Flüchtlingskrise und Entwicklungshilfe

EU will Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Ländern

Ein Flüchtling wartet in der Nähe des Hafens der griechischen Insel Lesbos darauf, ein Ticket für die Fähre nach Athen zu kaufen.
Die Zahl der afrikanischen Flüchtlinge, die ein besseres Leben in Europa suchen, reißt nicht ab. © afp / Angelos Tzortzinis
Von Jörg Münchenberg · 07.06.2016
Mali, Niger, Nigeria, Sengal und Äthiopien stehen im Fokus der europäischen Migrationspolitik. Diese Staaten sollten eigene, geflüchtete Staatsbürger zurücknehmen oder Flüchtlinge bei sich aufnehmen - im Gegenzug gibt es wirtschaftliche Hilfe.
Es ist ein Mix aus Druck und Hilfszusagen, mit dem die Kommission die Migrationspolitik gegenüber Drittstaaten auf eine neue Grundlage stellen will. Die entsprechenden Pläne stellte heute im Straßburger EU-Parlament die EU Außenbeauftragte Federica Mogherini vor:
"Wir müssen vom bisherigen Ansatz wegkommen, dass die Migrations- und Flüchtlingskrise eine europäische Krise ist. Es geht darum anzuerkennen, dass es hier nicht nur um eine europäische Aufgabe geht. Viele Flüchtlinge stammen aus Afrika, aber auch aus Asien – und nicht alle wollen nach Europa."

Neue Beziehung zwischen Europa und Afrika

Doch Afrika und hier besonders Mali, Niger, Nigeria, Sengal und Äthiopien stehen zunächst im Fokus der erweiterten europäischen Migrationspolitik. Das Prinzip: kooperationswillige Staaten, die eigene Staatsbürger zurücknehmen oder Flüchtlinge bei sich aufnehmen, können auf finanzielle Hilfen sowie einen Ausbau der Handels- und Entwicklungsbeziehungen hoffen. Denjenigen, die nicht kooperieren, drohen Konsequenzen bis hin zu Kürzungen von Hilfsgeldern. Vizekommissionspräsident Frans Timmermanns zu den kurzfristigen Zielen:
"Es geht darum, Leben im Mittelmeer zu retten. Menschen ohne Bleiberecht sollen schneller zurückgeführt und Menschen sollen möglichst in der Nähe ihrer Heimatländer bleiben, anstatt die gefährliche Überfahrt über das Meer anzutreten."
Langfristig soll die politische, soziale und wirtschaftliche Situation in den betroffenen Staaten verbessert werden. Dafür will die Kommission für den Zeitraum 2016 bis 2020 insgesamt acht Milliarden Euro mobilisieren; außerdem gibt es Pläne für einen neuen Investitionsfonds, der über staatliche Garantien private Investoren anlocken soll – wie der bereits bestehende europäische Investitionsfonds EFSI. Mindestens 31 Milliarden Euro könnten so mobilisiert werden, heißt es. Manfred Weber, Fraktionschef der Europäischen Christdemokraten, lobte die Idee und den Ansatz, die Beziehungen der EU zu Afrika auf eine neue Grundlage zu stellen:
"Wir werden auch mehr Geld investieren müssen, mehr Wohlstand abgeben müssen. Wir werden Gelder besser verwenden müssen, aber auch neue Wege gehen müssen. Deshalb möchte ich für die EVP-Fraktion auch unterstreichen, die Idee den EFSI für Afrika neu aufzusetzen, bei uns auf konstruktive Mitarbeit stoßen wird."

Bluecard System ist bislang keine Erfolgsgeschichte

Allerdings hatte die EU schon bislang erhebliche Schwierigkeiten, die vorhandenen Hilfstöpfe wie etwa den Notfallfonds für Afrika zu füllen. Weil die Mitgliedsländer nicht die zugesagten Mittel beisteuern. Ohnehin gab es heute auch Kritik an den Vorschlägen. Der bereits bestehende EU-Türkei-Pakt dürfte nicht einfach kopiert werden, warnte etwa der Vorsitzende der Liberalen, Guy Verhofstadt, denn er sei alles andere als ein Erfolgsmodell:
"Für Flüchtlinge ist dieser Pakt eine Tragödie, ein Drama, ein Problem. Jetzt also zu sagen, wir haben die Lösung, wir übertragen das einfach für andere Länder, das wäre kein Weg für die Zukunft."
Gleichzeitig präsentierte die Kommission heute auch einen Vorschlag für die legale Migration von Facharbeitern und hochqualifizierten Einwanderern. Das seit 2009 bestehende Bluecard System ist bislang keine Erfolgsgeschichte, weil zu restriktiv und kompliziert. Viele Bewerber gehen lieber in die USA.
Deshalb sollen die Zugangsvoraussetzungen nach den Vorstellungen der Kommission deutlich gelockert sowie entschlackt werden. Dennoch der Reformvorschlag ist umstritten. Bei den Christdemokraten etwa hieß es heute, zunächst einmal müsste die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa bekämpft werden.

Hören Sie zum Thema auch das Interview mit Christoph Kannengießer vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft:
Mehr zum Thema