Fukushima als Warnung

Von Tilmann Kleinjung · 17.05.2011
Die radioaktive Verseuchung durch die Fukushima-Katastrophe ist die größte seit Tschernobyl im Jahr 1986. Das hat nicht nur die Deutschen sondern auch die Italiener nachhaltig beeindruckt: Die italienische Regierung hat gerade ihre bislang so ambitionierten Pläne zur Rückkehr der Nuklearenergie auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Nur ein Trick, sagt Greenpeace dazu, denn Ministerpräsident Berlusconi lobt immer noch die Sicherheit der Atomkraft.
Wie nachhaltig die Katastrophe von Fukushima die Italiener erschreckt hat, ließ sich am Wochenende in Sardinien erleben. Dort konnte die Bevölkerung in einem Referendum über Kernkraftwerke und Atommüll-Endlager auf der Insel abstimmen. Die Antwort war eindeutig: 60 Prozent der Sardinier gingen zur Wahl und 97 Prozent von ihnen wollen mit Atomkraft nichts zu tun haben.

"Sardinien darf nicht zum Müllhaufen für die Atomkraftwerke werden und es darf auch nicht zum Standort für künftige Atomkraftwerke werden. Wir haben gesehen, was in Japan passiert ist. Aber eigentlich war diese Erfahrung gar nicht nötig. Unsere Insel ist wunderschön und wir müssen sie schützen, vor allem vor so etwas."

Die Abstimmung von Sardinien hat Signalcharakter. Mehr nicht. Denn es gibt keine Atomkraftwerke auf der Insel. Wie in ganz Italien. 1987 haben die Italiener (nach dem Unglück in Tschernobyl) mehrheitlich entschieden: Atomkraft nein danke. Doch der Verzicht auf die Technologie machte das Land abhängig von teuren Energieimporten: vor allem Gas aus Libyen und Russland. Und Atomstrom aus Frankreich.

Silvio Berlusconi wollte deshalb den Wiedereinstieg und zunächst hielt seine Regierung an diesen Plänen trotz Fukushima fest – zum Entsetzen der Opposition und der Umweltschützer. Vittorio Cogliati Dezza, Präsident der größten Umweltschutzorganisation des Landes, "Legambiente":

"Heutzutage gibt es keine Instrumente, um diese Art von Technologie zu beherrschen. Wir fordern von der Regierung, auf das Atomprogramm zu verzichten und in die Zukunft ausgerichtet zu handeln, wie es in Deutschland und der Schweiz geschehen ist."

Der Druck auf die Regierung Berlusconi wurde immer stärker, ein geplantes landesweites Referendum zur Kernenergie im Juni hätte sie mit ziemlicher Sicherheit verloren.

Deshalb zog Berlusconi höchstpersönlich die Reißleine und stoppte die Vorbereitungen und die Suche nach Standorten für neue Kernkraftwerke:

"Wenn wir heute das Referendum abgehalten hätten, wäre die Atomkraft für viele Jahre nicht mehr möglich gewesen. Die Regierung hat deswegen, sehr verantwortlich, dieses Moratorium zur Atomkraft beschlossen, damit sich die Situation in Japan klärt und dass man nach ein oder zwei Jahren mit einer öffentlichen Meinung rechnen kann, die sich der Notwendigkeit der Atomkraft bewusst ist."

Das dürfte noch etwas dauern. Denn die Skepsis gegen die Kernenergie ist in Italien tief verwurzelt. Bei keinem anderen Thema kann die Opposition so leicht punkten. Denn bislang will keine Region in Italien, egal von welcher Partei sie regiert wird, Standorte für neue Meiler stellen.

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