Fundfieber

Die Trapezplatte des Dreikönigsschreins liegt in der Vitrine der Domschatzkammer in Köln.
Die "Lange Nacht" erzählt von der Suche und der Sucht nach Suchen. © dpa / picture alliance / Oliver Berg
Von Rüdiger Heimlich · 13.12.2014
Wer hätte von diesem Abenteuer nicht auch schon geträumt: einen verborgenen Schatz zu finden - alte Münzen, Schmuck und Schwerter, das Bernsteinzimmer oder den Schatz der Nibelungen. Ob Sondengänger, Schatztaucher oder Archäologen, sie alle kennen das "Fundfieber", das einen unversehens packt und nicht mehr loslässt.
Wer hätte von diesem Abenteuer nicht auch schon geträumt: einen verborgenen Schatz zu finden – alte Münzen, Schmuck und Schwerter, das Bernsteinzimmer oder den Schatz der Nibelungen. Ob Sondengänger, Schatztaucher oder Archäologen, sie alle kennen das "Fundfieber", das einen unversehens packt und nicht mehr loslässt. Die Lange Nacht erzählt von der Suche und der Sucht zu Suchen, von Finderglück und -unglück, von Schätzen und von Schäden, die beim Graben angerichtet werden können. Dabei geht es auch um die Frage: Wer darf eigentlich suchen und wer darf finden? Wem gehören die Schätze und mit wem muss sie der Finder teilen? Die einen haben eine Lizenz zum Graben und die anderen bewegen sich oft genug am Rande der Legalität, ja sie verstoßen nicht selten sogar gegen Recht und Gesetz. Darüber erzählen Jennifer Morscheiser, Ausgräberin von Amts wegen, und Josef Gens, Amateur-Archäologe und Ausgräber des berühmten Kölner Poblicius-Grabmals. Aber bringen die Schätze ihren Findern neben Reichtum und Ruhm auch Glück? Oft liegt über dem Fund ein böser Bann und nicht selten hätte einer die Geister, die er ruft, besser nicht beschworen. Es gibt eine dunkle Seite der Schatzsuche, die jedem gefährlich werden kann. Die Suche verändert die Persönlichkeit. Davon erzählen leidenschaftliche Sucher wie Heinrich Schliemann, Howard Carter und Wafaa el Saddik; Autoren wie Tracy Chevallier, Jack London, J.R.R. Tolkien oder B. Traven.
Auszug aus dem Manuskript:
"Es ist bei vielen Suchern wirklich eine Sucht (...) Die sind angefixt worden, weil sie mal eine Münze oder irgendetwas Schönes gefunden haben, und dann ist dieser Drang da, mehr zu finden. Die sind zum Teil jedes Wochenende unterwegs, jede freie Minute abends, um noch andere Dinge zu finden." Jennifer Morscheiser ist Bodendenkmalpflegerin beim Landschaftsverband Rheinland.
Archäologie im RheinlandLVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
"Obgleich mein Vater weder Philologe noch Archäologe war, hatte er ein leidenschaftliches Interesse für die Geschichte des Altertums; oft erzählte er mir mit warmer Begeisterung von dem tragischen Untergange von Herculanum und Pompeji, und schien denjenigen für den glücklichsten Menschen zu halten, der Mittel und Zeit genug hätte, die Ausgrabungen, die dort vorgenommen wurden, zu besuchen. Oft auch erzählte er mir bewundernd die Taten der Homerischen Helden und die Ereignisse des Trojanischen Krieges, und stets fand er dann in mir einen eifrigen Verfechter der Sache Trojas. Mit Betrübnis vernahm ich von ihm, dass Troja so gänzlich zerstört worden, dass es ohne eine Spur zu hinterlassen vom Erdboden verschwunden sei. Aber als er mir, dem damals beinahe achtjährigen Knaben, zum Weihnachtsfeste 1829 Jerrer's 'Weltgeschichte für Kinder' schenkte, und ich in dem Buche eine Abbildung des brennenden Troja fand, mit seinen ungeheuren Mauern und dem Skäischen Tore, dem fliehenden Aineias, der den Vater Anchises auf dem Rücken trägt und den kleinen Askanios an der Hand führt, da rief ich voller Freude: 'Vater, du hast dich geirrt! Jerrer muss Troja gesehen haben, er hätte es ja sonst hier nicht abbilden können.' 'Mein Sohn', antwortete er, 'das ist nur ein erfundenes Bild.' Aber auf meine Frage, ob denn das alte Troja einst wirklich so starke Mauern gehabt habe, wie sie auf jenem Bilde dargestellt waren, bejahte er dies. 'Vater', sagte ich darauf, 'wenn solche Mauern einmal dagewesen sind, so können sie nicht ganz vernichtet sein, sondern sind wohl unter dem Staub und Schutt von Jahrhunderten verborgen.' Nun behauptete er wohl das Gegenteil, aber ich blieb fest bei meiner Ansicht, und endlich kamen wir überein, dass ich dereinst Troja ausgraben sollte. So geschah es denn, dass ich meinen Spielkameraden bald von nichts anderem mehr erzählte, als von Troja und den geheimnisvollen wunderbaren Dingen, deren es in unserem Dorf eine solche Fülle gab. Sie verlachten mich alle miteinander." (Heinrich Schliemann)
