Folge 4

Von diversen Zukünften

29:35 Minuten
"Tchüss, Chris"-Plakate kommentieren den Rückzug des Belgiers Chris Dercon als Intendant der Berliner Volksbühne am 13.4.2018.
"Tschüss Chris"-Plakate: Abschied von einem ungeliebten Intendanten © Deutschlandradio / Karoline Scheer
Von Susanne Burkhardt und Elena Philipp · 21.04.2018
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Die Amtszeit von Chris Dercon als Intendant der Berliner Volksbühne dauerte nur wenige Monate und hinterließ einen Scherbenhaufen. Der neue "Theaterpodcast" beschäftigt sich mit dem Ursachen des Desasters. Weitere Themen: das Verhältnis von Theater und Digitalisierung. Und: Theater-Propaganda in Österreich.
Umstritten war der Volksbühnen-Intendant Chris Dercon seit seiner Ernennung 2015. Nun ist klar, dass sich auf Dauer nicht gegen eine ganze Stadt Theater machen lässt: Publikum und Presse, das Volksbühnen-Personal und auch die Politik arbeiteten gegen den Theaterneuling Dercon. Nun musste er aufgrund schlechter Finanz- und Auslastungszahlen seinen Posten räumen, mit sofortiger Wirkung – und nach nur sieben Monaten. So schnell dürfte noch kein Theaterintendant abgedankt haben. Als "Berliner Theaterstreit" hat die Personalie die Stadtgesellschaft bewegt. Das Podcast-Duo fragt: Welche Fehler sind Dercon selbst anzulasten? Und welche Rolle spielte die Kulturpolitik?

Vom Publikum zur Community

Digitalisierung prägt alle Lebensbereiche. Diese Erkenntnis ist auch im Theater angekommen. Ein Impulsgeber war dafür die Konferenz "Theater und Netz", ausgerichtet vom Theater-Online-Feuilleton nachtkritik.de und der Heinrich-Böll-Stiftung. Anfang Mai findet sie zum sechsten Mal in Berlin statt. Thema: Vom Publikum zur Community. Wie können Theater auf den Wandel der Öffentlichkeit reagieren, die zunehmend in partikulare Gemeinschaften zerfällt? "Das" Publikum gibt es nicht mehr, statt dessen sind diverse Communities anzusprechen. Wie neue Medien konkrete Theaterarbeiten prägen und wer auf dem Gebiet vorne mitspielt, bespricht das Podcast-Duo ebenfalls. Stichwort: Theater Dortmund und die CyberRäuber.

Rassistische Klischees im Klassenzimmer

In Österreich hat 2017 das damalige ÖVP-Innenministerium ein Klassenzimmerstück zum Thema Flucht und Migration in Auftrag gegeben. Mehr als 70 Mal wurde "Welt in Bewegung" vor Schülerinnen und Schülern gespielt, bevor eine Lehrerin sich öffentlich über die rassistischen Klischees beschwerte, welche die Inszenierung verbreitet. Aufklärung oder Indoktrination? In Rechtsruck-Ländern scheint das Theater eines der gern genutzten Medien, parteipolitische Anliegen unters "Volk" zu bringen. Auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán nutzt es für seine Interessen. 2013 besetzte er die Intendanz des Nationaltheaters in Budapest mit Attila Vidnyánszky, der seine Kulturvorstellung teilt. Erstaunliches berichtet nun aber Wilhelm Droste, Korrespondent von Deutschlandfunk Kultur in Budapest.

Mehr zum "Theaterpodcast"

Einmal im Monat greift Der Theaterpodcast die wichtigen Debatten rund um das Theater und seine Macher und Macherinnen auf. Über die Kunst und den Betrieb, in dem immer noch zu wenig Frauen das Sagen haben, sprechen zwei Theaterredakteurinnen, Susanne Burkhardt vom Deutschlandfunk-Kultur-Theatermagazin Rang 1 und Elena Philipp vom Online-Portal nachtkritik.de. Auszüge aus dem Theaterpodcast sendet Deutschlandfunk Kultur an jedem dritten Samstag im Monat im Theatermagazin Rang 1. Hier geht’s zum Theaterpodcast des Monats März.

Die Stimmen
Susanne Burkhardt studierte Kulturwissenschaft, Betriebswirtschaft und Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin und in London (Middlesex University). Sie ist Diplom-Medienberaterin und begann ihre Radio-Karriere als Hörspielregieassistentin beim Sender Freies Berlin (später RBB). Nach einem Volontariat beim Deutschlandradio ist sie seit 2001 Redakteurin, Autorin und Moderatorin beim Deutschlandfunk Kultur ("Fazit", "Rang 1 – Das Theatermagazin").

Elena Philipp studierte in Freiburg Politik und Soziologie, entschied sich nach einer Regiehospitanz aber für ein Studium der Theater-, Film und Literaturwissenschaft in Berlin. Dort arbeitete sie für Tanzfestivals, gründete ein Literaturmagazin und ein Text-Ton-Festival mit und etablierte beim Literaturwettbewerb Open Mike das Livebloggen. Seit 2006 schreibt sie für Tageszeitungen und Fachmedien über Theater und Tanz. 2017 wurde sie Redakteurin beim Online-Theaterfeuilleton nachtkritik.de.

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