Preußische Strenge und rheinische Gelassenheit
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Von Moritz Küpper · 26.04.2019
Vor 25 Jahren wurde das Berlin/Bonn-Gesetz verabschiedet. Unser Kolumnist Moritz Küpper nennt fünf Gründe, warum die Bundesrepublik Deutschland mehr als eine Hauptstadt braucht.
Erstens ist Bonn Provinz. Vor allem im Vergleich zu Berlin. Doch gerade heute, in Zeiten, in denen allerorts der Eindruck herrscht, die Herrscher, sprich die Politikerinnen und Politiker hätten sich immer weiter von der Bevölkerung entfernt, ist dieser Provinz-Standort hilfreich, verspricht er doch Kontakt. Bundespolitik war in Bonn kein Raumschiff, das in einer Metropole gelandet ist, sondern nahbar – und sollte dies auch bleiben.
Respekt für die Geschichte
Vor allem, weil sich – zweitens – ohnehin schon viel in Berlin knüppelt und die Stadt überfordert: Bezahlbarer Wohnraum für tausende weiterer Beamtinnen und Beamte? Fehlanzeige – und würde Milliarden-Kosten verursachen, die sich durch das Sparen der Pendelei sicherlich nicht reinholen ließen.
Ohnehin – als dritter Grund – zollte Bonn als zweiter Hauptstadt-Standort der Geschichte Respekt: Hier, im Museum König wurde vor 70 Jahren das Grundgesetz beschlossen, von hier aus wurde das Wirtschaftswunder entfacht, der Aufbau der Bundesrepublik eingeleitet – und ja, auch das Bonn/Berlin-Gesetz beschlossen.
Letztlich – und das ist ja auch die Idee einer Hauptstadt und hier Grund Nummer vier – soll diese verbinden. Berlin hat die Spree, einen Nebenfluss der Havel, die knapp 400 Kilometer lang ist. Der Rhein dagegen – der durch Bonn führt – ist ein Strom durch West- und Mitteleuropa: Auf insgesamt über 1200 Kilometern verbindet er sechs Staaten: Deutschland, die Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Frankreich und die Niederlande. Ein Symbol – das jeder Hauptstadt gut tut und das zeigt – sozusagen als fünftes und abschließendes Argument: Deutschland ist nicht nur preußische Strenge, sondern auch rheinische Gelassenheit – und mit der sollte auch die ganze Hauptstadtdiskussion geführt werden.