Das Heinrich-Schliemann-Museum in Ankershagen wurde im Jahre 1980 im ehemaligen Elternhaus des bekannten Archäologen eingerichtet, einem Pfarrhaus aus dem 18. Jahrhundert. … Anliegen des Heinrich-Schliemann-Museums ist es, mit seinen Ausstellungen, Vorträgen und Veröffentlichungen umfassend über das Leben und Wirken des Mecklenburgers zu informieren, seine bleibenden Verdienste als Ausgräber Trojas und Wiederentdecker der mykenischen Kultur zu würdigen und sein Erbe zu bewahren.
Der Nachguss der Bronzebüste des Archäologen Heinrich Schliemann (1822-1890) ist am Mittwoch, dem 9.5.2012 am Pfaffenteich in Schwerin zu sehen. Die Skulptur, die seit 1895 weitgehend unbehelligt im Stadtzentrum stand, war Ende August 2011 von Buntmetall-Dieben gestohlen worden.
Die Bronzebüste des Archäologen Heinrich Schliemann. © picture alliance / dpa / Jens Büttner
Die Heinrich-Schliemann-Gedenkstätte in Schliemanns Geburtsort Neubukow
Auszug aus dem Manuskript:
"Es gibt sicherlich Archäologen, die bah sagen, niemand, der nicht an der Uni Archäologie studiert hat, kann Archäologie. Es gibt aber sicherlich auch Leute, zu denen ich mich auch zähle, die sagen, zum Teil ist das ein Fachwissen in einzelnen, kleinen Teilbereichen, das so stark ausgeprägt ist, dass ich als Generalistin im professionellen Bereich gar nicht mithalten kann. Wenn mir jemand napoleonische Uniformknöpfe auf den Tisch legt, kann ich sagen: O, ein Uniformknopf, ich vermute napoleonisch, und mich dann an dieser Stelle in die Bibliothek begeben und lange nachschlagen. Aber es gibt da Leute, die das einfach aus dem Effeff wissen." (Jennifer Morscheiser)
"Ich weiß nicht. Ich glaube in jeder Berufsgruppe gibt es Leute die ihr Studium als das Nonplusultra darstellen und keinem anderen erlauben, auf dieses Fachgebiet, nun ich sage mal, sich auszudehnen oder eventuell dazu auch eine Meinung zu haben. Also ich bin immer froh, wenn, ich sage mal, ein Archäologe mit mir über Technik spricht. Ich käme nie auf die Idee zu sagen, also lassen Sie das mal, der Techniker bin ich. Ganz im Gegenteil. Jeder, der studiert hat, weiß, dass man Lerninhalte sich erarbeiten kann. Man muss kein Archäologe sein, um archäologische Fachkenntnisse zu erwerben. Man muss kein Techniker sein, um sich technische Dinge anzueignen. Jeder, der studiert hat, hat gelernt, systematisch zu arbeiten und sich Wissensinhalte auch aus anderen Fachbereichen anzueignen ... (insofern sehe ich da kein Problem)" (Josef Gens)
Josef Gens ist Diplomingenieur und vermutlich einer der erfolgreichsten Ausgräber im Rheinland. So wie Heinrich Schliemann, Kaufmann und Selfmademan, ist Josef Gens ein archäologischer Seiteneinsteiger. Lange Zeit litt Schliemann unter einem Minderwertigkeitskomplex, eben weil er kein studierter Archäologe war. Er fühlte sich von den deutschen Fachgelehrten abschätzig behandelt. Aber er war auch zu Recht stolz auf sein Wissen und auf seine Erfolge als Ausgräber. Darüber sprach er nur in Superlativen.
"... nachdem ich in gigantischer Arbeit das größte aller historischen Probleme gelöst habe, weil ich die berühmteste aller Städte in so ungeheurer Tiefe ans Licht gebracht, dass ich den großen Schatz – Resultat höchst kostspieliger Arbeiten in dem pestilenzialsten aller pestilenzialsten Klimata – mit den ungeheuersten Opfern für die Wissenschaft rettete." (Heinrich Schliemann)
Unter "ungeheuren Opfern" haben auch Josef Gens und seine Freunde das bekannteste Monument der Römerstadt Köln ausgegraben: das stattliche Grabmal des Lucius Poblicius. Heute erhebt es sich über dem prächtigen Dionysos-Mosaik im Untergeschoss des Römisch-Germanischen Museums 15 Meter hoch bis unter die Museumsdecke, mit prächtigen Säulen und Skulpturenschmuck. Bis 1965 lag es tief unter den Fundamenten eines Hauses in der Kölner Südstadt – und zwar unter dem Elternhaus von Josef Gens. Über zwei Jahre opferten er und sein Bruder Heinz gemeinsam mit einer verschworenen Gemeinschaft von engen Freunden jedes freie Wochenende, um im Keller tief in die Römerzeit zu graben. Noch heute wundert sich Josef Gens über diese plötzlich entflammte Leidenschaft. Er war 22 Jahre alt, studierte Ingenieurswissenschaften und plötzlich interessierte er sich brennend für Römische Geschichte. Dabei erscheint das so unerklärlich nicht. Immerhin gehören Ruinen zu seinen frühen Kindheitserlebnissen in der Kölner Nachkriegszeit, erzählt Josef Gens in seinem Buch "Grabungsfieber".
