Fotografie

Google-Streetview für die Hosentasche

Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Der Erfinder Jonas Pfeil zeigt die Wurfkamera Panono. © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Von Thomas Gith · 18.02.2014
Mit der Panoramakamera Panono kann bald das ganz besondere Urlaubsfoto geschossen werden. Man wirft sie in die Luft und die Kamera macht ein 360-Grad-Bild. Das erste käufliche Exemplar wird gerade entwickelt.
Jonas Pfeil greift sich einen giftgrünen Ball: Der ist in etwa so groß wie ein Handball, liegt schwer in den Händen und ist mit grünem Schaumstoff überzogen. In den Schaumstoff sind zahlreiche kleine Kameralinsen eingelassen.
"Also das ist die Panono, die Panoramawurfkamera. Das ist ein Ball, den man in die Luft wirft und der macht am höchsten Punkt ein Foto in alle Richtungen. Also da sind kleine Kameras eingebettet in der Oberfläche, die in alle Richtungen gucken und die lösen alle gleichzeitig aus. Am höchsten Punkt des Wurfes. Und man kriegt also quasi ein Panorama, wie bei Google-Streetview oder so, in dem man sich wieder umschauen kann. Aber es ist Google-Streetview für die Hosentasche."
Oder: Es soll Google-Streetview für die Hosentasche werden. Denn ein grapefruitgroßes Desginmodell der Panoramakamera gibt es bereits: Es ist aus festem, grauen Kunststoff gebaut, leicht, einfach mit einer Hand zu halten und gut in Rucksack oder Tasche zu verstauen. Bilder lassen sich bisher aber nur mit dem giftgrünen Prototypen knipsen. Auf geht es zum Praxistest:
Jonas Pfeil greift sich den festen Schaumstoffball, verlässt das Firmengebäude - und geht in den Innenhof.
"Ja, wir sind hier im Hof. Direkt vor dem Fenster meines Büros, es ist auch ein sehr schönes Gebäude hier, und werfen den Ball einfach in die Luft, um ein Bild aufzunehmen."
Und dann stellt er sich hin: Vor die gemauerte Hauswand des alten Industriegebäudes, neben ein parkendes Autos und mit Blick auf die Bäume im ausgedehnten Nachbarhof. Er nimmt den Kameraball mit beiden Händen vor die Hüfte, wirft ihn vorsichtig in die Luft und fängt ihn behutsam wieder auf.
"So, jetzt haben wir ein Bild."
Ausgelöst werden die Kameras im Inneren des Balls von selbst - durch einen Beschleunigungssensor. Und Gedanken über die beste Kameraeinstellung muss sich der Nutzer auch nicht machen - der Kameraball fotografiert einfach alles. Zurück geht es ins Gebäude. Dort angekommen, schließt Jonas Pfeil den Ball mit einem USB-Kabel an einen Laptop an, lädt das Bild runter und scrollt mit seinem Touchpad durch die Rundum-Panorama-Aufnahme.
"Ja, also hier sieht man unseren Hof. Ein Auto steht hier rum, die Mülltonnen, ein kleiner Anbau mit dem Besprechungsraum. Dann gibt es hier eine Kaffeerösterei nebenan, das ist ein Nachbar von uns, der duftet immer so schön, ein paar Wolken, ein paar Bäume, alles schön mit Schnee bedeckt."
Auch Jonas Pfeil ist auf dem Foto zu sehen: Mit ausgebreiteten Armen steht er im Hof, blickt in die Luft - zum fliegenden Kameraball hoch. Allerdings: Der Nutzer muss durch das Bild scrollen, um alles sehen zu können - so, als ob er tatsächlich in der fotografierten Szene steht und nach und nach alles um sich herum betrachtet.
Integrierte Funktechnik
Derzeit entwickeln Jonas Pfeil und seine Kollegen die erste käufliche Wurfkamera. Groß wie eine Grapefruit wird sie sein - und rund 300 Gramm schwer. Die Bildübertragung auf Tablet-Computer oder Smartphone soll dann automatisch funktionieren - durch integrierte Funktechnik.
"Die Funktechnik ist noch nicht eingebaut in den aktuellen Ball. Aber das ist einfach ein WLAN Modul, was ja jeder kennt. WLAN ist ja mittlerweile in den ganzen Handys eingebaut. Und wir haben quasi ein kleines Modul, was einen so genannten Excess-Point erzeugt. Das heißt, dass Smartphone wählt sich dann auf dem Ball automatisch ein und der erzeugt sozusagen ein kleines Portables WLAN."
Nach rund zwei Minuten sollen die Panoramabilder dann automatisch auf Smartphone oder Tablet-Computer zu sehen sein. Mit einer speziellen App lassen sie sich beispielsweise auf dem Tablet-Computer öffnen. Und das tolle: Wer etwa das iPad mit dem Bild vor sein Gesicht hält, kann sich damit im Raum drehen und bewegen - und so quasi virtuell durch die fotografierte Szene laufen. Sara Schulze-Darup macht es vor:
"Das Bild wurde in China aufgenommen, oben von einer Aussichtsplattform. Man kann hier quasi nach Hongkong runterschauen. Und dass iPad ist wie so ein Fenster in das Panorama rein. Das heißt, je nachdem, wo man das iPad hinbewegt, sieht man den jeweiligen Bildausschnitt. Das heißt, es gibt keine blind-spots, sondern es ist quasi alles erkundbar, man ist sozusagen der eigene Regisseur, wenn man durch das Bild reist. Und kann auch reinzoomen und Details finden."
Glauben an den Erfolg
Für den Betrachter fühlt es sich ein wenig so an, als sei er vor Ort - und als könnte er sich in alle Richtungen umschauen. Die Idee scheint anzukommen: Vor rund zweieinhalb Jahren hat Jonas Pfeil den Prototypen der Kamera gebaut - noch als Student. Mittlerweile führt er seine eigene kleine Firma - und arbeitet fleißig daran, dass die Kamera auf den Markt kommt. Über eine Crowdfunding-Kampagne wurden bereits 1,25 Millionen US-Dollar für Investitionen eingeworben. Die Macher glauben an den Erfolg.
Schulze-Darup: "Also bei Kunden kommt das sehr gut an, also da gibt es immer viele Ohs und Ahs. Wir waren jetzt ja gerade auf der CES, der Technikfachmesse in Las Vegas, und haben das dort auch vielen gezeigt. Und gerade wenn Leute mit den iPads rumwedeln und dann sehen, wie sie sich durchs Bild bewegen können, ist das für die was ganz tolles. Also das hat eine Faszination für die Menschen, kann man schon durchaus sagen, weil es etwas ganz Neues ist."
Für 549 Euro wird die künftige Kamera angeboten - und einige hundert Vorbestellungen gibt es bereits. Im Herbst sollen die Wurfkameras dann fertig sein und verkauft werden. Als robustes Modell, das auch aus der Hand rutschen darf.
"Das ist jetzt wirklich dafür konstruiert, fallen gelassen werden zu können. Das heißt, wenn's runterfällt passiert erst mal nichts. Weil es eine Panoramawurfkamera ist, muss die das halt auch aushalten."
Sagt Jonas Pfeil, wirft die Kamera in die Luft, lässt sie am höchsten Punkt ein neues Rundum-Panorama knipsen - und fängt sie wieder auf.
Schonender ist es allemal.
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