Finanzierung gescheitert

Privates Essl Museum wird zur Lagerhalle

Agnes Essl und Karlheinz Essl stehen im Essl Museum vor dem Bild "Agnes and Karlheinz Essl" des US-Künstlers Alex Katz.
Agnes Essl und Karlheinz Essl stehen im Essl Museum vor dem Bild "Agnes and Karlheinz Essl" des US-Künstlers Alex Katz. © Christian Bruna
02.05.2016
Zuerst scheiterte der Österreicher Karlheinz Essl als Unternehmer, dann als Kunstsammler: Um Kredite zurückzuzahlen, musste er einige seiner Werke verkaufen - die Zukunft des verbliebenen Lebenswerkes ist ungeklärt. Wir waren bei der letzten Ausstellung im Essl Museum in Klosterneuburg bei Wien.
Klosterneuburg ist eine Nachbargemeinde von Wien. Direkt an der Donau gelegen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Um sicherzustellen, dass das Kunstpublikum den Weg über die Stadtgrenze nicht scheut, hat Karlheinz Essl sogar einen Shuttle-Bus von der Wiener Innenstadt eingerichtet und finanziert – ebenso wie ein professionelles Ausstellungsprogramm, zahlreiche Veranstaltungen mit Literatur und Musik, und ein besonders aufwändiges Vermittlungsprogramm.
Kunst gehört an die Öffentlichkeit, sagt er:
"Man kann ja nicht alles dem Staat überlassen. Was Sammlungen betrifft, zeigt ja die Geschichte, dass Sammler immer schon viel früher Künstler entdeckt haben, die dann erst Jahrzehnte später von Museen in ihre Sammlungen aufgenommen wurden."
1975 übernahm Karlheinz Essl den Baustoffhandel seines Schwiegervaters und baute das Unternehmen zu einer Kette mit zahlreichen Filialen aus. Parallel dazu sammelten er und seine Frau Agnes Kunst – vor allem österreichische Malerei nach 1945, aber auch internationale Positionen sind dabei, insgesamt rund 6.000 Werke.

"Explizit für die junge Kunstszene gedacht"

Der Platz wurde knapp, und Essl ließ ein Depot mit angeschlossenen Ausstellungsräumen bauen – 1999 wurde das vom Architekten Heinz Tesar geplante Bauwerk eröffnet. Ein funktionstüchtiger Museumsbau mit von Tageslicht durchfluteten, hohen Räumen.
"Das Haus war ja explizit für die junge, österreichische Kunstszene gedacht, auch die schönen Ausstellungsräume, die hier zur Verfügung stehen. Alles das, was etablierte Museen nicht machen, weil sie keinen Platz haben - oder weil es auch nicht die erwünschte Besucherfrequenz bringt, was aber für die Förderung und Wahrnehmung der jungen Kunst für mich immer ein ganz wesentlicher Teil war."
Die Expansion des Baumarkts in den südosteuropäischen Raum verlief wenig erfolgreich – sie bedeutete schließlich den finanziellen Ruin des Familienunternehmens, der auch durch den Verkauf von Werken von Gerhard Richter, Sigmar Polke oder Georg Baselitz nicht abgewendet werden konnte.
Verhandlungen mit dem österreichischen Kulturminister über die Finanzierung des laufenden Ausstellungsbetriebs scheiterten:
"Das war offenbar eine politische Entscheidung, die getroffen worden ist. Und was die Zukunft bringt, da bin ich offen."

Letzte Ausstellung: "Sammlung Esel"

Das Museumsgebäude in Klosterneuburg wird weiterhin als Depot genutzt, die Restaurierwerkstätten bleiben in Verwendung, und auch der Leihverkehr wird weiterhin hier abgewickelt werden.
Die letzte Gelegenheit fürs Publikum, das Museum zu besuchen, ist eine Ausstellung mit dem Titel "Sammlung Esel" – ein Wortspiel. Esel ist das Pseudonym eines jungen Wiener Kurators, Fotografen und Kunstforschers, der hier Auszüge aus seinem Archiv zu einer bunten Ausstellungscollage arrangiert.
Esel, der mit bürgerlichem Namen Lorenz Seidler heißt, beschreibt das Publikum des Essl-Museum als sehr heterogen.
"Ich habe hier die letzten sechs Wochen vielschichtige Gespräche führen können."

"Auch Skurrilitäten passiert"

Um die Beobachtungen, Wünsche und Anregungen der Besucher und Besucherinnen zu erfassen, werden Fragebögen verteilt und die Antworten in die Ausstellung eingebracht. Esel kommentiert das dann wiederum mit seinen Archiv-Materialien: Einladungskarten, Flyer und Fotografien, die er in den letzten Jahren im Umfeld des Wiener Kunstgeschehens gemacht hat.
"Hier sind sicher auch Skurrilitäten passiert, die sonst nicht passieren…"
Sagt der Kurator Lorenz Seidler über die Bedeutung des Essl Museums. Seine Ausstellung bringt einen Haufen an Material, Bildgeschichten und Gedanken – und ein wenig Chaos – in die schönen Museumsräume.
Sie steckt voller Leidenschaft für die Kunstwelt, für ihre Mechanismen und Widersprüche. Eine Kunstwelt, die mit dem Essl Museum einen wichtigen Standort verliert.
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