Grabmal des Lucius Poblicius bei KölnWiki
Auszug aus dem Manuskript:
Richtige Jäger verbringen viele Stunden und Tage draußen, und zwar bei jedem Wetter. Unsere Gesichter sind von der Sonne verbrannt, unser Haar vom Wind zerzaust und unsere Augen blinzeln ständig. Wir haben eingerissene Nägel, schartige Fingerspitzen und raue Hände; an unseren von Meerwasserflecken übersäten Stiefeln klebt Dreck, und unsere Kleidung ist abends schmutzig. Auch wenn wir nichts finden und mit leeren Händen nach Hause gehen müssen, was oft genug vorkommt, verlieren wir nicht die Geduld, sondern suchen unermüdlich weiter. (...) Wer das Fossiliensammeln halbwegs ernsthaft betreibt, weiß, dass die Suche nie aufhört. Es wird immer wieder neue Exemplare zu entdecken und zu studieren geben, denn so wie jeder Mensch ist auch jedes Fossil einzigartig. Man kann nie genug von ihnen haben. So ist das mit der Fossilienjagd: Irgendwann ist man völlig besessen davon. Sie ist wie ein schlimmer Hunger, alles dreht sich nur noch darum, ob man etwas findet. Und selbst wenn man etwas findet, fängt man schon in der nächsten Minute wieder neu zu suchen an, weil vielleicht etwas noch Besseres auf einen wartet.
"Wenn man einmal einen solchen Quader freigelegt hat, Stück für Stück und mit jedem Stückchen Lehm, das man wegnimmt, erschließt sich ein Muster, und man weiß genau, das hat jetzt 2000 Jahre niemand gesehen, und man selbst ist der erste, der dieses Muster sieht, das ist eine, ja man kann fast sagen eine Sucht, das ist Grabungsfieber. Man kann das gar nicht beschreiben, man will einfach weitermachen. Man nimmt wirklich sein Umfeld nicht mehr wahr. Man ist total eingebunden. Man ist irgendwie durch ein Zeittor geschritten und man kann das gar nicht beschreiben. Das muss man selbst erlebt haben. Das ist eine Faszination, die heute noch in meinen Fingern kribbelt, wenn es also um solche Dinge geht.
Germanische Goldmünze
Germanische Goldmünze© picture alliance / dpa / Ralf Hirschberger
Ob ein Fossil, ein römischer Quader oder eine Golddublone – manche Gegenstände lösen bei manchen Menschen eine unwiderstehliche Kraft aus, schreibt Ernst Jünger, selbst ein passionierter Jäger und Sammler. Die Dinge sprechen unseren bewahrenden und sammelnden Trieb an, meint Jünger, ein mächtiger Trieb und eindeutig nicht zu erklären." (Josef Gens)
Hier ruht der Lebensfunke, der den Staub durchglüht - unsere große und hohe Frage an das Rätsel der Welt. Selbst das Entfernteste und Verflossenste lässt uns nicht ruhen, und unsere Teleskope, die auf die Fixsterne gerichtet sind, unsere Netze, die sich in die Tiefsee senken, die Hacken, die den Schutt abräumen, der über verschollenen Städten, Theatern und Tempeln liegt – sie alle werden durch die Frage bewegt, ob denn auch dort und damals der innerste Kern des Lebens, die göttliche Kraft, zu spüren ist, die auch uns bewohnt. Und aus je seltsameren und rätselhafteren Räumen, und sei es als ein mattestes Echo über Jahrtausende und eisige Zonen hinweg, uns die Antwort entgegenklingt, desto inniger werden wir durch sie beglückt. (Ernst Jünger)
Auszug aus dem Manuskript:
Ich vermute, die meisten Ausgräber werden zugeben, dass sie ein Gefühl der Scheu, ja der Verlegenheit beschleicht, wenn sie in eine Kammer eindringen, die von frommen Händen vor soviel Jahrhunderten verschlossen und versiegelt wurde. In solchen Augenblicken hat die Zeit ganz ihre Bedeutung verloren. Dreitausend, vielleicht viertausend Jahre sind dahingegangen, seit eines Menschen Fuß zuletzt den Boden betrat, auf dem wir stehen, und doch bemerken wir die Spuren frischen Lebens rundumher – das halb gefüllte Gefäß mit Mörtel für die Tür, die geschwärzte Lampe, den Fingerabdruck auf der frisch gemalten Fläche, das auf der Schwelle zum Abschiedsgruß niedergelegte Blumengewinde; wir fühlten, es hätte erst gestern sein können. Selbst die Luft, die wir atmen, ist all die Jahrhunderte hindurch unverändert; wir teilen sie mit denen, die die Mumie zur letzten Ruhe niederlegten. Der Begriff der Zeit verschwindet durch solche kleinen intimen Einzelheiten, und wir fühlen uns als Eindringlinge. (Howard Carter)
