Frauen-Universität in Saudi-Arabien

Auf diesem Campus studieren keine Männer

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Die Princess Noura bin Abdel-Rahman University an einer Straße
"Kommen, um zu lernen, hinausgehen, um zu führen" – das ist das Motto der Princess Noura bin Abdel-Rahman University. © imago images / Xinhua
Von Anne Françoise Weber  · 18.12.2019
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In Riad steht die größte Frauen-Universität der Welt, sie hat 39.000 Studentinnen. Die Dozentinnen und ihre Schützlinge loben die exzellenten Arbeitsbedingungen an der Princess Nourah University − doch Frauen werden in Saudi-Arabien immer noch benachteiligt.
Anfang Dezember wurde in Saudi-Arabien offiziell die Geschlechtertrennung in Restaurants aufgehoben und die so genannten Familien- und Single-Abteilungen abgeschafft. Doch im Bildungsbereich, zumindest in den Bachelorstudiengängen der öffentlichen Universitäten, studieren Männer und Frauen noch getrennt, wenn auch am gleichen Fachbereich. Es gibt allerdings auch einige Frauen-Universitäten – die weltweit größte ist die Princess Nourah Universität in Riad.
"Ich bin so dankbar, dass ich Teil des Wandels bin, der zurzeit in Saudi-Arabien stattfindet", sagt Noura al Bishri, Dozentin für internationales Businessmanagement. "Ich fühle mich morgens so motiviert, hierher in diese großartige Infrastruktur zu kommen und junge saudische Führungspersönlichkeiten zu unterrichten. Ich sage ihnen immer wieder: Ihr seid mein Brennstoff, ihr habt so viele Ideen. Mit ihnen jeden Tag zusammen zu sein, ist großartig."
Und Dima al-Ribdi, Jura-Studentin im Abschlussjahr und Vertreterin im Studentinnenrat, sagt: "Ich schätze mich glücklich, weil ich an dieser Universität studieren kann. An der Spitze stehen hier mächtige Frauen. Sie eröffnen uns viele Möglichkeiten, wir werden von ihnen und von der Regierung unterstützt – daher bin ich eine der Frauen in Saudi-Arabien, die viel Glück haben."

Mehr als nur Wissensvermittlung

Dozentinnen und Studentinnen der Princess-Nourah-Universität in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad scheinen sich gegenseitig sehr zu schätzen. Und sie schätzen die Möglichkeiten, die ihnen ihre 2008 aus verschiedenen Instituten hervorgegangene Universität bietet. 39.000 Frauen studieren hier, 2011 wurde ein riesiger neuer Campus eröffnet – nur in wenigen Bereichen sind Männer zugelassen.
Im Atrium der Bibliothek der Princess Nourah Universität
Die Princess Nourah Universität beherbergt eine der modernsten Bibliotheken Saudi-Arabiens.© Deutschlandradio/Anne Françoise Weber
Der Raum, in dem eine Gruppe von Studentinnen und Dozentinnen des Business College zusammensitzt, ist erst vor kurzem eingeweiht worden. An der Wand ein Leuchtstreifen, auf dem die aktuellen Kurse der Börse in Riad durchlaufen. "In to learn, out to lead" – "kommen, um zu lernen, hinausgehen, um zu führen", so lautet das Motto der Universität und Dekanin Ghadah Alarifi betont, dass es nicht nur um Wissensvermittlung geht:
"An der Princess Nourah Universität und unserem College versuchen wir, nicht nur akademische Exzellenz zu liefern, sondern unseren Studentinnen unterschiedliche Erfahrungen zu bieten – sie können Sport treiben, sich ehrenamtlich engagieren, zahlreiche Workshops besuchen. Wir sehen die ganze Persönlichkeit der Studentin und wollen ihr verschiedene Einblicke ermöglichen."

Keine Benachteiligung von Frauen − angeblich

Zu diesen Einblicken gehört auch der frühe Einstieg in die Berufswelt. In Pflichtpraktika arbeiten die jungen Frauen dann durchaus mit Männern zusammen, da es kaum noch geschlechtergetrennte Büros in Saudi-Arabien gibt. Eine Benachteiligung spürt Studentin Rozan nicht in ihrem Arbeitsumfeld, im Gegenteil:
"Wir wurden von Führungspersönlichkeiten unterrichtet, diese Frauen leiten die größte Frauenuniversität der Welt. Das hat sich auf uns ausgewirkt, so dass Männer einräumen müssen, dass wir besser sind als gedacht. Früher war die Arbeitswelt vielleicht männerdominiert, aber das ist jetzt nicht mehr so."
Allerdings lag 2019 der Frauenanteil unter den Erwerbstätigen in Saudi-Arabien laut Weltbank nur bei 16 Prozent – im weltweiten Durchschnitt sind es 41.

Regierung finanziert Ausbildung

Das soll sich nun auch nach dem Willen des Königshauses ändern und dazu sollen Prestige-Einrichtungen wie die Princess Nourah Universität beitragen. Die Universität bietet neben Wohnheimen auf dem Campus eine der modernsten Bibliotheken der Welt und eine eigene Fahrschule für Frauen – außerdem gibt es ein Taschengeld für die Studentinnen.
Kein Wunder, dass sie ihre Verbundenheit zur Regierung betonen und besonders Kronprinz Mohammed Bin Salman loben. Für sie ist er Träger des Wandels, sie sehen sich als Teil seiner Vision 2030, mit der das Königreich modernisiert und die Privatwirtschaft gefördert werden soll.
Dass der Kronprinz Frauenrechtsaktivistinnen inhaftieren und foltern ließ, ist hier kein Thema, auch die Einschränkung der Meinungsfreiheit nicht. Stattdessen zeigen die Studentinnen Dankbarkeit und Staatstreue, gepaart mit dem Willen, traditionelle Männerwelten zu erobern. Studentin Ghada hat entschieden, ihre Anstellung bei einer staatlichen Behörde zu verlängern:
"In einem Start-Up hätte ich vielleicht mehr gelernt, aber weil die saudische Regierung meine ganze Ausbildung von A bis Z finanziert hat, möchte ich etwas zurückgeben von meinem Wissen und meiner Expertise. Viele Menschen denken, saudische Frauen dürften nur mit Frauen zusammenarbeiten. Das stimmt nicht. Wir tun Dinge jenseits der Schublade, in die uns Leute stecken wollen."
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