Finanzmisere der Hamburger Museen

Von Verena Herb · 23.03.2010
Den sieben Museen der Hansestadt, die 1999 aus der Hoheitsmacht der Stadt entlassen wurden, geht es finanziell schlecht. Die Hamburger Kultursenatorin Karin von Welck plant eine Umstrukturierung und erntet dafür massive Kritik.
"Das Problem ist, dass die Museen offensichtlich nicht entschuldet werden konnten und dass die Aufstockung der Mittel nicht die Probleme gelöst hat. Das heißt, wir müssen weiter an den Strukturen arbeiten,"
… kündigt Kultursenatorin Karin von Welck weitere Maßnahmen an. Den sieben Museen der Hansestadt, die 1999 in "die Selbstständigkeit entlassen wurden", und in vier Stiftungen öffentlichen Rechts überführt wurden – ihnen geht es finanziell schlecht. Daran gibt´s nichts zu rütteln – und die Finanzkrise hat ihr Übriges getan. Geld für Kunst und Kultur – es ist in vielen Kommunen Mangelware. Doch in Hamburg stellt sich zudem die Frage: War es falsch, die Museen aus der Hoheitsmacht der Stadt herauszunehmen – und sollte das wieder rückgängig gemacht werden?

So weit will Karin von Welck nicht gehen, sondern spricht von maßgeblichen Umstrukturierungen, die auf Empfehlungen einer Expertenkommission basieren. Alles zum Wohle der wirtschaftlichen Konsolidierung der Museen. Eine erste Maßnahme: Die Museen sollen künftig angehalten werden, in zwei Wirtschaftsplänen ihre Zahlen darzustellen. Aufgeteilt in die Kosten für den regulären Museumsbetrieb, und Kosten für Sondermaßnahmen wie zum Beispiel Ausstellungen.

"Denn die wirtschaftliche Analyse hat ergeben, dass im Grunde der Grundbetrieb der einzelnen Häuser gesichert ist, dass aber alle Sondermaßnahmen, die notwendig sind, noch zusätzlich finanziert werden müssen aus Drittmitteln."
Das sei alles Makulator, erregt sich Ekkehard Nümann, Vorsitzender des Freundeskreises der Hamburger Kunsthalle und Mitglied des Stiftungsrats des Museums:

"Also es gibt heute schon sehr detaillierte Monatsreportings, wir haben eine genaue Übersicht über die Finanzen der Stiftung Kunsthalle. Wir haben die genaue Übersicht was die Ausstellungsvorhaben kosten, Vorkalkulationen, wir haben Nachkalkulationen. Das ist alles gesichert. Also wir haben das bereits alles."
Doch die Behörde will das Controlling verbessern. Auf beiden Seiten wurde bisher nicht optimal gearbeitet – das soll sich ändern:

"Insgesamt haben die Experten ja durchaus Defizite festgestellt. Sowohl bei den Museumsstiftungen, aber eben auch in der Behörde, bei der Belastbarkeit und Kontrolle der Wirtschaftspläne. Da waren wir sicherlich alle zusammen nicht gut genug."
Räumt Karin von Welck freimütig ein und verkündet: Man habe sich zudem im Senat darüber verständigt, dass die Stadt zukünftig wieder das mehrheitliche Sagen bei den Museumsstiftungen hat:

"Einfach darum, weil wir natürlich auch der Hauptgesellschafter der Museen sind, der für die Museen auch wirtschaftlich Verantwortung trägt und ich halte das deshalb für sehr gerechtfertigt."

Die Stiftungsräte werden nun von 10 auf sechs Personen verkleinert. Man habe

"Die Verantwortungsebenen in der Vergangenheit vielleicht nicht klar genug geregelt. Das war ja auch etwas, was immer wieder von den Experten gesagt wurde. Deshalb werden wir die Stiftungsräte und auch die Vorstände neu organisieren."
Für die Stiftungsräte bedeutet das konkret: Drei Sitze übernimmt die Stadt – sprich Vertreter von Kultur- und Finanzbehörde. Qua Amt ist die Kultursenatorin Stiftungsratsvorsitzende und hat doppeltes Stimmrecht: Somit übernimmt die Stadt die Entscheidungsmehrheit. Hinzu kommt dann noch ein Vertreter für das Personal, ein externes Mitglied und ein Vertreter des jeweiligen Freundeskreises. Bis heute früh sollten die Freundeskreise noch ausgeschlossen werden. Ekkehard Nümann, Sprecher der Freunde der Hamburger Kunsthalle:

"Wir haben einstimmig beschlossen, dass wir uns das nicht gefallen lassen werden. Wir haben ein Papier entwickelt, "wir widersprechen". Und das haben wir auch getan. Und das haben wir auch sehr deutlich getan – und die Resonanz ist zum Teil erfreulich."
Ekkehard Nümann bezeichnet die Maßnahmen der Senatorin als "reine Kosmetik" – und den ursprünglich geplanten Rauswurf versteht er durchaus als Affront. Peter Voss-Andrae, der Präsident des Förderkreises des Museums für Kunst und Gewerbe sprach gar von einer "Ohrfeige für kunstliebende Bürger". Gerade in Zeiten der Krise komme es auf eben jenes bürgerliche Engagement an, weiß Ekkehard Nümann:

"Wenn ich Geld beschaffen will, sorge ich doch dafür, dass ich die Bürger einbeziehe. Dass ich sie motiviere, Geld zu geben. Wo ist denn hier die Möglichkeit, Teilhabe zu leisten. Die fehlt doch, die ist doch weggefallen."
Am Morgen entschied sich die Senatorin dann doch, den Freundeskreisen ihren Sitz in den jeweiligen Stiftungsräten zu lassen.

Was die Museumsführungen selbst zu den von Welck´schen Plänen sagen – niemand will sich öffentlich äußern. Die Drucksache, die der Senat heute beschlossen hat und der demnächst zur Abstimmung in die Bürgerschaft eingebracht wird, lag bis vor Beginn der Sendung noch nicht in endgültiger Form vor. Doch kann man davon ausgehen, dass die Kunsthäuser nicht begeistert sind von den neuen Strukturmaßnahmen der Senatorin. Eine davon ist ebenfalls die Einrichtung eines Fonds in Höhe von zwei Millionen Euro pro Jahr. Damit sollen Sonderausstellungen finanziert werden. Die Vergabe wird von einer Jury entschieden. Absoluter Nonsens, findet Nümann. Was soll denn ein Museumsdirektor denken, wenn er bei einer Jury um Mittel bitten muss:

"Der ist doch selber Fachmann. Der macht doch keinen Vorschlag den er nicht selber durchdacht hat. Da wird also noch einmal eine Instanz geschaffen. Eine Jury. Das kann nicht besser werden."

So wie Nümann sind auch andere der Ansicht: Es liege nicht an den falschen Strukturen der Museumsorganisation, sondern daran, dass die Stadt den Museen nicht genügend Geld an die Hand gibt, um sich zu konsolidieren. Bei der nächsten Bürgerschaftssitzung soll der Senatsvorschlag im Länderparlament diskutiert werden. Die rund 18.000 Freunde der Kunsthalle zumindest appellieren an die Bürgerschaftsabgeordneten, den Änderungen des Hamburgischen Stiftungsgesetzes nicht zuzustimmen.