Auszug aus dem Manuskript:
Auch unter Archäologen gibt es Neid und Missgunst. Auch Wafaa el Saddik hat das nach ihrem Tonsiegelfund in Tora erfahren müssen.
"Nach Abschluss der Ausgrabungsarbeiten in Tora schreibe ich an die Leiterin der Museumsdirektion innerhalb der Altertümerverwaltung, Frau Dr. Diaa Eddin Abu Ghazi. Sie ist eine bereits betagte, aber immer noch sehr vitale, vor allem umfassend gebildete Frau aus einer einflussreichen ägyptischen Familie. Diaa Eddin ist nicht verheiratet. Ihr Leben gehört ganz der Wissenschaft. Für mich ist sie damals ein Vorbild. Sie kann ihr Umfeld ziemlich streng traktieren, zu uns Studenten aber ist sie sehr nett, wenn sie feststellt, dass wir ernsthaft studieren. Ihr Büro liegt im Bibliotheksflügel des Ägyptischen Museums und ich finde die kleine zierliche Frau zwischen aufgetürmten Stapeln neuer Bücher, die sie im Inventar registriert. Nur ihr grauer Haarschopf schaut dazwischen hervor. Ich glaube, sie las jedes Buch, das sie inventarisierte, erst einmal selbst. Die Autoren ersetzten ihr die eigene Familie. Ich frage Diaa Eddin also, ob das Ägyptische Museum wohl die Tonsiegel aus Tora in seine Sammlung aufnehmen würde. Ich wünsche mir natürlich sehr, dass ein Objekt, das ich ausgegraben habe, hier neben all den berühmten Schätzen großer Archäologen ausgestellt wird! Kann es eine größere Ehre geben! Und zu meiner großen Freude willigt Diaa Eddin sofort ein. Der Ordnung halber müsse sie jedoch noch die Zustimmung des Chefs der Abteilung für die Pharaonische Antike einholen.
Der Direktor der Pharaonischen Antike lehnt den Vorschlag der Kollegin Diaa Eddin ohne jede Begründung ab. Es ist bekannt, dass der Mann den Erfolg anderer nicht ertragen kann. Er betrachtet deren Leistungen eifersüchtig und kommentiert sie meist abfällig. Mich aber bringen Selbstgerechtigkeit und Arroganz auf. Sie provozieren meinen Stolz und mein Gerechtigkeitsempfinden. Ich denke: Ich habe mich bislang selbst von zwei Generälen nicht wie ein kleines Mädchen abweisen lassen, warum also von diesem Kleingeist. Er soll mir gefälligst selbst erklären, warum die Siegel keinen Platz in der Sammlung haben können. Der Direktor blickt kaum auf von seinen Akten und spricht in abfälligem Ton: "Ach, lassen Sie mich doch mit solchen Lappalien in Ruhe! "– Ich denke: Der Mann ist nicht nur ein Ignorant, er ist auch noch ein Flegel. Und das bringt mein Temperament erst recht in Wallung: "Sie haben meinen Bericht doch gar nicht gelesen! Wenn Sie die Fotos darin gesehen hätten, wäre Ihnen klar, dass die Siegel bemerkenswert sind. Sie sind auch nicht auf die Grabung gekommen, obwohl das Ihre Aufgabe gewesen wäre. Und nun lehnen Sie, ohne eigene Sachkenntnis, das Urteil Ihrer Direktoren-Kollegin ab!" Ich stehe so unter Dampf, dass ich, ohne seine Gegenrede abzuwarten, wütend das Büro verlasse. Wie kann es sein, dass wir an der Spitze unserer Antikenverwaltung Leute sitzen haben, die ihre Entscheidungen nach persönlichen Vorurteilen, Ressentiments und Launen fällen! Der Direktor konnte Diaa Eddin Abu Ghazi nicht leiden – sie war eine Dame und er litt unter Minderwertigkeitskomplexen. – Jahre später habe ich erfahren, dass die Siegel und einige andere Objekte aus dem Tora-Grab in die Ausstellung des neu errichteten "National Museum für Ägyptische Zivilisation" (NMEC) in der Kairoer Altstadt Al-Fustat aufgenommen wurden. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Die Gräber in den Steinbrüchen von Tora sind alle längst verschwunden. Heute steht dort das Zementwerk." (Wafaa el Saddik)
The Egyptian Museum in Cairo contains the world's most extensive collection of pharaonic antiquitie
Weltkultur in Gefahr - Ein Besuch bei Wafaa El Saddik
Auszug aus dem Manuskript:
Ich habe noch keinen Sucher kennengelernt, der es geschafft hätte zu sagen, ich höre jetzt absolut damit auf, ich verkaufe jetzt meine Sonde wieder, wenn er richtig gesucht hat. Klar gibt’s immer wieder Leute, die sich mal eine Sonde kaufen, ein, zwei Mal damit laufen und nicht dieses Suchfieber bekommen. Aber viele der Leute, die mit uns zusammenarbeiten, haben dieses Fieber und ich glaube, das ist lebenslänglich. (Jennifer Morscheiser)
LITERATUR

