln

Und wie denken die Berliner Grundschüler über die Kinder der polnischen Partnerklasse?
Nova findet sie "ganz nett eigentlich. Sehr nett und hilfsbereit." Jonas stimmt dem zu: "Bloß das Verständigen ist manchmal schwierig." Und Nova meint: "Man kann sich schnell mit ihnen befreunden. Englisch oder Handzeichen."
Was auch die Lehrerin bestätigt: "Die polnischen Kinder können ein bisschen deutsch, wir können gar kein polnisch, beide Klassen können ein bisschen englisch, am besten geht es mit Händen und Füßen und Lächeln."


Seit 2012 gibt es das grenzüberschreitende Fußballbildungsprojekt. Die Lehrerin Gosia von der Grundschule Nummer 13 aus Stettin ist zum dritten Mal dabei:
Faire Regeln bei Fair Friends.
Faire Regeln bei Fair Friends. © Wolf-Sören Treusch
"Ist sehr gut, ja. Die Kinder, polnische Kinder, deutsche Kinder können sich besser kennen lernen, und wir können auch den Kindern zeigen: Deutsche Realität ist nicht immer so wie man liest oder wie man hört, ja."

Abbau von Klischeevorstellungen

Peter Wissmann, einer der Berliner Organisatoren von Fairfriends, gefällt, dass die Schüler mit einem besonders gängigen Klischee aufräumen.
"Also, dass die Polen klauen würden, das ist ja ein klassisches Vorurteil. Und das hört man gelegentlich immer noch, das ist natürlich dann kein Thema mehr, wenn die Leute sich dann treffen."
Julius pflichtet bei: "Man sagt ja immer, die Polen klauen, da gibt’s auch ganz viele böse Witze, aber das stimmt einfach nicht und so."
Für die Schüler der Pettenkofer-Grundschule hat sich der Besuch in Stettin gelohnt. Sie haben nette Menschen kennen gelernt, neue Einblicke in fremde Welten erhalten – und überlegen alle drei Vorrundenspiele gewonnen. Das Finalturnier in Berlin kann kommen.
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