Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

EU-Reform
Juncker wirbt um Zustimmung

EU-Kommissionspräsident Juncker hat an das EU-Parlament appelliert, die Vorschläge für eine Reform der Europäischen Union zu unterstützen. Der Kompromiss sei fair für alle Mitgliedsstaaten, sagte er in Straßburg. Die Bundesregierung sprach von einer "guten Grundlage".

03.02.2016
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker spricht vor dem EU-Parlament. Ein Zuhörer ist der Chef der euroskeptischen UKIP-Partei, Nigel Farage.
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker spricht vor dem EU-Parlament. Ein Zuhörer ist der Chef der euroskeptischen UKIP-Partei, Nigel Farage. (AFP / Patrick Hertzog)
    "Diese Lösung ist fair für das Vereinigte Königreich, für die anderen 27 Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament", sagte Juncker vor den Abgeordneten. Seine Behörde sei voll und ganz an den Verhandlungen zwischen der britischen Regierung und EU-Ratspräsident Donald Tusk beteiligt gewesen.
    Der EU-Kommissionspräsident wies zudem darauf hin, dass Großbritannien bereits jetzt so viele Ausnahmeregeln genieße wie kein anderes EU-Land, um an bestimmten Projekten nicht teilnehmen zu müssen. Es sei in Ordnung, wenn London sich nicht an einer immer tieferen Integration der EU-Länder in eine Union nicht beteiligen wolle.
    EU-Parlamentarier sehen "Notbremse" skeptisch
    Ratspräsident Tusk hatte gestern einen Kompromissvorschlag vorgelegt, über den auf dem EU-Gipfeltreffen in zwei Wochen diskutiert werden soll. Demnach soll eine "Notbremse" geschaffen werden: die Möglichkeit, Sozialleistungen für EU-Ausländer für bis zu vier Jahre zu beschränken. Die EU will mit den weitgehenden Zugeständnissen einen drohenden Austritt Großbritanniens verhindern.
    EU-Ratspräsident Donald Tusk und der britische Premierminister David Cameron vor einem Treffen in London.
    EU-Ratspräsident Donald Tusk und der britische Premierminister David Cameron vor einem Treffen in London. (AFP / Leon Neal)
    Alle großen Fraktionen im Straßburger Plenarsaal ließen keinen Zweifel daran, dass sie Großbritannien in der EU halten wollen. Doch sie kritisierten die "Notbremse". Es sei schwer zu verstehen, dass für EU-Bürger, die in Großbritannien arbeiten und Steuern zahlen, Sozialleistungen eingeschränkt werden sollen, sagte der Vorsitzende der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), der CSU-Politiker Manfred Weber. "Wir wollen, dass Großbritannien in der EU bleibt, aber wir wollen keine britische EU."
    Der SPD-Parlamentarier Jo Leinen bezeichnete die "Notbremse" als "ein Einfallstor zur Diskriminierung der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger. Dies kann auf Dauer die Freizügigkeit des Personenverkehrs in der EU untergraben". Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rebecca Harms, begrüßte die Vorschläge an London als Ansatz für konkrete Gespräche. "Es ist in unser aller Interesse, dass Großbritannien in der EU verbleibt. Dies kann jedoch nicht bedeuten, schwer errungene EU-Rechte und Grundsätze für alle Unionsbürger auseinanderzunehmen." Gabriele Zimmer von der Linkspartei bezeichnete das Zugeständnis als einen "Kniefall vor der Londoner City".
    Bundesregierung sieht gute Grundlage
    Die Bundesregierung sieht dagegen in den EU-Reformvorschlägen für Großbritannien eine gute Grundlage für weitere Gespräche in der Europäischen Union. Sie seien ein ambitioniertes Paket, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Es komme allerdings darauf an, auf dem EU-Gipfel die Zustimmung aller 28 EU-Mitgliedstaaten zu erhalten.
    In Großbritannien verteidigte Permierminister David Cameron die Reformvorschläge. Es sei aber noch viel zu tun. Er warnte erneut, sollten die Europäer nicht auf die britischen Forderungen eingehen, könne er "nichts ausschließen".
    US-Präsident Barack Obama sprach sich unterdessen für einen Verbleib Großbritanniens in der EU aus. In einem Telefonat mit Cameron habe Obama die Unterstützung der USA für "ein starkes Vereinigtes Königreich in einer starken EU" bekräftigt, teilte das Weiße Haus mit. Bei dem Gespräch sei der amerikanische Präsident über den Stand der Dinge unterrichtet worden, hieß es weiter.
    (hba/tzi)