Peter-René Becker, Christina Wawrzinek (Hrsg.): Raubgräber, Grabräuber", Begleitschrift zur Sonderausstellung des Landesmuseums Natur und Mensch Oldenburg 2013. Nünnerich-Asmus Verlag 2013.

Ausgraben bedeutet Zerstören!?
Sicher ist die Erkenntnis, dass jeder Eingriff in den Boden unwiederbringlich den Zusammenhang archäologischer Funde zerstört. Gewiss ist aber auch, dass die Intentionen früher Schatzsucher und moderner Raubgräber nicht dem Erhalt geschichtlichen Erbes dienten und damit die historisch-archäologische Forschung immer wieder vor erhebliche Probleme stellt.
In Deutschland und anderen Ländern gibt es kaum noch einen Landstrich, der nicht von modernen Raubgräbern mit Sonden abgesucht wurde. Der Ertrag ist gering. Der Schaden aufgrund für immer verlorener Informationen zum Fund selbst, dessen Kontext und damit geschichtlichen Zusammenhangs ist ungleich höher.
Doch ist hier nicht Anklage, sondern Aufklärung notwendig. Der Begleitband zur Sonderausstellung Raubgräber Grabräuber erklärt die Bedeutung des Fundzusammenhangs in der archäologischen Forschung und zeigt Beispiele für die Möglichkeiten seiner Interpretation in der modernen Wissenschaft auf. Gleichzeitig befasst er sich mit spektakulären Raubgrabungen und dem Versuch der Wissenschaft mit diesem Problem umzugehen. Ob die Himmelsscheibe von Nebra, das Schlachtfeld am Harzhorn oder der Hortfund von Gessel - der Katalog zeigt, was die Archäologie zum Erhalt von Vergangenheit beiträgt, auch unter frühzeitigem Einbezug von Nichtfachleuten vor Ort.
Landesmuseum Natur und Mensch

