Freiwillige Reduktion von Zucker, Salz und Fett

Ernährungsmediziner hält Klöckners Konzept für wirkungslos

Agrarministerin Julia Klöckner (CDU)
Julia Klöckner wolle keinen Druck auf die Lebensmittelindustrie ausüben, kritisiert Hans Hauner. © dpa-Bildfunk / Michael Kappeler
Hans Hauner im Gespräch mit Julius Stucke · 12.02.2019
Weniger ungesunde Inhaltsstoffe in Lebensmitteln, fordert Ministerin Julia Klöckner. Doch freiwillige Verpflichtungen der Industrie könnten nur scheitern, sagt der Ernährungsmediziner Hans Hauner voraus - und schlägt andere Maßnahmen vor.
"Ich möchte die gesunde Wahl zur leichten Wahl machen", so hat Julia Klöckner die Strategie der Bundesregierung für weniger Zucker, Fett und Salz in Fertiggerichten begründet. Ein Gremium, das unter anderem aus medizinischen Fachgesellschaften besteht, soll die Umsetzung begleiten und so den Erfolg garantieren.
Doch einen Tag vor der Präsentation der Initiative ist die Deutsche Diabetesgesellschaft aus dem Gremium ausgestiegen. "In seiner jetzigen Form hat die Wissenschaft in dem Gremium praktisch keinen Einfluss auf die Formulierung konkreter Reduktionsziele", sagte DDG-Präsident Dirk Müller-Wieland der Süddeutschen Zeitung.

"Keine offene Diskussion"

Auch der Ernährungsmediziner Hans Hauner kritisiert Klöckners Initiative: "Die ganze Vorgeschichte hat bisher gezeigt, dass hier keine offene Diskussion gewünscht ist, sondern dass es vom Ministerium ziemlich klar die Vorgabe gibt, dass alles nur freiwillig sein darf und man die Industrie nicht unter Druck setzen darf."
Dabei hätten andere Länder bereits vor 15 bis 20 Jahren versucht, die Industrie freiwillig dazu zu bewegen, ungesunde Inhaltsstoffe in Lebensmitteln zu reduzieren. "Und das ist eigentlich in allen Ländern kläglich gescheitert", sagt Hauner.
Die Konsequenz sei gewesen, dass die Politik sich von dem Modell der freiwilligen Selbstverpflichtung verabschiedet habe, und der Industrie stattdessen regulatorische Vorgaben gemacht habe. "Erst dann hat sich die Industrie bewegt und ihr Angebot tatsächlich verbessert", sagt Hauner.

Steuerliche Anreize für eine gesunde Ernährung

Einen weiteren erfolgsversprechenden Ansatz, sieht der Ernährungsmediziner darin, für den Verbraucher Anreize zu schaffen, sich gesünder zu ernähren. Finanzielle Anreize könnten beispielsweise durch eine andere Besteuerung geschaffen werden. So könnte die Mehrwertsteuer für gesunde Lebensmittel, wie Gemüse und Obst, entfallen, während Verbraucher bei ungesunden Lebensmitteln den vollen Mehrwertsteuersatz zahlen müssten.
Dass Ideen wie diese bisher scheiterten, erklärt Hauner damit, dass sehr starke Wirtschaftsinteressen im Spiel seien. "Die versuchen ihre Position immer durchzusetzen und sie haben offensichtlich auch einen starken Einfluss auf das zuständige Ministerium."
(mw)
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