Fünf Jahre Unabhängigkeit

Der Südsudan im Elend

Binnenflüchtlinge warten in Wau im Südsudan auf ihre Registrierung durch das Welternährungsprogramm
Binnenflüchtlinge in Wau im Südsudan - die Menschen sind vor Unruhen in ihren Dörfern geflohen © AFP / Albert Gonzalez Farran
Von Anna Osius · 09.07.2016
Seit fünf Jahren ist der Südsudan ein Staat: Am 9. Juli 2011 erlangte die jüngste Nation der Welt ihre Unabhängigkeit. Ende 2013 verfiel das Land jedoch in einen Bürgerkrieg, dem Zehntausende Menschen zum Opfer fielen. Über zwei Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht.
Der Jubel nimmt kein Ende, als der Sprecher des südsudanesischen Parlaments heute vor fünf Jahren die Unabhängigkeitserklärung verliest:
"Wir, die demokratisch gewählten Vertreter des Volkes erklären hiermit den Südsudan zu einem unabhängigen und souveränen Staat."
In einer Mischung aus Staatsakt und afrikanischer Massenparty feiert ein ganzes Land seinen Neuanfang. Als die farbenfrohe Fahne des Südsudans gehisst wird, liegen sich die Menschen weinend in den Armen. Der neue Präsident des Südsudan, Salva Kiir, legt seinen Amtseid ab: "Ich, General Salva Kiir, schwöre beim allmächtigen Gott, dass ich als Präsident des Südsudans treu dienen werde. Ich werde die Einheit des südsudanesischen Volkes schützen und fördern, so wahr mir Gott helfe."
Aping Riang ist auf der Flucht. Er treibt seine Esel durch die trockene Savanne, die kleinsten Kinder reiten darauf, der Rest der Familie muss laufen, Stunde um Stunde durch brütende Hitze.
"Ich bin so traurig und wütend, dass wir unsere Heimat verlassen mussten. Aber wo wir herkommen, gibt es nichts zu essen und keine Chance zu überleben."

Feierlichkeiten sind abgesagt

Die Inflationsrate im Südsudan liegt bei 300 Prozent. Und das in einem Land, das eigentlich so reich sein könnte. Der Südsudan hat riesige Ölvorkommen. Doch zur Verarbeitung und Verschickung braucht es das einstige Mutterland, den Sudan. Und der hat die Preise derart angehoben, dass die Ölförderung faktisch danieder liegt. Benzin ist unerschwinglich geworden. Die Wirtschaft und Moral liegt am Boden: Beamte und Streitkräfte wurden seit Monaten nicht mehr bezahlt, die Landeswährung verlor seit Dezember 90 Prozent ihres Wertes.
Die Feierlichkeiten zum fünften Jahrestag der Unabhängigkeit sind abgesagt: Nicht nur, weil es faktisch nichts zu feiern gibt, sondern auch, weil schlicht das Geld fehlt. Die Sicherheitslage ist angespannt, der Präsidentenpalast wurde am Abend beschossen. Fünf Jahre nur nach der Unabhängigkeit steht der jüngste Staat der Erde am Abgrund.

Den gesamten Beitrag von Anna Osius, ARD-Studio Kairo, zum Nachhören:
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