Frauen-Union will Prostitution verbieten

Warum ein Verbot alles nur schlimmer macht

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Die Füße einer Frau in roten Lack-High-Heels. Es handelt sich um eine Sexarbeiterin, die in einem Studio sitzt.
Hilft ein Sexkaufverbot den Prostituierten, die nicht in der Branche arbeiten wollen? Nadine Mersch sorgt sich, dass sie so im Gegenteil viel schutzloser wären. © picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow
Nadine Mersch im Gespräch mit Nicole Dittmer · 27.08.2021
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Erst den Sexkauf von Schwangeren und bei Frauen unter 21 Jahren verbieten, dann Prostitution generell: Das fordert die Frauen-Union. Nadine Mersch vom Sozialdienst katholischer Frauen befürchtet, dass sich dadurch die Situation von Prostituierten eher verschlechtert.
Die Frauen-Union will Prostitution komplett verbieten. In einem ersten Schritt, so fordern die CDU-Frauen, soll zunächst den Sexkauf von Schwangeren und Frauen unter 21 Jahren verboten und die Bestrafung der Freier erweitert werden. Gleichzeitig sollen Aussteigerinnen besser unterstützt werden und eine gesundheitliche und psychologische Betreuung angeboten bekommen.
Sexarbeit ist in Deutschland unter bestimmten Bedingungen legal: Bordelle benötigen eine Betriebserlaubnis, Prostituierte müssen sich registrieren und einen Nachweis bei sich tragen, dass sie als Prostituierte arbeiten.

Ein Verbot könnte den Frauen schaden

Beim Sozialdienst katholischer Frauen blickt man kritisch auf die Forderung der Frauen-Union. "Die Sorge überwiegt, dass so ein Verbot für die Frauen in der Prostitution, für die Benachteiligten in der Prostitution nicht wirksam wird, sondern ihre Lage eher verschlechtert", sagt Nadine Mersch. Sie ist beim Sozialdienst katholischer Frauendort für Sozialpolitik und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Das Thema Prostitution gehöre zur Gründungsgeschichte ihres Verbands, berichtet Mersch. "Schon vor über 120 Jahren haben die katholischen Frauen erkannt, dass es Mädchen und Frauen in der Prostitution gibt, die wirklich unter miesesten Bedingungen leben und arbeiten, und haben sich ihrer angenommen."

Hilfe benötigt Vertrauen

Um Prostituierten zu helfen, die in die Beratungsstellen des Sozialdienstes kommen, sei es wichtig, ein offenes und wirklich vertrauensvolles Verhältnis zu den Frauen zu entwickeln. "Wenn Prostitution verboten wird, auch wenn es um das Verbot des Kaufes und die Freier geht, sind die Frauen in dieser schwierigen Situation - und sind in einer kriminalisierten Situation", sagt Mersch.
Das erschwere die Zugänge zu Beratungsstellen, rechtllicher und gesundheitlicher Beratung. "Wir befürchten, dass die Frauen noch viel mehr ins Dunkelfeld abgedrängt werden und noch viel schutzloser den Bedingungen der Prostitution ausgeliefert sind."

Prostitution schlecht erforscht

Es sei nicht valide belegt, dass das sogenannte "nordische Modell", das nur den Sexkauf, also nur die Freier, aber nicht die Prostituierten bestraft, die Situation der Frauen verbessere, betont Mersch. Generell gebe es bisher viel zu wenig Forschung über Prostitution, so dass nicht klar sei, unter welchen Bedingungen die meisten Prostituierten in Deutschland arbeiteten.
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