Fußball-WM 2018

Wie sich Fifa und Russland in Ausstellungen inszenieren

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Normalerweise werden hier die Errungenschaften der Volkswirtschaft ausgestellt, zur WM hat man Platz geschaffen für die Geschichte des russischen Fußballs. © Deutschlandradio / Matthias Friebe
Von Matthias Friebe · 01.07.2018
Sowohl Fifa als auch Gastgeber Russland nutzen die WM, um ihre Fußballgeschichte in Ausstellungen zu präsentieren. Viel Grund, stolz zu sein, hat Russland allerdings nicht: Zwar war das Land schon mal Weltmeister - allerdings im Obdachlosenfußball.
Ein Park im Norden Moskaus, die Ausstellung der Errungenschaften der Volkswirtschaft. In Dutzenden Pavillons wird hier dargestellt, worauf man besonders stolz ist, von Kunst und Literatur bis hin zur Weltraum-Rakete. Zur Fußball-Weltmeisterschaft hat man Pavillon Nummer 67 freigeräumt, um den Fans aus aller Welt die russische Fußball-Geschichte zu präsentieren.
"Diese Fußball-Sache ist sehr interessant, wie eine Droge, eine gute Droge, die dich glücklich macht und stolz. Es ist ein Ballett, ein Kosmos. Der Schlüssel ist die Geschichte, es sind große Wegmarken der Geschichte."
Sagt Nina Gomiashvili nicht ohne Stolz. Die Fotokünstlerin und Schauspielerin hatte die Idee zu dieser Ausstellung. Sie selbst habe von dem Spiel auf dem Rasen keine Ahnung, sagt sie. Sie sei aber fasziniert von der Geschichte eines Sports, der nicht die Nummer eins in Russland ist.
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Eine Ausstellung im Norden Moskaus zeigt die russische Fußballgeschichte.© Deutschlandradio / Matthias Friebe
"Ich denke, wir sind definitiv ein Hockey-Land und kein Fußball-Land. Aber wir erobern das, wir kommen da hin. Wir sind stolz, aber warten wir ab, zwei Wochen sind noch zu spielen."

Große internationale Titel sind Mangelware

Lediglich aus zwei Räumen besteht die Ausstellung, deren erster Teil eine chronologische Abhandlung der Historie von 1897 an ist. Begonnen hat alles mit dem Spiel englischer Arbeiter in einer Fabrik in St. Petersburg. Den einzigen großen Fußballtitel gab es zu Sowjetzeiten, der Sieg bei der Premiere der Europameisterschaft 1960. Gezeigt werden deshalb vor allem entscheidende Wegmarken der nationalen Geschichte.
"Nur einmal hat es Fußballspiel auf dem Roten Platz gegeben. In der Stalinzeit."
Am 6. Juli 1936 wurden 9000 Quadratmeter Filzboden auf dem Platz verteilt.
"Es war eine Art Propaganda der Fußballer, um Stalin zu zeigen, dass es ein bedeutendes Spiel ist und er hier investieren muss."

Immerhin Weltmeister im Obdachlosenfußball

Insgesamt ist die Geschichte aber schnell erzählt. Das gilt insbesondere für Teil zwei der Ausstellung, in dem es um den Sport seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1992 geht. Erfolge sind rar gesät, deshalb gibt es stattdessen fünf Kunstprojekte zu sehen. Dazu gehört auch:
"Obdachlosenfußball. Keiner in Russland weiß davon."
Während der WM von den Straßen der WM-Städte verbannt, dienen die Obdachlosen hier zur Illustration der Fußball-Kunst.
"Im Kapstadt 2006 haben sie die Weltmeisterschaft gewonnen, okay für Obdachlose, aber immerhin. Ich dachte, das darf ich nicht übersehen."
Wer Trophäen bestaunen und spektakuläre Sportmomente erleben will, ist hier am falschen Platz. Der muss in die Innenstadt auf den Neuen Arbat, eine der Vergnügungsmeilen Moskaus. In einem Autohaus eines FIFA-Sponsors zeigt das Museum des Weltverbands einige seiner Exponate.
"Hier sind wir beim Highlight, bei der Hauptattraktion unserer Ausstellung in Moskau angelangt. Es ist der Jules Rimet-Pokal, die WM-Trophäe von 1930, der ersten WM in Uruguay bis 1970."
Erklärt Andreas Alf von der FIFA bei einem Rundgang durch die ebenso übersichtliche Ausstellung, die mit dem sogenannten "Regenbogen" beginnt, einer Vitrine aller 32 Trikots der Teilnehmerländer.
"Wenn wir die Fans hierhaben und sie mit den Fans aus anderen Nationen ins Gespräch kommen und ihre Erinnerungen und Emotionen austauschen, dann ist das genau das, was wir hier erreichen wollen."

Spannende Details, aber keine intensive Auseinandersetzung

Emotionen von Fans sind das Ziel, nicht die Aufarbeitung der WM-Geschichte. Deshalb gibt es im Hauptteil der Ausstellung für jedes Turnier eine kleine Vitrine mit einer Hand voll Exponaten. Nicht die besten Stücke aus der Züricher Sammlung, sondern eher Dinge, die interessante Randgeschichten erzählen, wie diese von 1930:
"Dieser Radioplan zeigt, wie damals noch im Radio kommentiert wurde. Sie sehen diese Quadrate, die nummeriert sind. Und die Fußball-Kommentatoren damals haben tatsächlich noch kommentiert, in dem sie versucht haben zu erklären, der Ball ist momentan in Quadrat 1, er wird zu Quadrat 6 gespielt. Und so konnten die Fans vor diesem Plan sitzen und sich ungefähr bildlich vorstellen, was gerade passiert."
Details wie dieser Plan wechseln sich schnell ab mit einer Reihe von Trikots von Stars wie Messi oder Klose. Am Ende des Rundgangs durch zwei Ausstellungen hat man zwar manch spannendes Detail der Geschichte gelernt, für tiefgründige und intensive Auseinandersetzung ist aber kein Platz.
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