Filmkolumne Top Five

Die besten Filme mit Al Pacino

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Christopher Walken und Al Pacino in einem Schusswechsel im Film "STand up Guys" 2012.
Christopher Walken und Al Pacino geben die smarten Gangster in "Stand up Guys". © Lions Gate/Courtesy Everett Co
Von Hartwig Tegeler · 25.04.2020
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Al Pacino gehört zu den größten Charakterdarstellern des US-amerikanischen Films. Sein Talent: mit minimalen Mitteln maximale Wirkung entfachen. Zum 80. Geburtstag des Schauspielers haben wir die fünf besten seiner rund 60 Filme ausgewählt.
Platz 5: "Serpico" von Sidney Lumet (1973)
Ein Jahr nachdem er zum Weltstar als Mafia-Pate Michael Corleone geworden war, ist Al Pacino in diesem düster-realistischen Drama Frank Serpico. Der New Yorker Cop entlarvt die Korruption im Polizeiapparat.
"Leck mich am Arsch, wie das wieder läuft heute. Hier, ich gebe dir deinen Anteil gleich. – Nein, ich bin nicht drin. – Was heißt, du bist nicht drin? – Was ich gesagt habe, ich bin nicht drin. Ich nehme kein Geld. – Du Idiot." Ging vom jungen Mafiapaten Eiseskälte und extreme Bedrohlichkeit aus, ist dieser Whistleblower-Cop ein Idealist im Hippie-Outfit, dessen Desillusionierung sich langsam in Al Pacinos Gesicht einschreibt.

Der Regisseur Lukas Hoffmann zeigt in seiner Dokumentation "Star wider Willen" das Leben von Al Pacino. Im Interview erzählt Hoffmann, was er dabei über die Hollywood-Ikone erfuhr.

Platz 4: "Cruising" von William Friedkin (1980)
Pacino erneut als junger New Yorker Cop. Der ermittelt undercover in der Leder- und SM-Schwulenszene. Die Begegnung mit schwulen Lebenswelten, Hedonismus, mit Lust und Abgründigkeit stößt den heterosexuellen Steve in die Abgründe eigener verbotener Zonen.
Das Abgleiten und der verzweifelte Versuch, sich wieder in das zu retten, was einst die eigene Normalität war, zeigt Pacino in einer verstörenden Intensität.
Platz 3: "Engel in Amerika" von Mike Nichols (2003)
Das Aufkommen von AIDS und die Reagan-Ära sind Thema der Miniserie. Im Mittelpunkt der schillernde Roy Cohn, Anwalt, Berater, ehemaliger Mitarbeiter von Joe McCarthy, einflussreicher Reaktionär, schwuler Schwulenhasser und AIDS-krank, der nicht das sein will, was er ist. Roy Cohn sagt: "Roy Cohn ist ein heterosexueller Mann, Henry, der mit Kerlen vögelt. Und wie lautet meine Diagnose, Henry? - Sie haben AIDS, Roy! - Nein! AIDS ist das, was Homosexuelle haben. Ich habe Leberkrebs."
Wenn dieser Roy Cohn seinen Arzt zwingt, eine Alternativdiagnose zu notieren und mit ihm über Macht und Sex diskutiert, lächelt Pacino die ganze Zeit freundlich, aber dieses Lächeln lässt uns erstarren, weil in ihm das Bewusstsein der eigenen skrupellosen Macht aufscheint. Nach dem Overacting, das Pacino in vielen seiner Filme in den 80er- und 90er-Jahren auf der Leinwand mitunter nervig zelebrierte, ist er hier wieder am Kern seiner Kunst: Mit minimalistischen Mitteln eine verstörende Wirkung entfachen.
Platz 2 : "Insomnia - Schlaflos" von Christopher Nolan (2002)
Ermittler im fremden Land. Noch eine Cop-Rolle: Will, der Polizist aus L.A. mit seinem Partner in Alaska, der zu Hause Dreck am Stecken hat, und seinen Partner erschießt. Unfall? Absicht?
Die Helligkeit durch die Mitternachtssonne macht es Will unmöglich zu schlafen. Und langsam, mit zunehmender Müdigkeit, fängt seine Persönlichkeit an zu zerfallen, was Pacino mit verstörender Präzision spielt. Wir haben die ganze Zeit den Eindruck, als ob hier einer schlafwandelt, während er durch den Boden seiner Existenz bricht.
Platz 1: "Stand Up Guys" von Fisher Stevens (2012)
Ein Mann kommt nach 28 Jahren aus dem Knast, sein bester Freund holt ihn ab. Aber der – Christopher Walken spielt ihn – hat den Auftrag des Gangsterbosses, Val (Al Pacino) zu erschießen. Rache. Zwei alte Männer auf dem Weg in ihre Hölle oder zu ihrer Erlösung. Genre-Kost, nicht viel mehr. Aber die Momente, wenn Al Pacino im Diner sitzt und über die Vergangenheit, verflixte Lebenssackgassen und verpasste Auswege redet, wenn wir Pacino sehen, wie er dasitzt, das Gesicht, die Schultern, Arme und Hände über dem Tisch, ein Blick zur Seite, ein verschmitztes Grinsen oder ein melancholisch-trauriger Ausdruck, ein heruntergezogener Mundwinkel oder die Augen, die für einen Moment geschlossen sind.
Es ist offensichtlich: Dieser grandiose Schauspieler kann, auf einem Stuhl am Tisch sitzend, ein ganzes Epos über einen Menschen erzählen.
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