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Redox-Flow-Batterien
Alles im Fluss mit Plastik

Zu einer nachhaltigen Stromversorgung gehören nicht nur Solaranlagen und Windparks, sondern auch Energiespeicher. Auf der Internationalen Konferenz zur Speicherung Erneuerbarer Energien spielte die Weiterentwicklung der Redox-Flow-Batterie eine wichtige Rolle.

Von Arndt Reuning | 21.03.2016
    Es ist bloß ein kleiner Messestand, den das Startup-Unternehmen JenaBatteries belegt hat - an einer Ecke zum Hauptgang auf dem Ausstellungsgelände. Und doch hat die Firma große Pläne. Sie entwirft flexible Energiespeicher für stationäre Anwendungen, erklärt Norbert Martin.
    "Ein typischer Anwendungsfall ist zum Beispiel ein größeres öffentliches Gebäude mit einer Solaranlage auf dem Dach, zum Beispiel ein Altenheim oder Ähnliches. Und dieses Altenheim möchte seinen Eigenverbrauch optimieren. Sprich: Die Energie der Solaranlage tatsächlich dann nutzen, wenn sie gebraucht wird, um weniger Energie vom Energieversorger kaufen zu müssen."
    Das Unternehmen entwickelt dafür Redox-Flow-Batterien. Die speichern die Energie üblicherweise in Form von Vanadiumsalzen, gelöst in ätzender Schwefelsäure. Diese Flüssigkeiten lagern in großen Tanks oder Fässern. Von dort werden sie durch die eigentlichen Batteriekammern hindurch gepumpt - in zwei voneinander getrennten Kreisläufen. Die Kammer am Pluspol besitzt einen eigenen Vorrat, genauso wie die Kammer am Minuspol. Dazwischen befindet sich eine dünne Membran. Sie trennt beide Kammern voneinander ab und verhindert so, dass sich die Flüssigkeiten miteinander vermischen und direkt miteinander reagieren. Stattdessen geben die Salze die in ihnen gespeicherte Energie an den äußeren Stromkreis ab, wenn die Batterie entladen wird. Beim Laden hingegen wird Energie aus erneuerbaren Quellen aufgenommen und durch eine elektrochemische Umwandlung der Salze gespeichert.
    "Das heißt: Das ist die einzige Batterieform, wo Sie die Menge an Energie, die Sie speichern, die Größe Ihrer Fässer, und wie schnell Sie laden und entladen wollen, die Fläche dieser Membran, unabhängig skalieren können. Und die ist perfekt für die Energiewende für stationäre Speicher."
    Wasserlösliche Kunststoffe statt Vanadium
    Ulrich Schubert forscht an der Universität Jena. Die Technik hinter JenaBatteries stammt aus seiner Arbeitsgruppe. Die Forscher hatten sich vorgenommen, die altbekannte Redox-Flow-Batterie zu verbessern. Denn die besitzt ihrer Meinung nach einen entscheidenden Nachteil: die stark sauren Lösungen der Vanadiumsalze. Sie erfordern ein ganz besonders widerstandsfähiges und teures Material für die Membran zwischen den Batteriekammern. Ulrich Schubert hat deshalb nach Substanzen gesucht, die das Vanadium ersetzen können. Fündig geworden ist er bei einer bestimmten Klasse von wasserlöslichen Kunststoffen.
    "Wasserlösliche Kunststoffe kennt jeder. Polyacrylsäure ist in den Superabsorbern in den Windeln drin. Die Kläranlagen nutzen solche wasserlöslichen Polymere, um Metalle herauszufiltern. Das ist etwas, was in vielen tausend Tonnen produziert wird."
    Statt in ätzender Schwefelsäure werden diese Polymere einfach in neutralem Salzwasser aufgelöst. Als Membran kann dann eine handelsübliche, preiswerte Folie verwendet werden, wie sie zum Beispiel in der Wasseraufbereitung zum Einsatz kommt. Plexiglas und Styropor bilden die Gerüste für die beiden Kunststoffe, die Schubert und sein Team anstelle der Vanadiumsalze verwenden.
    "Insgesamt also ein System, was für die stationären Energiespeicher den Markt aufmischen könnte. Und erstmals wieder eine Batterieform, die wir auch wirklich in Deutschland produzieren könnten. Denn die ganzen Lithium-Batterien, die wir verwenden, die werden ja aus Asien importiert."
    Kostengünstig und sauber
    Die Batterien sind sauber, kostengünstig und auch langlebig. Ein Erstes, nicht optimiertes Labormodell konnte 10.000 mal geladen und entladen werden, bevor seine Kapazität auf 80 Prozent sank. Den Grundstein für die Vermarktung soll nun das junge Unternehmen JenaBatteries legen.