Informeller Flüchtlingsgipfel

Wenig Konkretes und viele Absichtserklärungen

Jean-Claude Juncker und Angela Merkel beim EU-Sondergipfel in Brüssel
Jean-Claude Juncker und Angela Merkel beim EU-Sondergipfel in Brüssel © picture alliance/dpa/Thierry Roge
Von Thomas Otto · 24.09.2015
Die 28 Staats- und Regierungschefs in der EU haben in erster Linie mit ihrem informellen Flüchtlingstreffen zeigen wollen, dass sie sich einigen können, meint unser Korrespondent Thomas Otto. Inhaltlich habe es aber eher Absichtserklärungen als Konkretes gegeben.
Strategisch klug gesetzt hat der Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs heute Morgen sein Mindestziel erreicht: In Sachen Flüchtlinge demonstriert die EU nach außen hin wieder relative Geschlossenheit. Nach dem Treffen der Innenminister am Dienstag sah das nämlich noch ganz anders aus:
Schon im Vorfeld war abzusehen, dass es bei der geplanten Verteilung von 120.000 Flüchtlingen keine einvernehmliche Lösung geben werde. Zu sehr hatten sich osteuropäische Staaten gegen eine verpflichtende Quote ausgesprochen. Anstelle einen Minimalkompromiss zu akzeptieren mit freiwilligen Quoten, ließen es die Befürworter des Kommissionsvorschlages darauf ankommen. Ungarn, Tschechien, Rumänien und die Slowakei wurden überstimmt.
Angela Merkel war es wichtiger, eine Entscheidung auf Ministerebene herbeizuführen – auch gegen den einen oder anderen Mitgliedsstaat. Das ist zwar nach den EU-Verträgen problemlos möglich – die politische Wirkung dieser nicht-einvernehmlichen Entscheidung – gerade bei so einem wichtigen Thema – ist aber verheerend. Dem ist sich auch die Kanzlerin bewusst.
Wohl auch deshalb hat sie vergangene Woche so sehr auf einen informellen EU-Gipfel gedrungen. Etwas mehr als 24 Stunden nach dem Treffen der Innenminister, die mit viel Krach auseinandergegangen waren, konnte heute Morgen wieder Einigkeit gezeigt werden.
Die Hürden dafür waren auch nicht sonderlich hochgelegt worden: Erstens mussten sich die Staats- und Regierungschefs nicht auf einen langen Katalog so genannter Schlussfolgerungen einigen. Und zweitens gab es bei den besprochenen Themen bisher schon viel Übereinstimmung: Sicherung der EU-Außengrenzen; Bekämpfung von Fluchtursachen; Einrichtung von speziellen Aufnahmezentren, sogenannten Hot Spots – Alles Punkte, die sich bereits in vorangegangenen Abschlussdokumenten des Rates finden.
Eine Milliarde für Türkei, Jordanien und Libanon
Als besonderen Erfolg verkauften die Staats- und Regierungschefs die Entscheidung, mindestens eine Milliarde Euro für Flüchtlinge in der Türkei, Jordanien und dem Libanon bereitzustellen. Deren katastrophale Lage in überfüllten, unterfinanzierten Camps soll eine Ursache für die gestiegenen Flüchtlingszahlen in der EU sein. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die EU-Staaten haben zu dieser Lage gehörig beigetragen, indem sie ihre Hilfen im Vergleich zu 2014 fast halbiert hatten. Das wird nun rückgängig gemacht.
Dieser informelle Sondergipfel bringt wenig Konkretes und viele Absichtserklärungen, die man allerdings schon oft gehört hat. Aber darum ging es ja eigentlich auch gar nicht. In erster Linie haben die 28 EU-Staaten gezeigt, sich trotz großer Unterschiede in Flüchtlingsfragen doch noch irgendwie einigen zu können.
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