Frankfurter Buchmesse ohne Aussteller

Buchhandel setzt auf Digitalpräsenz

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Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, lächelt in Richtung des Betrachters.
Die Frankfurter Buchmesse findet zwar statt, aber kleiner und digitaler. © picture alliance / dpa / Hendrik Schmidt
Alexander Skipis im Gespräch mit Britta Bürger · 08.09.2020
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Bei der Frankfurter Buchmesse wird es diesmal keine klassischen Hallenausstellungen geben. Alexander Skipis vom Börsenverein des deutschen Buchhandels sagt, dass man wegen des Onlineangebots und der Live-Veranstaltungen dennoch gut aufgestellt sei.
Die größte Buchmesse der Welt erlebt ein Novum: Sie findet zwar statt, allerdings ohne Aussteller. Ursprünglich sollte sie trotz der Pandemie unter Hygieneauflagen auch mit Messeständen organisiert werden. Doch die vielen Restriktionen hätten eine Präsenzmesse unmöglich gemacht, teilten die Verantwortlichen mit.
Das Programm werde sich nun vom 14. bis 18. Oktober auf Liveveranstaltungen in der Festhalle, in der coronabedingt 450 Menschen Platz finden können, sowie auf mehr als 80 Veranstaltungen in der Stadt konzentrieren.
Auch würden der Deutsche Buchpreis und der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wie geplant vergeben. Zudem verwiesen die Veranstalter auf ein umfassendes Online-Angebot der Messe, wo sich auch die Verlage präsentieren werden.

Die Präsenz des Buches wiederherstellen

Man habe sich die heutige Entscheidung nicht leicht gemacht, sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des deutschen Buchhandels.
"Wir haben diese Buchmesse von Anfang an auf drei Säulen aufgebaut, vor allen Dingen auf einem digitalen Teil, um die Möglichkeit zu haben, ausweichen zu können, falls etwas nicht funktioniert. Und das können wir jetzt. Deshalb werden wir die Präsenz des Buches gerade mit den digitalen, aber auch mit den physischen Veranstaltungen durchaus wiederherstellen können."
Auf der digitalen Handelsplattform sollen, als Ersatz für das übliche Messegeschäft, Angebot und Nachfrage zusammengeführt werden.
"Das gibt es schon. Und diese Plattform wird sicher sehr erfolgreich sein, weil eine Nachfrage dafür da ist. Allerdings fehlt dann die tatsächliche Begegnung der Menschen untereinander. Das ist in der Tat ein Manko. Denn der Austausch miteinander ist etwas ganz Wesentliches."
Es gehe aber nicht nur darum, Interesse und Öffentlichkeit für das Buch herzustellen. Die Buchmesse sei auch ein Ort gelebter Meinungs- und Publikationsfreiheit. Das sei ein wichtiges Standbein der Messe.
"Wir werden in zahlreichen Veranstaltungen zu diesem Thema Punkte thematisieren, wie beispielsweise die Demokratiebewegung in Hongkong, mit den Protagonisten dort Gespräche führen und dank unserer Medienpartner wie ARD, 3sat und ARTE werden wir das medial weltweit verbreiten können."

Die Wichtigkeit der persönlichen Begegnung

Skipis räumt ein, dass man dennoch einen großen Teil des Lesepublikums online nicht erreichen werde. Deshalb plane man jetzt schon für die Messe 2021 eine besonders intensive Begegnung mit dem Publikum. Langfristig werde sich die Buchmesse aber verändern, weil der digitale Teil einen immer größeren Raum einnehmen werde.
"Aber die klassische Aufmerksamkeit für das Buch durch eine Präsenzausstellung und die Möglichkeit für das Publikum, diesem Buch physisch zu begegnen, die Autoren zu sehen, sie zu sprechen, sie zu hören, das wird auch in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil der Messe sein."
(rja)

Deutlich weniger positiv sieht Landeskorrespondent Ludger Fittkau die Lage: "Eine rein virtuelle Buchmesse gibt es nicht", kommentiert er, digitale Formate seien kein Ersatz. Diese de facto Absage sei ein schwerer Schlag für die Branche und die Region.
"Mit der Absage des herausragenden Bücherfestivals in Frankfurt am Main ist unsere Welt wieder ein Stück kulturell ärmer geworden." Das Virus habe "längst nicht nur die Menschen angegriffen, sondern spätestens jetzt auch die Literatur!" Hören Sie hier den Kommentar in voller Länge:

Wie steht die Branche zur Entscheidung der Frankfurter Buchmesse? Jonathan Beck, Verleger von C. H. Beck, erklärt im Gespräch, dass er mit einer kleineren Besetzung als üblich zur Frankfurter Buchmesse gefahren wäre: Der direkte Austausch auf der Messe sei für die Branche sehr wichtig.
Jetzt plant der Beck Verlag mit Hanser und dtv parallel zur Buchmesse digitale Formate, die ermöglichen sollen, direkt mit Schriftstellern ins Gespräch zu kommen. Vielleicht könnte dadurch sogar ein intensiveres Gespräch zustande kommen, als es im dicht gedrängten Messetrubel möglich wäre, meint Beck. Zentral sei möglichst vielen Menschen zu vermitteln: In dieser Buchmessen-Woche geht es mehr denn je um Bücher, um Literatur, um Autoren. Hören Sie hier unser Gespräch:
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