Howard Carter: "Tut-ench-Amun - Ein ägyptisches Königsgrab", Bd. 1. Leipzig: Brockhaus 1928

Howard Carter: "Das Grab des Tut-ench-Amun", Der Originalbericht des Entdeckers, 1997, Edition Erdmann

Das Buch ist der sachlich gehaltene Bericht über die Entdeckungsgeschichte des - neben den Pyramiden von Gizeh - berühmtesten Grabmals Ägyptens. Im Mittelpunkt des Berichts steht Tut-ench-Amun, der nur etwa 18 bis 20 Jahre alt wurde. In die wissenschaftliche Darstellung bringt Carter immer wieder seine eigenen Erlebnisse und Empfindungen mit ein. Nicht ohne Stolz berichtet er, wie er ab 1907/08 anhand mehrerer Funde US-amerikanischer Archäologen im Tal der Könige zur Überzeugung gelangte, dass das Grabmal von König Tut-ench-Amun noch seiner Entdeckung harrte. Doch erst als sein Auftraggeber (und zugleich Mitausgräber) Lord Carnarvon 1915 eine Grabungslizenz erhielt, konnte Carter selbst systematisch im vermuteten Gebiet suchen. Carter stellt die eigentliche Entdeckungsgeschichte sowie die langwierige Bergung der zahlreichen Funde ausführlich dar und lockert seine Ausführungen durch fachliche und historische Erläuterungen immer wieder auf.

Tracy Chevallier: "Zwei bemerkenswerte Frauen", Roman, Aus dem Englischen von Anne Rademacher, Knaus Verlag 2009.

In ihrem neuen Roman, der an Jane Austen erinnert, setzt die Autorin zwei Frauen ein literarisches Denkmal, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts die männlich beherrschte Welt der Naturforscher herausforderten. Elizabeth Philpot ist eine junge Frau aus besseren Kreisen, deren Familienerbe nicht zu einem standesgemäßen Leben in London reicht. Daher zieht sie 1830 in den kleinen südenglischen Küstenort Lyme Regis. Was ihr zunächst wie eine Verbannung vorkommt, erweist sich als glückliche Fügung, denn am Strand nehmen seltsame Steine sie völlig gefangen: Fossilien. Sie begegnet Mary, einem Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, das die Familie mit dem Verkauf von Fossilien über Wasser hält und dabei spektakuläre Versteinerungen findet. Die beiden ungleichen Frauen freunden sich an. Doch dann verlieben sich beide in denselben Mann.
England im 19. Jahrhundert: Zwei ungewöhnliche Frauen und ein spektakulärer Fund am Strand
England, 1830: Elizabeth Philpot, eine junge Frau aus besseren Kreisen, deren Familienerbe nicht zu einem standesgemäßen Leben in London reicht, wird von ihrem Bruder in den kleinen südenglischen Küstenort Lyme Regis abgeschoben. Was ihr zunächst wie eine Verbannung vorkommt, erweist sich als glückliche Fügung, denn am Strand nehmen seltsame Steine sie völlig gefangen: Fossilien. Und hier in Lyme Regis begegnet sie Mary, einem Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, das die Familie mit dem Verkauf von Fossilien über Wasser hält und dabei spektakuläre Funde macht. Die beiden so unterschiedlichen Frauen widmen ihr Leben den rätselhaften Versteinerungen. Doch dann verlieben sich beide in denselben Man

Josef Gens: "Grabungsfieber - Die abenteuerliche Entdeckung des Poblisius-Grabmals", Köln: Kiepenheuer & Witsch 2013.

