Frankreich

Hollandes einsame Entscheidung

Frankreichs Präsident Hollande während einer Fernsehansprache im Elysee-Palast
Frankreichs Präsident Hollande gab in einer Fernsehansprache bekannt, dass er nicht für eine zweite Amtszeit antritt © AFP / Olivier Morin
Von Jürgen König · 02.12.2016
In der Öffentlichkeit stand Frankreichs Staatspräsident François Hollande zuletzt als der unbeliebteste Präsident der Geschichte da. Mit seinem Verzicht auf eine erneute Kandidatur hat er eine Entscheidung getroffen, von der selbst enge Mitarbeiter nichts wussten.
Damit hatte niemand gerechnet. Allgemein war eher erwartet worden, Staatspräsident Hollande würde nächste Woche seine erneute Kandidatur erklären; auch hatte es Gerüchte gegeben, Hollande werde zwar nicht an den Vorwahlen der Linken teilnehmen, sich aber als Direktkandidat bei den Präsidentschaftswahlen präsentieren. Insofern war sein plötzlich erklärter vollständiger Verzicht eine echte Überraschung.
Es muss eine einsame Entscheidung gewesen sein, selbst enge Mitarbeiter wussten nichts, nicht einmal Premierminister Valls soll vorher informiert gewesen sein. Er habe erkannt, so begründete Präsident Hollande seinen Verzicht, dass er die Linke nicht hinter sich werde vereinen können, das aber sei wichtig für den Erfolg der Partei bei der Wahl.
"Als Sozialist – das ist das Engagement meines ganzen Lebens – kann ich nicht zusehen, wie die Linke sich immer weiter zersplittert. Denn in ihr liegt doch unsere Hoffnung angesichts des wachsenden Konservatismus und, schlimmer noch, des Extremismus. Mir ist das Risiko bewusst, dass meine Kandidatur die Linke vielleicht nicht in ausreichendem Maße zusammenführen würde. Und deshalb habe ich entschieden, für die Präsidentschaftswahl nicht zu kandidieren."

Mindestens sieben weitere Kandidaten

Vor Monaten schon begann der Rückhalt für François Hollande in der Partei zu schwinden. Viele Abgeordnete stellten sich zuletzt mehr oder weniger offen gegen ihn, nachdem er sich in einem Interviewbuch sehr despektierlich über die Sozialistische Partei geäußert hatte.
In der Öffentlichkeit stand er zuletzt als der unbeliebteste Präsident da, den Frankreich je hatte. So steht zu vermuten, dass Präsident Hollande im Lauf der letzten Wochen zur Gewissheit kam, dass seine Kandidatur aus den geplanten Vorwahlen ein Referendum über den Präsidenten François Hollande machen würde, eine Abstimmung, die er mit großer Wahrscheinlichkeit verloren hätte.
Die unmittelbare Folge seines Verzichts dürfte sein, das Premierminister Manuel Valls nun von seinen Anhängern in der Partei als der natürliche Präsidentschaftskandidat angesehen wird, er dürfte seine Kandidatur demnächst erklären, nachdem er seine Bereitschaft dazu schon signalisiert hat. Ihm würden dann mindestens sieben weitere Kandidaten gegenüberstehen. Die Vorwahlen der Linken sind plötzlich spannend geworden.
Mehr zum Thema