Fussball-WM

Unangenehm viele Tore

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Oktopus "Kleiner Paul" in Oberhausen sagt bei diesem "Okrakel" einen deutschen Sieg im WM-Finale voraus. © dpa / picture alliance / Roland Weihrauch
Von Klaus Pokatzky · 12.07.2014
Jetzt nehmen die Brasilianer für ihr Fußballteam jeden Deutschen, vor allem einen aus Bochum. Die Bewerbung geht per E-Mail raus, so machen's ja auch die hiesigen Spione.
Gucken Sie morgen Fußball? Ich nicht. Das ist ja alles so langweilig geworden. Der Sieger steht doch jetzt schon fersenfest. Ob wir die Argentinier nun Sieben zu Eins oder Zwölf zu Zwei schlagen – das ist doch völlig egal. Einer unserer teutonischen Treter hat ja im Interview gesagt, nach dem Fünf zu Null und dem Sechs zu Null gegen Brasilien war es irgendwie auch etwas unangenehm für ihn. Genau. Und jetzt am Sonntag haben wir ganz Brasilien hinter uns: das Stadion in Rio de Janeiro wird für Deutschland wackeln. Die Brasilianer haben ja zu den Argentiniern dasselbe Verhältnis wie wir Bochumer zu den Dortmundern – nämlich gar keines – und so wie wir Bochumer in einem Spiel Schalke gegen Borussia immer für die Gelsenkirchener sein werden, müssen die Brasilianer nun einfach für uns sein. Die einzige, die hin und her gerissen sein wird, ist die arme Königin Maxima der Niederlande. Die ist ja geborene Argentinierin – aber immerhin Königin eines deutschen Landes, wenn wir mal in den Grenzen von 1647 denken. Und da muss sie ja wohl auch irgendwie für uns sein. Aber ich gucke mir das am Sonntag ja sowieso nicht an; weil es eben zu langweilig ist. Unangenehm eben. Und im Radio höre ich es mir sowieso nicht an, weil die Reporter da uns ja mehr über die Frisuren und die Schuhfarben der Spieler erzählen als über die Tore. Es sei denn, wir spielen; da fallen eben so viele Tore, dass es schon unangenehm ist. Sagte ich das schon? Ich werde Sonntag lieber eine Email schreiben. Ich bewerbe mich bei der brasilianischen Fußballnationalmannschaft. Nachdem wir in Rio de Janeiro unangenehm hoch gewonnen haben werden, nehmen die Brasilianer jeden Deutschen – vor allem, wenn er aus der Fußball-Hochburg Bochum stammt. Der BND-Triple-Agent, der erst nur für die Deutschen, dann auch für die Amerikaner spioniert haben soll, hat seine – damit logische – Bewerbung an die Russen ja per Email geschickt. An das russische Generalkonsulat in München. Mal ehrlich: Möchten Sie, dass so jemand für unser Siegerland spioniert? Vielleicht sollte ich auch schlauer sein und meine Bewerbung nach Brasilien per Post schicken. Da guckt ja heutzutage keiner mehr rein. Das bleibt dann geheim. Dabei ist doch der gute alte Brief eigentlich schon tot. Und in digitalen Zeiten stirbt der Postbote gleich mit. Deshalb guckt sich die Post schon nach verheißungsvollen Einnahmequellen um. Im Ruhrgebiet macht sie jetzt ein Pilotprojekt. Wenn Sie 40 Euro im Monat zahlen, dann wirft der Briefträger nicht nur die wenigen Briefe in Ihren Kasten, sondern klingelt auch bei Ihnen an der Tür und fragt, wie es Ihnen geht. Das ist vor allem gut, wenn Sie alt und bettlägerig sind. Wenn Sie nicht reagieren, gilt das als taktisches Foul, der Postbote nimmt sich selber aus dem Spiel und ruft den Expertensturm von der Johanniter-Unfall-Hilfe. Nur sonntags und montags klingelt der Bote nicht. Sonntag gucken sowieso alle Fußball. Nur ich nicht. Wann fängt das Spiel noch mal an?
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