Durch die Kellerbar ins Römerreich
Im Römisch-Germanischen Museum in Köln steht das mächtige, 14,7 Meter hohe Poblicius-Grabmal, eines der bedeutendsten römischen Denkmäler nördlich der Alpen. Junge Männer sollen beim Partykellerbau darauf gestoßen sein - so eine Kölner Legende. Der Ausgräber Josef Gens erzählt die wahre Geschichte dazu, die sich wie ein archäologischer Krimi liest: Von 1965 bis 1967 bergen die Brüder Gens und ihre Freunde in mehr als 13 000 Feierabendstunden unter ihrem Elternhaus 70 zum Teil tonnenschwere Quader des Grabmals.
Der erste römische Quaderfund unter dem elterlichen Haus ist purer Zufall. Die Familie Gens informiert die Stadt Köln darüber, die umgehend ein Grabungsverbot verhängt. Weil daraufhin ein halbes Jahr lang nichts geschieht, beschließen die Brüder Gens und ihre Freunde, auf eigene Faust zu graben. Neun Meter unter dem Elternhaus errichten sie ein statisch sicheres Bergwerk mit mehreren Grabungsstollen. Materialverbrauch: 7 Kubikmeter Fertigbeton, 35 Meter Eisenträger, 10.000 Ziegel und 90 Sack Zement. Im Laufe von zwei Jahren bergen sie unter abenteuerlichsten Umständen und dennoch höchst professionell 70 römische Quader, die sie ab 1967 im Rahmen einer privaten Ausstellung über 15 000 Besuchern zeigen. Heute ist das Poblicius-Grabmal aus dem 1. Jh. n. Chr. neben dem Dionysos-Mosaik das Glanzstück des Römisch-Germanischen Museums.

Heide Klinkhammer: "Schatzgräber, Weisheitssucher und Dämonenbeschwörer", Gebr. Mann Verlag, Berlin 1992.

Eva Koczinsky, Jörn Lang (Hrsg): "Tiefenwärts - Archäologische Imaginationen von Dichtern", Zabern Verlag 2013

Archäologie mit dem Blick des Dichters
Gedichte berühmter Autoren wie Gottfried Benn, Rose Ausländer oder Durs Grünbein eröffnen in dem Band zusammen mit spannenden Essays und prächtigen Bildern von renommierten Magnum- Fotografen neue Horizonte und bieten einen faszinierend anderen Zugang zur Archäologie des antiken Griechenland. Wie Archäologen legen die Dichter verborgene Schichten der Vergangenheit frei, verwenden dafür jedoch nicht Pinsel und Kelle, sondern die Sprache und ihr lyrisches Gespür. Der Band versammelt 70 deutschsprachige Gedichte (1820-2011), die sich dichterisch mit der antiken Landschaft Griechenlands und archäologischen Funden auseinandersetzen. Die erläuternden Essays weisen den Weg durch die Gedankenwelt der Autoren und zeigen, dass die Auseinandersetzung mit der Antike bis in die Gegenwartsliteratur lebendig ist.

Ernst Jünger: "In den Museen", in: "Knochenpracht und Mantelflecken. Von Reliquien und Andenken, eine Anthologie", Hrsg. von Louis Peters und Joachim Rönneper, Arachne Verlag, 2000

Jack London, "Meistererzählungen", "Der Gold-Cañon", Übersetzung aus dem Amerikanischen von Elisabeth Schnack, Erwin Magnus und Klaus Schweizer, Manesse Verlag Zürich, 1982.

Wolfgang Richter, "Heinrich Schliemann - Dokumente seines Lebens", Reclam 1992.

Heinrich Schliemann, "Autobiographie des Verfassers und Geschichte seiner Arbeiten in Troja", Leipzig: F.A. Brockhaus, 1881

Johana Sigl, Claus Vetterling (Hrsg.): "Grabungsleitfaden", Philipp von Zabern Verlag 2012.

