Fischerei in Schleswig-Holstein

Krabbenfischer vor dem Aus?

Krabben in der Hand eines Fischers
1970 waren in den Häfen des Landes noch 186 Krabbenkutter registriert - heute sind es gerade einmal noch 74. © dpa/ picture-alliance/ Simone Steinhardt
Von Dietrich Mohaupt · 27.05.2016
Krabbenfischerei ist eine Tradition in Schleswig-Holstein. Doch immer mehr kleine Familienbetriebe geben auf. Die ausländische Konkurrenz macht ihnen das Leben schwer, der Nachwuchs bleibt aus. Und auch die Politik enttäuscht sie.
Die Zahlen sprechen für sich: 1970 waren in den Häfen des Landes noch 186 Krabbenkutter registriert - heute sind es gerade einmal noch 74, Tendenz weiter fallend. Eine dramatische Entwicklung - und zwar eine von der heimischen Politik hausgemachte, kritisiert Dieter Voss vom Fischereiverein Friedrichskoog in Dithmarschen:
"Wenn ich unsere Nachbarländer sehe - ob Dänemark oder Holland - was da in die Fischerei investiert wird, wieviel Neubauten da kommen, da muss ich sagen, mit unserem Flottenalter, Durchschnittsalter von 35 / 40 Jahren , da können wir schon lange nicht mehr mithalten. Und Zuschüsse und sowas gibt es auch alles nicht mehr, das wird in anderen Ländern anders geregelt, da können Jungfischer noch einsteigen, was hier eben fast unmöglich ist."
Die schleswig-holsteinischen Krabbenfischer fahren buchstäblich hinterher - dabei hat die Krabbenfischerei im Land zwischen Meeren Tradition. Schon im 17. Jahrhundert wurden die Krustentiere mit speziellen Netzen, sogenannten Glieb oder Schiebehamen, von Hand im Wattenmeer gefangen. Ein einfaches aber effektives Fanggerät, erläutert Momme Claussen vom "Museum am Meer" in Büsum:
"Aus ganz normalem Holz in T-Form aufgebaut, und dazwischen ist dann das Netz gespannt. Man marschiert durch die Priele, dadurch werden die Krabben, die unten auf dem Boden sind aufgeschreckt, und mit viel Glück hat man denn ein paar Portionen hinten im Netz."
Damit wurde zunächst nur für den Eigenbedarf nach Krabben gefischt - die erwerbsmäßige Krabbenfischerei mit eigens dafür entwickelten Kuttern begann an der Westküste Schleswig-Holsteins erst Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit immer stärkeren Motoren zogen sie die Grundschleppnetze - die sogenannten "Kurren" - über den Wattboden.

Ursprünglich landeten die Krabben im Viehfutter

Die so gefangenen Krabben landeten lange Zeit überwiegend als Viehfutter oder Dünger in der Landwirtschaft. Mitte des vergangenen Jahrhunderts lagen hunderte von Kuttern in den Häfen an der schleswig-holsteinischen Westküste, auch in Büsum lagen sie dicht gedrängt in den kleinen Hafenbecken, berichtet Momme Claussen:
"Wir hatten ja mal - nach dem zweiten Weltkrieg - 150 Kutter in etwa, und die haben weniger Krabben gefangen als die heutigen 13 bis 16 Kutter, die hier im Büsumer Hafen anlanden, unter Büsumer Registriernummer - mit der SC-Nummer!"
Ein ähnlicher Trend ein paar Kilometer weiter südlich an der Küste, in Friedrichskoog. Hier wurde gerade sogar der Hafen geschlossen - für die paar Fischer lohne sich der aufwändige Erhalt nicht, argumentierte die Landesregierung. Als er den Fischereiverein vor gut 15 Jahren als Vorsitzender übernahm, da waren noch mehr als 40 Fischer in Friedrichskoog registriert, erzählt Dieter Voss.

30 bis 40 Prozent der Fanggebiete fallen weg

Heute ist es gerade noch die Hälfte, und die mussten ihre Kutter in andere Häfen - zum Beispiel Büsum - verlegen. Zu einem großen Problem habe sich in den vergangenen Jahren der Ausbau der Offshore-Windkraft entwickelt - auf einer Seekarte der Küstenregion zeigt Dieter Voss die Problemzonen, die großen Offshore-Windparks:
"Bei Amrum Bank ist das - hier ist Helgoland, da ist Amrum Bank, und hier sind ja schon die zwei großen Anlagen, da dürfen wir ja nur noch ohne Geschirre durch fahren. Und dann soll ja noch hier die ganze Amrum Bank unter Naturschutz gestellt werden, und das sind unsere Hauptfanggebiete hier."
Rund 30 bis 40 Prozent, der traditionellen Fanggebiete, schätzt Dieter Voss, seien den schleswig-holsteinischen Krabbenfischern in den letzten Jahren allein durch Naturschutzauflagen und Sperrungen in Offshore-Windparks verloren gegangen - dieser Trend müsse gestoppt werden, fordert er von der Politik:
"Man kann nicht mehr immer Offshore-Gebiete für die Fischerei sperren, und wohlmöglich im Nationalpark nochmal wieder 20 oder 35 Prozent sperren - wenn ich irgendwo einen Fleck wegnehme, dann konzentriert sich das natürlich auf einem anderen Gebiet, und die Suppe wird immer dünner, wie wir Fischer sagen!"
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