Der kleine Grabungshelfer
Wie geht man mit archäologischen Funden um? Welche Vermessungstechniken gibt es und wie werden sie angewandt? Was ist ein Grabungstagebuch? Diese Fragen beantwortet der Grabungsleitfaden der handliche Begleiter für die Arbeit im Gelände. Er soll dem Neuling helfen, sich schneller sinnvoll und eigeninitiativ in den Grabungsablauf einzubinden. Dabei werden nicht nur unterschiedliche Grabungssituationen, wie Bodenbeschaffenheit oder die Handhabe mit verschiedenen Denkmälern berücksichtigt, sondern auch auf den Einsatz etwaiger Geräte, die für eine bestimmte Grabungssituation notwendig sind, eingegangen.

B. Traven: "Der Schatz der Sierra Madre", Roman, Werkausgabe. Bd. 4, Diogenes Taschenbuch 1983

Wafaa el Saddik: "Es gibt nur den geraden Weg. Mein Leben als Schatzhüterin Ägyptens", Köln: Kiepenheuer & Witsch 2013.

Schon in ihrer Kindheit und Jugend im Nildelta ist Wafaa El Saddik fasziniert von den großartigen Zeugnissen der Pharaonen-Zeit. Als Studentin träumt sie davon, eines Tages selbst Ausgrabungen durchzuführen und im Ägyptischen Museum in Kairo zu arbeiten. Gefördert werden in dieser Zeit aber bevorzugt Männer, vor allem solche, die dem Regime nahestehen. Doch sie setzt sich durch, erhält Stipendien für Boston und Wien und wird die erste Frau an der Spitze von Ägyptens National Museum, der Cash-Machine des Antikendienstes. Sie führt die erste Generalinventur in der hundertjährigen Geschichte des Museums durch und entdeckt dabei lange vergessene Schätze im Keller des Hauses. Doch in der Altertümerverwaltung begegnen ihr auch Korruption und Vetternwirtschaft. In ihren sehr persönlichen Erinnerungen blickt sie zurück auf die Geschichte ihres Landes. Sie fragt: Was ist mit uns Ägyptern passiert? Warum scheiterte der begeisterte Aufbruch Ägyptens unter Nasser? Warum brachte Sadat keinen Frieden? Warum ließen sich die Ägypter von Mubarak so korrumpieren? Und warum haben heute die Muslimbrüder das Sagen? Ihre erste Sorge aber ist: Wie kann das antike Erbe ihres Landes wirksam geschützt werden?
Auszug aus dem Manuskript:
"Also wenn Sie in Richtung Suchtprobleme ansprechen. In Richtung Archäologie dafür bin ich also sicher empfänglich. Aber da ich weder rauche noch trinke habe ich sonst mit Sucht kein Problem. Aber bei der Archäologie ist das was ganz anderes. In dem Moment, wo ich mit historischen Befunden konfrontiert werde, da schaltet bei mir ein ganz besonderer Modus ein. Da muss ich dann einfach hinterher." (Josef Gens)
Josef Gens forscht auch heute noch in den Archiven und Depots der Archäologen nach weiteren Blöcken, die schon in den Jahrzehnten vor seiner Grabung am Kölner Chlodwigplatz gefunden worden waren. Und seine Augen beginnen zu leuchten, wenn er erzählt, dass es keinen Grund dafür gibt, dass nicht auch an anderen Stellen in Köln stattliche Römerbauten im Untergrund zu finden sein werden. Doch er hat seinen Frieden mit der Archäologie gemacht. Er zieht nicht los bei Wind und Wetter. Die meiste Zeit verbringt er lesend und forschend zu Hause hinterm Schreibtisch, jetzt da er als Rentner endlich Zeit genug hat, das große Abenteuer seiner Jugend fortzusetzen. Um Geld und Reichtümer ist es nie gegangen, das hat ihn nie verführen können, so viel hatte er schon in jungen Jahren verstanden: Schätze machen nicht glücklich, das schrieb als junger Mann auch einer der ganz großen Sucher. Beherzigen Sie also den jungen Goethe, bevor Sie sich Hals über Kopf in eine Lange Nacht vergeblicher Suche stürzen.